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Familie darf Mörder nicht vergeben

20. Juli 2016

Eine in Pakistan verbreitete Sühneregelung soll im Fall des ermordeten Models Qandeel Baloch nicht greifen. Das ordnete die Regionalregierung an. Balochs Bruder hatte den Mord an ihr gestanden.

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Pakistans Internet-Star Qandeel Baloch zu Lebzeiten vor einem Mikrofon (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/PPI

Vergibt die Familie des Opfers dem Mörder, kann dieser in Pakistan straffrei ausgehen. Viele sogenannte Ehrenmorde in dem Land kommen nicht vor Gericht, weil die Familie des Opfers die Entschuldigung des Täters annimmt und ihm die Tat nach Zahlung einer finanziellen Kompensation vergibt. Im Fall der ermordeten Qandeel Baloch soll diese "Blutgeld"-Regelung nach einer Anordnung der Regionalregierung von Pakistans Bundesstaats Punjab aber nicht gelten.

Ermittlungen gegen islamischen Prediger

Obwohl der Bruder des bekannten Models gestanden hatte, seine Schwester ermordet zu haben, weil sie mit ihren freizügigen Bildern im Internet Schande über die Familie gebracht habe, weiteten die Behörden ihre Ermittlungen in dem Mordfall aus. Ein mit dem Fall befasster Beamter wurde wegen Nachlässigkeit und schlechter Arbeit suspendiert, wie die pakistanische Zeitung "Express Tribune" berichtete.

Außerdem richtet sich die Aufmerksamkeit der Ermittler nun auf den islamischen Prediger Mufti Abdul Qavi. Er war wegen eines Fotos mit dem Model in die Kritik geraten und hatte seinen Posten in einem wichtigen religiösen Komitee verloren.

Qandeel Baloch aif Abdul Qavi Facebook auf einem Selfie (Foto: Facebook)
Die Ermittlungen richten sich auch gegen den Prediger Abdul QaviBild: https://www.facebook.com/OfficialQandeelBaloch

Die Ermittlungen sollen nun klären, ob der Mullah den Bruder zu dem Mord angestiftet hat. Baloch hatte zuletzt die Regierung erfolglos um Polizeischutz gebeten, weil sie nach dem Foto mit dem Prediger zahlreiche Todesdrohungen erhalten hatte.

Fast 1100 Ehrenmorde in einem Jahr

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüsste den Schritt der Behörden, ein strafrechtliches Verfahren einzuleiten. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der pakistanischen Sektion von Amnesty fast 1.100 Frauen Opfer so genannter "Ehrenmorde" durch Verwandte. Seit 2013 nahm die Zahl dieser Verbrechen stetig zu.

Baloch hatte in ihrem islamischen Heimatland mit provokanten Fotos und Videos für Aufsehen gesorgt. Sie galt als Pakistans Internet-Sensation, die auf ihrer Facebook-Seite das Recht von Frauen verteidigte, sich nach ihren Wünschen zu verhalten. Sie kämpfte auch gegen sexuelle Stereotypen und nannte sich selbst eine "Ein-Frauen-Armee" im Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen in Pakistan. Qandeels Bruder hat ausgesagt, seine Schwester am vergangenen Freitag nach einem Streit im Schlaf erwürgt zu haben. Der Mordfall hat in Pakistan eine Debatte um Frauenrechte ausgelöst.

Trauer um pakistanischen Internet-Star

cw/kle (epd, rtre)