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Faktencheck: Omikron ist nicht "geplant"

17. Dezember 2021

Screenshots eines Kalenders mit der scheinbaren Vorhersage von Coronavirus-Varianten kursieren in sozialen Medien. Der soll beweisen, dass Omikron "geplant" wurde. Unser Faktencheck zeigt, warum das falsch ist.

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Bild-Collage für DW Faktencheck zu Fake Kalender der Virusvarianten von SARS-Cov2 (Collage: DW)
Ein Ausschnitt des angeblichen Kalenders der "geplanten" VirusvariantenBild: DW

Bereits im Sommer machten Screenshots eines angeblich geheimen Zeitplans für die Varianten des Coronavirus in den sozialen Medien die Runde. Nun gehen sie erneut viral und werden von Hunderten Accounts immer wieder gepostet und geteilt. In den Augen von manchen Menschen soll die in den Screenshots gezeigte Liste beweisen, dass die Corona-Pandemie von mächtigen Institutionen "geplant" sei.

Behauptung: 

"Eine neue Variante namens Omikron ist aufgetaucht. 'Sie' haben ihren Plan vorgezogen - eigentlich war das für Mai 2022 geplant (…) was für eine Farce", schreibt eine Nutzerin. Eine weitere Nutzerin schimpft"Omicron ist ein Fake!! Bereits am 6. August wurde geleakt, dass es für Mai 2022 geplant war." "Omikron wurde vorhergesagt, es ist alles geplant", schlussfolgert ein anderer Nutzer. Und in dieser abgewandelten Form des Screenshots wird gewarnt: "Dies sind die geplanten COVID-19-Varianten (…), sei nicht dumm, du wirst manipuliert."

DW Faktencheck: Falsch.

Manipulativ ist hier nur die Liste selbst, denn sie ist ein Fake. Nach unseren Recherchen steht die Liste in keinem Zusammenhang mit den darauf genannten Organisationen und die darauf abgebildeten "Starttermine" der Varianten passen nicht zum jeweils ersten Auftreten der bisher bekannten Varianten des Coronavirus. So trat die derzeit verbreitete Delta-Variante beispielsweise nicht wie behauptet im Juni 2021, sondern bereits im Oktober 2020 erstmals auf. Zudem entstehen Virusvarianten auf natürliche Art und lassen sich nicht planen. 

Die DW bat alle vier auf der angeblichen Varianten-Liste genannten Organisationen um eine Stellungnahme. Ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagte, dass dies "kein WHO-Dokument" sei und man Virusvarianten nicht vorhersagen könne. "Es gibt keine Verbindung zwischen uns und dieser Fake-Grafik", stellte auch eine Sprecherin des Weltwirtschaftsforums klar, die Bill & Melinda Gates Foundation blieb kurz und knapp: "Diese Behauptung ist falsch". Und eine Sprecherin der US-amerikanischen Johns-Hopkins-Universität machte deutlich: "Diese Behauptungen wurden bereits als offensichtlich falsch überführt und die Johns-Hopkins-Universität hat nichts mit der Verbreitung dieser Desinformation zu tun."

Falsche Liste kursiert seit Juli

Tatsächlich wurde die Liste bereits im Sommer als Falschinformation erkannt und wurde dennoch seitdem Hunderte Male gepostet und geteilt. Die erste Version tauchte nach unserem Kenntnisstand am 8. Juli 2021 auf Twitter auf. Schnell wurde die Liste bereits im Juli zum angeblichen Beweis, dass die Pandemie geplant sei, zum Beispiel hier auf Instagram. Mit dem Auftauchen der Omikron-Variante erreichte die Liste dann eine neue Welle der Publizität. Und viele Nutzer sahen in der "Vorhersage" von Omikron den ultimativen Beweis für die Echtheit der angeblich geheimen Varianten-Liste. 

Infografik Weltkarte Länder, in denen Omikron nachgewiesen wurde Stand 14.12.

Dabei erfordert die Reihenfolge der Virusvarianten-Bezeichnungen keine hellseherischen Fähigkeiten. Am 31. Mai stellte die WHO eine Nomenklatur für Virusvarianten von SARS-CoV-2 vor. Demnach sollen neu auftretende "Variants of Concern" (besorgniserregende Varianten)nach fortlaufenden Buchstaben des griechischen Alphabets benannt werden. Eine mit "Omikron" benannte Variante war in absehbarer Zeit also erwartbar. Tatsächlich übersprang die WHO jedoch die griechischen Buchstaben Ny (laut Tabelle "Nu") sowie Xi (laut Tabelle "Ksi") und begründete dies damit, dass Nu zu stark nach dem englischen "new" klinge und daher missverstanden werden könne sowie im Falle von "Xi", dass dies ein gängiger Name in China sei und man keine regionalen oder ethnischen Gruppen mit der Benennung verletzen wolle.

Nicht der erste Fake zur angeblich geplanten Pandemie

Und auch deshalb ist der Varianten-Kalender falsch: Virusvarianten treten natürlich auf und lassen sich gar nicht planen. Viren mutieren permanent und nach heutigem Forschungsstand unvorhersehbar, so auch im Fall von SARS-CoV-2. Dies geschieht beim Vervielfältigen des Viren-Erbguts und stellt quasi einen Kopierfehler dar. Und es geschieht oft: Inzwischen sind nach Angaben des deutschen Gesundheitsministeriums rund 1.500 verschiedene Varianten von SARS-CoV-2 bekannt, fünf davon listet die WHO als "besorgniserregend". 

Zudem ist es nicht die erste Falschinformation zu einem angeblich geheimen "Plan" hinter der Pandemie: So wurden unter anderem bereits der Internationale Währungsfonds (IWF) sowie die deutsche Bundesregierung beschuldigt, Ausbruch und Folgen der Pandemie geplant zu haben - beides nachweislich falsch und unbelegt.

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