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Facebook goes Wall Street

2. Februar 2012

Facebook will an der Börse Milliarden einsammeln. Deshalb hat das weltgrößte "soziale Netzwerk" nun Details zu Geschäftszahlen und Gehältern veröffentlicht. Viele Facebook-Mitarbeiter könnten Millionäre werden.

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Bild: picture alliance/dpa

Facebook schreibt in seinem Antrag an die Börsenaufsicht SEC, es wolle fünf Milliarden Dollar an der Börse einsammeln. Allerdings ist diese Zahl nur ein erster Anhaltspunkt. Sollte das Interesse von Investoren groß sein, könnte Facebook auch zehn Milliarden Dollar einnehmen, glauben Analysten.

Der genaue Zeitpunkt für den Börsengang ist noch nicht bekannt, normalerweise vergehen etwa drei Monate zwischen Antrag und erstem Aktienhandel. Unbekannt ist auch, wie viele Aktien Facebook an die Börse bringt, wie teuer eine Aktie ist und wie hoch der gesamte Börsenwert.

Optimistische Branchenbeobachter glauben, Facebook könne bis zu 100 Milliarden Dollar wert sein. Das ist nur Spekulation, doch es würde Mark Zuckerberg, Gründer und CEO von Facebook, auf dem Papier zum viertreichsten Amerikaner machen. Zuckerberg hält 28 Prozent der Facebook-Anteile, die nach diesen Schätzungen dann 28 Milliarden Dollar wert wären.

Aus den eingereichten Unterlagen geht hervor, dass Zuckerberg auch nach einem Börsengang die absolute Kontrolle über das Unternehmen behält: Er hat 57 Prozent der Stimmrechte. Der Grund dafür sind Aktien mit höheren Stimmrechten, außerdem haben ihm einige Investoren von Facebook die Stimmrechte ihrer Anteile übertragen.

Millionengehälter für Führungskräfte

Als CEO von Facebook verdiente der 27-jährige Zuckerberg im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Dollar. Im nächsten Jahr soll sein Grundgehalt allerdings nur noch einen Dollar betragen. Die bestbezahlte Facebook-Mitarbeiterin ist Sheryl Sandberg, die als COO für das operative Geschäft verantwortlich ist und vorher für Google arbeitete. Sandberg verdiente im letzten Jahr 30,5 Millionen Dollar. Mark Schroepfer, der oberste Ingenieur, bekam rund 25 Millionen Dollar.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg (Foto: Reuters)
Mark Zuckerberg - bald einer der reichsten AmerikanerBild: Reuters

"Facebook wurde ursprünglich nicht gegründet, um ein Unternehmen zu sein", erklärt Zuckerberg in einem Brief, der Teil des Antrags an die Börsenaufsicht ist. "Es wurde aufgebaut, um eine soziale Mission zu erfüllen - die Welt offener und vernetzter zu machen."

Facebook muss nun potentielle Anleger davon überzeugen, dass es mit dieser Mission genug Geld erwirtschaften kann. Laut Börsenprospekt hat Facebook inzwischen 845 Millionen Nutzer pro Monat. Vor allem in Brasilien, Deutschland, Indien, Japan, Russland und Südkorea will das Netzwerk neue Nutzer gewinnen. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen einen Umsatz von 3,7 Milliarden Dollar; der Nettogewinn betrug eine Milliarde Dollar.

Die Einnahmen kommen vor allem durch Werbung und Spiele. Allein 440 Millionen Dollar Umsatz kamen von Zynga, dem Hersteller beliebter Online-Spiele wie Farmville. Das Spiel selbst ist für Facebook-Nutzer kostenlos, aber Zynga hofft, das möglichst viele Spieler bereit sind, für zusätzliche Funktionen Geld auszugeben. 2011 waren das im Schnitt 3,4 Millionen Kunden.

Der Branchenanalyst Francis Gaskins von IPODesktop.com in Los Angeles sieht darin ein Problem für Facebook. Die Zahlungen von Zynga machten ein Drittel des Facebook-Gewinns aus, so Gaskins gegenüber dem Börsensender Bloomberg TV. "Ein halbes Prozent der Facebook-Nutzer ist für ein Drittel der Einnahmen verantwortlich. Das kann nicht lange funktionieren."

Facebook listet selbst eine Reihe von Risiken für sein Geschäftsmodell auf. "Wenn es uns nicht gelingt, bestehende Nutzer zu halten oder neue zu gewinnen, oder wenn die Nutzer Facebook weniger intensiv nutzen", so das Unternehmen in seinem Börsenprospekt, würden sein Einkommen "signifikanten Schaden" erleiden. Zu den Risiken zählt Facebook auch Veränderungen in der Gesetzgebung zum Schutz privater Daten.

Die deutsche Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner hat Facebook mehrfach einen laschen Umgang mit dem Datenschutz vorgeworfen. Als börsennotiertes Unternehmen sei Facebook noch stärker in der Pflicht, "sich an Recht und Gesetz zu halten", sagte Aigner am Donnerstag (02.02.2012) gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Facebook habe schon viele Verbesserungen beim Datenschutz angekündigt, aber nur Weniges eingelöst. "Jeder sollte jederzeit und selbstbestimmt seine persönlichen Daten löschen können, insbesondere Daten, die er selbst bei Sozialen Netzwerken eingestellt hat", so die Ministerin. Wichtig seien zudem datenschutzfreundlichen Voreinstellungen.

Größer als Google

Auch wenn der Börsengang von Facebook nur fünf Milliarden Dollar brächte, wäre es der bisher größte eines Internet-Unternehmens. Google, der Anbieter von Such- und anderen Online-Diensten, nahm bei seinem Börsengang 2004 etwas weniger als zwei Milliarden Dollar ein.

Farmville ist das populärste Facebook-Spiel von Zynga (Quelle: Farmville.com)
Farmville ist das populärste Spiel von ZyngaBild: Zynga

Bei Erlösen von zehn Milliarden Dollar wäre der Börsengang von Facebook der viertgrößte in der Geschichte der USA - nach dem Kreditkartenunternehmen Visa, dem Autohersteller General Motors und dem Mobilfunkunternehmen AT&T Wireless, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Schon vor dem Börsengang hat Facebook viel Geld von privaten Investoren eingesammelt - je nach Quelle zwischen 1,2 und 2,3 Milliarden US-Dollar. Weil Facebook noch nicht an der Börse ist, musste das Unternehmen bislang keine Details zu den Beteiligungen veröffentlichen.

Zu den frühesten Geldgebern gehört Peter Thiel, der sich schon im Juni 2004 mit 500.000 Dollar an Facebook beteiligte. Erst vier Monate zuvor hatten Marc Zuckerberg, Dustin Moskovitz, Chris Hughes und Eduardo Saverin das soziale Netzwerk an der Harvard University an den Start gebracht. Der in Deutschland geborene US-Amerikaner Thiel war einer der Gründer von PayPal und machte ein Vermögen, als das Online-Auktionshaus Ebay den Internet-Bezahldienst später für 1,5 Milliarden Dollar kaufte. Mit seinem Anteil aus dem Verkauf gründete Thiel dann den Hedgefonds Clarium Capital, außerdem ist er als Risikokapitalgeber für neue Firmen aktiv.

Aus einem Dollar werden 5000

Je früher sich Investoren an Facebook beteiligten, desto günstiger waren die Anteile, die sie erhielten. Peter Thiel gehören heute 2,5 Prozent an Facebook. Sollte der Gesamtwert von Facebook wirklich, wie spekuliert wird, 100 Milliarden Dollar betragen, dann wären aus Thiels halber Million nun 2,5 Milliarden geworden. Mit anderen Worten: Aus jedem Dollar wurden in wenigen Jahren 5.000 Dollar.

Zuckerberg bei einer Präsentation (Foto: Reuters)
Zuckerberg will nach dem Börsengang die Kontrolle behaltenBild: Reuters

Jim Breyer gehört mit seiner Risikokapitalfirma Accel Partners ebenfalls zu den frühen Investoren bei Facebook. 2005, als das Unternehmen noch thefacebook.com hieß und nur Universitätsstudenten offenstand, beteiligte sich Breyer mit 12,7 Millionen Dollar. Ihm gehören heute elf Prozent an Facebook.

2007 folgte der Softwarehersteller Microsoft mit 240 Millionen Dollar. Ab 2009 stiegen dann russische Kapitalgeber mit 400 Millionen ein. Das erfolgte über die russischen Firmen Mail.ru und DST Global, an denen der Milliardär Yuri Milner maßgeblich beteiligt ist. Im Januar 2011 erhöhte DST seinen Anteil um 50 Millionen, und die Investmentbank Goldman Sachs stieg mit 400 Millionen Dollar ein.

Auch der Investor Marc Andreesen, der in den 1990er Jahren mit dem Internetbrowser Netscape Erfolg hatte, ist privat und über seine Risikokapitalfirma Andreesen Horowitz an Facebook beteiligt. Andreesen ist Mitglied im Verwaltungsrat, dem "board of directors" von Facebook, ebenso wie die frühen Investoren Peter Thiel und Jim Breyer von Accel Partners.

Auch viele Facebook-Angestellte, die einen Teil ihrer Vergütung in Anteilen erhalten, könnten durch den Börsengang über Nacht zu Millionären werden. Der auf Luxusimmobilien in Kalifornien spezialisierte Makler Pierre Buljan freut sich schon auf einen neuen Boom in Silicon Valley. "Es wird einen großen Effekt haben", so Buljan gegenüber der Nachrichtenagentur afp. "Tausend neue Millionäre brauchen ein Zuhause."

Autor: Andreas Becker
Redaktion: Monika Lohmüller