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Förderpaket für E-Autos?

Sabine Kinkartz, Berlin2. Februar 2016

Wie kann die Nachfrage nach E-Autos angekurbelt werden? Vertreter von Regierung und Industrie haben darüber auf einem Krisengipfel im Kanzleramt diskutiert. Klar ist: Es wird teuer.

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Deutschland Berlin Kanzleramt Sturm Gewitter
Bild: imago/D. Heerde

Muss die Bundesregierung ihr Ziel aufgeben, bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straße zu bringen? Oder bleibt ihr nichts anderes übrig, als Kaufanreize zu setzen, also Prämien zu zahlen oder Steuervorteile in Aussicht zu stellen? Mehr als diese zwei Möglichkeiten gebe es nicht, meint Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Er nahm am Dienstagabend an einem Krisentreffen teil, zu dem die Bundeskanzlerin neben den Vorstandschefs der Autobauer Volkswagen, Daimler und BMW und dem Präsidenten des Verbands der deutschen Automobilindustrie auch Finanzminister Wolfgang Schäuble und Verkehrsminister Alexander Dobrindt eingeladen hatte.

Die entscheidenden Akteure saßen damit an einem Tisch. Ein Zeichen dafür, dass sich in Sachen Elektromobilität wohl endlich etwas ändern soll. "Wichtige Entscheidungen brauchen Zeit zur Beratung", wiegelte Gabriel zwar vor dem Treffen ab, und auch Regierungssprecher Steffen Seibert hatte im Vorfeld der Gespräche gesagt, man solle keine Ergebnisse erwarten, denn es sei "kein Abend, an dem konkrete Beschlüsse gefasst" würden. Doch an der Tatsache, dass Elektroautos in Deutschland ein Ladenhüter sind, können Politik und Autobauer inzwischen nicht mehr vorbeisehen.

Es geht um Industriepolitik

2009 wurde das Millionen-Ziel formuliert. Seitdem sind fast sieben Jahre vergangen und nicht einmal 50.000 E-Autos in Deutschland zugelassen. "Wir sind sehr weit weg davon, das Ziel zu erreichen", räumt der Wirtschaftsminister ein und fürchtet dabei nur bedingt um Umwelt und Klima.

Sigmar Gabriel zur Elektromobilität - MP3-Stereo

Es gehe vielmehr um "die Zukunft des Leitmarkts der deutschen Industrie", drängt Gabriel. Die dürfe man auf keinen Fall verschlafen, sonst gerate Deutschland in die Gefahr, "in zehn, 20 oder 30 Jahren dieses Herz der Industrie nicht mehr zu beherrschen".

Tatsächlich steht Deutschland im internationalen Vergleich nicht gerade gut da. In anderen Ländern Europas und der Welt entwickelt sich die Elektromobilität auch dank vergleichsweise üppiger Förderprogramme weitaus besser und schneller als hier. Trotzdem hat die Bundesregierung mit ihrem Verweis auf eine starke Industriepolitik auch Hintergedanken. Denn damit schiebt sie der Industrie einen Teil der Verantwortung zu. Was den Automobilbauern nützt, sollte von diesen auch mitgestaltet und mitgetragen werden, vor allem, wenn es teuer wird.

Kommt die Kaufprämie?

Und das ist keine Frage. 5000 Euro Kaufprämie schlägt Bundeswirtschaftsminister Gabriel pro Fahrzeug vor und sieht die Industrie mit in der Pflicht. "Das wird nicht alleine durch den Staat gehen, hier müssen die Automobilkonzerne auch bereit sein, etwas zu tun." Für die Autobauer war das bislang undenkbar, doch in der vergangenen Woche hat die bayerische Staatsregierung ein gemeinsames Positionspapier mit der bayerischen Autoindustrie vorgelegt, in dem ebenfalls davon die Rede ist.

An der Prämie sollten sich der Bund sowie die Automobilbranche beteiligen, hatte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner gesagt. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer sagte dazu, es sei an der Bundesregierung, Größenordnung und Selbstbeteiligung der Industrie auszuhandeln.

Das wird vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble interessieren. Der CDU-Politiker ist ein Gegner von Kaufprämien und hat das in den vergangenen Wochen auch immer wieder bekräftigt. "Es ist nicht Aufgabe des Staates, beim Absatz von Autos behilflich zu sein", lautet sein Credo. Bislang hatte Schäuble Verkehrsminister Dobrindt auf seiner Seite, doch der CSU-Politiker hat wohl einen Wink aus München bekommen. Bei solchen Förder-Überlegungen gebe es von seiner Seite keine ideologischen Vorbehalte, sagte er vor dem Treffen in Berlin.

Preise runter, Zahl der Ladesäulen rauf

Dobrindt plädiert dafür, die Autoindustrie auch beim Bau der Ladeinfrastruktur in die Pflicht zu nehmen. Bislang sind bundesweit nur rund 5500 öffentlich zugängliche Ladepunkte verfügbar. Der Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Landesstationen ist aber vordringlich, um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Die Rede ist von 16.000 Ladesäulen, die aufgebaut werden müssen. "Eigentlich ist es sogar ein Thema, das wir in ganz Europa entwickeln müssen", betont Wirtschaftsminister Gabriel, "denn spätestens wenn Menschen in Urlaub fahren wollen, möchten sie eigentlich nicht an der Grenze das Auto wechseln". Er habe darüber bereits Gespräche mit dem zuständigen EU-Kommissar geführt.

Deutschland Elektromobilität Symbolbild Tankstelle für Elektroautos
Wer ein E-Auto aufladen will, muss nach einer Strom-Säule lange suchenBild: imago/H. Galuschka

"Die Industrie muss ihren Beitrag dazu leisten, dass die Preise runtergehen. Und die Industrie muss Zusagen über die industrielle Fertigung der Batterietechnik in Deutschland machen", fordert der Wirtschaftsminister außerdem. Zudem sollten Ämter, Behörden und öffentliche Unternehmen ihre Fuhrparks stärker auf E-Fahrzeuge umstellen.

Alternativen von Grünen und Greenpeace

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will statt Kaufprämien für Elektroautos die öffentliche Busflotte in Deutschland auf elektrische Antriebe umrüsten. Dafür könnten bei einer Abschaffung der bisherigen Steuervergünstigung für Dieselkraftstoff Mittel in Höhe von sieben Milliarden Euro verwendet werden, sagte der Greenpeace-Verkehrsexperte Daniel Moser der Deutschen Presse-Agentur. "Das verbessert nicht nur die Luftqualität in Deutschland - es spart mit zwei Millionen Tonnen CO2 auch weit mehr, als eine Kaufprämie für E-Autos es vermag."

"Eine Kaufprämie von 5000 Euro ist richtig, wenn sie vernünftig finanziert ist", sagt dagegen Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. "Wir schlagen vor, übermotorisierte Spritfresser zur Refinanzierung heranzuziehen. Das wäre eine echte Verkehrswende: Diejenigen fördern, die für eine bessere Luft für alle beitragen - diejenigen dazu beitragen lassen, die besonders viel verschmutzen."