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EZB wartet vorerst ab

Andreas Becker3. September 2015

Die Europäische Zentralbank erwartet für das laufende Jahr in der Eurozone eine geringere Inflation als bisher. Trotzdem will sie vorerst nicht noch mehr Geld in die Märkte spülen.

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Mario Draghi Präsident der Europäischen Zentralbank EZB
Bild: Reuters/R. Orlowski

Aktuell kauft die Europäische Zentralbak jeden Monat den Banken Wertpapiere für 60 Milliarden Euro ab. In der Theorie sollen dadurch mehr Mittel für Kredite an Unternehmen und Privatpersonen freiwerden, um die schwache Wirtschaftsleistung anzukurbeln und die niedrige Inflation anzuheizen.

Doch bisher hat das Kaufprogramm wenig Wirkung, wie die jüngsten Daten vom Montag (31.08.2015) zeigten. Die Inflation in der Eurozone verharrte im August bei nur 0,2 Prozent, weit entfernt von den knapp zwei Prozent, die die EZB anstrebt. So mancher fragte sich daher, ob die EZB auf ihrer Ratssitzung beschließen würde, noch mehr Geld zu drucken, um damit Anleihen zu kaufen.

Die Antwort von EZB-Präsident Mario Draghi: Vorerst passiert nichts. Der Leitzins bleibt auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent, das Kaufprogramm für Anleihen wird nicht ausgeweitet. Allerdings deutete Draghi ein Verlängerung an. "Die Ankäufe sind bis Ende September 2016 geplant, doch sie können auch länger laufen. Auf jeden Fall so lange, bis wir eine dauerhafte Anpassung der Inflation sehen, die mit unserem Ziel von kanpp unter zwei Prozent vereinbar ist", sagte Draghi.

Negative Inflation wahrscheinlich

Zudem korrigierten die Volkswirte der EZB ihre bisherige Prognose für die Inflation nach unten. Für das laufende Jahr erwarten sie nur noch eine Mini-Inflation von 0,1 Prozent. Noch im Juni hatten sie 0,3 Prozent vorhergesagt. Die Inflation könnte zwischenzeitlich sogar weiter fallen. "Es ist möglich, dass wir in den nächsten Monaten negative Inflationsraten sehen", sagte Draghi.

Trotzdem glaubt er nicht, dass das ein Zeichen für Deflation ist, also ein Preisverfall auf breiter Front, der lähmend für die Wirtschaft ist. "Der EZB-Rat ist der Auffassung, dass dies vorübergehende Effekte sind, die auf den niedrigen Ölpreis zurückzuführen sind." Der Ölpreise ist allein seit Mai um mehr als 30 Prozent gefallen.

Die EZB werde die Preisentwicklung aufmerksam beobachten und jederzeit in der Lage sein zu handeln, so Draghi. Als Beleg führte er eine kleine Änderung im aktuellen Anleihe-Kaufprogramm an. Zwar bleibt dessen Volumen unverändert, doch darf die EZB jetzt bis zu 33 Prozent einer begebenen Staatsanleihe kaufen. Vorher lag das Limit bei 25 Prozent. Die Änderung gilt als Zeichen, dass die Zentralbank offenbar keine Probleme hat, genügend Anleihen zu finden, die sie kaufen kann.

Weiter schwache Konjunktur

Auch das Wirtschaftswachstum in der Eurozone wird nach den Erwartungen der EZB in diesem Jahr etwas geringer ausfallen - 1,4 statt 1,5 Prozent. "Das liegt vor allem an der schwächeren Entwicklung der Schwellenländer. Die hemmt das globale Wachstum und auch die Nachfrage nach Exporten aus der Eurozone", sagte Draghi.

Vom G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs am Wochenende in Ankara erhoffe er sich weitere Informationen darüber, wie China und andere Länder damit umgehen werden. Die Frage sei auch hier, ob es sich um eine vorübergehende oder eine dauerhafte Schwäche handele.

Die Regierungen der Eurozone ermahnt Draghi erneut, nicht nachzulassen bei den geplanten Strukturreformen. Auch betonte er, dass eine stärkere wirtschaftliche Integration in Europa wünschenswert sei, etwa bei Haushaltsentscheidungen.

Angesprochen auf das aktuelle Flüchtlingsdrama in Europa sagte Draghi, der heute seinen 68. Geburtstag feierte: "Jeder Europäer sollte geschockt sein durch den tragischen Verlust von Menschenleben vor den Toren Europas." Allerdings habe die EZB kein Mandat, in dieser Angelegenheit zu handeln. Das sei allein Sache der gewählten Politiker.