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Exzellenzuniversitäten - Freude und Kritik

20. Juli 2019

Elf Hochschulen sind als sogenannte Exzellenzuniversitäten ausgezeichnet worden. Wie nach jedem Wettbewerb gab es auch diesmal Lob und Kritik. Klar ist: Die prämierten Hochschulen wissen ihren Titel zu nutzen.

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Deutschland | Senat tagt in Humboldt-Universität
Bild: picture-alliance/dpa/Bildfunk/S. Kunigkeit

Die Vertreter von elf deutschen Hochschulen und Hochschulverbünden können sich freuen. Ihre Institutionen dürfen in den kommenden sieben Jahren den Titel Exzellenzuniversität führen. Jede Universität erhält stattliche Preisgelder. Zu der Ende dieser Woche von wissenschaftlichen Gutachtern und den Wissenschaftsministern von Bund und Ländern ausgewählten Spitzengruppe zählen die Universität Hamburg, die RWTH Aachen, die TU Dresden, der Verbund der drei Berliner Universitäten, die Universitäten in Bonn, München, Tübingen, Konstanz, Heidelberg sowie die TU München und das KIT in Karlsruhe.

Die Förderung als Exzellenzuniversität beginnt am 1. November dieses Jahres und läuft für mindestens sieben Jahre. Die ausgewählten Hochschulen und Verbünde erhalten Fördergelder von jeweils zehn bis 28 Millionen Euro im Jahr, zusammengenommen stehen jedes Jahr 533 Millionen Euro zur Verfügung. Drei Viertel davon zahlt der Bund, ein Viertel jeweils das Bundesland, in dem die Hochschulen ihren Sitz haben.

2006 wurde der Titel Exzellenzuniversität zum ersten Mal verliehen. Die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern sollte Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen fördern und damit den Wissenschaftsstandort Deutschland stärken. Seit Januar 2019 wird die Förderung unter dem Namen Exzellenzstrategie weitergeführt.

Deutschland | Bonn darf sich «Exzellenzuni» nennen
Freude in Bonn: Die Hochschule wurde als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. Im Bild der Rektor der Uni, Michael HochBild: picture-alliance/dpa/V. Lannert

Wissenschaftliche Auswahlkriterien

Der Jubel bei den Gewinnern war groß - es gab aber auch kritische Anmerkungen. So monierte Armin Willingmann, Wissenschaftsminister von Sachsen-Anhalt, dass nur eine einzige Hochschule in Ostdeutschland - nämlich Dresden - ausgezeichnet wurde. Die Gewinner seien "im Grunde die Metropoluniversitäten, die auch in der Vergangenheit zu den reicheren gehörten, in den reicheren Ländern".

Indirekt spricht Willingmann ein grundsätzliches Problem an: Wie misst man, nach welchen Kriterien fasst man Exzellenz? Zumindest eines könne man sagen, so der Kölner Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath: Die Auswahl folge rein wissenschaftlichen Kriterien. "Bei dem Wettbewerb entscheiden Wissenschaftler darüber, was sie für sinnvoll halten und was nicht. Die Politik hat sich ihnen gegenüber zurückgehalten - das wissenschaftliche Votum lag eindeutig vorne."

Deutschland | TU München bleibt Exzellenzuniversität
Ebenfalls ausgezeichnet: die Universität München, hier der Blick in einen HörsaalBild: picture-alliance/dpa/Bildfunk/P. Kneffel

Das spiegle sich auch in den Ergebnissen: "Es gab kaum ernsthaften Dissens, die Gutachten waren insgesamt recht eindeutig." Allerdings, so Himmelrath: Die Jury beurteile keine bereits erbrachten Leistung, sondern Konzepte, auf deren Grundlage die am Wettbewerb beteiligten Universitäten künftig forschen wollen. "Das ist ein grundsätzliches Problem: Man entwirft zuerst einen Fahrplan, mit dessen Höhe man dann die gesteckten Ziele zu erreichen hofft. Ob das tatsächlich der Fall sein wird, ist offen."

Wettbewerb contra Breitenwirkung

Ein weiterer Kritikpunkt wendet sich gegen die hohe Zahl der ausgewählten Universitäten. Elf Hochschulen wurden ausgezeichnet - das, heißt es in einem Kommentar der "Süddeutschen Zeitung", untergrabe den Wettbewerbsgedanken. "In der ersten Runde des Wettbewerbs 2006 waren es drei Hochschulen, die das Elite-Etikett erhielten. In der nächsten Runde wuchs der Kreis auf sechs, schließlich auf elf Standorte. So hat sich der Elitewettbewerb ad absurdum geführt."

BVG - Urteil zur Juniorprofessur Edelgard Bulmahn
Rief die Exzellenzstragie ins Leben: die ehemalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, hier im Jahr 2004Bild: Picture-alliance/dpa

Armin Himmelrath verweist demgegenüber auf die Geschichte der Exzellenzstrategie. Als die ehemalige Bildungsministerin Edelgard Bulmahn die Initiative 2004 ins Leben rief, dachte sie daran, eine bis maximal drei Unis zu fördern. Daraufhin erhob sich politischer Widerspruch. Der Bund könne nicht nur eine oder zwei oder drei Universitäten fördern, so die Kritiker. Die Zahl müsse höher sein, damit mehr Forscher und Studierende sich angesprochen fühlten. Die Ministerin ging auf die Kritik ein: Die Zahl der teilnehmenden Universitäten erhöhte sich von Runde zu Runde. "In gewisser Weise wurde der Wettbewerb von diesem Moment an verwässert", so Himmelrath.

Nachhaltiger Entwicklungsschub für Gewinner

Kritik gab es auch von anderer Seite. So war es seit der Gründung der Initiative strittig, ob ganze Universitäten oder nicht eher einzelne Forschungsbereiche einer Universität prämiert werden sollten. Denn nach dem derzeitigen Prinzip profitieren die gesamten Universitäten, und das, obwohl längst nicht alle Fakultäten ausgezeichnet wurden. Eine Hochschule aber, die als Exzellenzuniversität gilt, hat es leichter, weitere Forschungsgelder einzusammeln. Auch kann sie eher renommierte Forscher anwerben. Die Auszeichnung, so die Kritik, treibe die prämierten und die nicht-prämierten Hochschulen immer weiter auseinander.

Diese Kritik lässt der Bildungsjournalist Armin Himmelrath nicht gelten. Einmal ausgezeichnete Universitäten profitierten auch dann von dem Titel, wenn sie diesen im folgenden Wettbewerb nicht halten könnten. Denn die Förderlaufzeit für Exzellenzcluster beträgt grundsätzlich zweimal sieben Jahre. "Und das heißt, es gibt zusätzliches Geld", so Armin Himmelrath. "Die Universität fällt nicht auf Null zurück. Sie hat weiterhin einen Nutzen davon, dass sie einmal ausgewählt wurde."

Internationale Ausstrahlung

Die Exzellenzstrategie soll die deutsche Universitätslandschaft auch international bekannt machen. Das sei auch gelungen, so Himmelrath. Allerdings seien die Prämien am internationalen Maßstab gemessen sehr gering. 

"Das ist natürlich nicht sehr viel für die einzelne Uni, wenn wir das etwa mit den USA vergleichen. Die jetzt im Rahmen der Exzellenzstrategie aufgebrachten 533 Millionen Euro pro Jahr sind zum Beispiel nur ein Bruchteil des Haushaltes, der einzelnen US-amerikanischen Spitzenuniversitäten zur Verfügung steht."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika