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Exit-Strategie für US-Truppen am Hindukusch

15. November 2010

Die Regierung in Washington hat einen Stufenplan für den Abzug all ihrer Kampftruppen aus Afghanistan aufgestellt. Er soll im Juli nächsten Jahres beginnen und spätestens 2014 abgeschlossen sein.

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US-Soldaten bei einem Einsatz in der Provinz Helmand (Foto: AP)
US-Soldaten bei einem Einsatz in der Provinz HelmandBild: AP

Es waren die Flaggschiffe der amerikanischen Tagespresse, die "New York Times" und die "Washington Post", die den Plan der US-Regierung am Montag (15.11.2010) bekannt machten. Danach sollen bereits in den kommenden eineinhalb bis zwei Jahren die US-Kampftruppen aus einigen afghanischen Gebieten abgezogen werden. 2014 werde der Kampfeinsatz am Hindukusch dann zu Ende gehen. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama wolle den Abzugsplan beim NATO-Gipfel Ende der Woche in Lissabon vorlegen.

Der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Richard Holbrooke, bestätigte bei einem Besuch im pakistanischen Islamabad die Presseberichte weitgehend. In welchem Ausmaß und in welcher Geschwindigkeit der Abzug amerikanischer Truppen erfolgen solle, werde allerdings von der Obama-Regierung erst im nächsten Jahr entschieden, ergänzte er.

Der Abzug aus dem Irak als Vorbild

In diesem Jahr erst hatte Obama noch 30.000 weitere Soldaten in das umkämpfte Land geschickt. Doch dies steht offenbar nicht im Gegensatz zum jetzt bekannt gewordenen Abzugsplan. Dieser orientiert sich den Berichten zufolge nämlich am Vorgehen der US-Armee im Irak. Auch hier war das amerikanische Truppenkontingent zunächst deutlich vergrößert worden, um die Sicherheitslage zu stabilisieren. Danach übergab die Armee die Sicherheitsverantwortung Region für Region den irakischen Sicherheitskräften. Bis zum Sommer 2010 wurden alle US-Kampftruppen aus dem Irak abgezogen. Bis Ende 2011 sollen noch knapp 50.000 Soldaten im Land bleiben, deren Aufgabe sich aber auf die Ausbildung und Beratung der einheimischen Truppen beschränkt.

Der afghanische Staatschef Karsai und US-Präsident Obama bei einem Treffen im Mai 2010 in Washington (Foto: AP)
Partner, die sich nicht immer grün sind: der afghanische Staatschef Karsai und US-Präsident ObamaBild: AP

"Der Irak ist eine ziemlich gute Blaupause für einen Übergang in Afghanistan", zitiert die "New York Times" einen US-Regierungsvertreter. Entscheidend für den Abzug sei aber, dass Afghanistan eine eigene Armee aufbaue, "die wirklich in der Lage ist, die Führung zu übernehmen".

Karsai verlangt Einschränkung der US-Einsätze

Afghanistans Präsident Hamid Karsai hatte die US-Armee am Sonntag aufgefordert, ihre Militäreinsätze in seinem Land einzuschränken und sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. "Die Zeit zur Verringerung der Militäreinsätze ist gekommen", sagte er der "Washington Post". Karsais Kritik, insbesondere an den Hausdurchsuchungen durch US-Soldaten, sorgte bei einigen Parlamentariern im amerikanischen Kongress für Missstimmung. Für die zweite Dezember-Hälfte hat die US-Regierung die Vorlage einer Zwischenbilanz zu Obamas Afghanistan-Strategie angekündigt.

Hohe Verluste

Bei Gefechten mit Aufständischen in der Provinz Kundus im Norden wurden nach Angaben der Behörden neun afghanische Polizisten und acht Angreifer getötet. Auslöser war ein Angriff auf einen Funkturm in der Region, in der auch die Bundeswehr stationiert ist.

Am Sonntag waren bei einem Anschlag mutmaßlicher Taliban-Kämpfer im Osten des Landes fünf Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) getötet worden, wie ein NATO-Sprecher mitteilte. Damit verloren im Monat November bereits 33 ausländische Soldaten am Hindukusch ihr Leben.

Autoren: Stephan Stickelmann/Susanne Eickenfonder (afp, rtr, dpa, dapd)
Redaktion: Reinhard Kleber