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Eurozone: Finanzsystem weiterhin fragil

31. Mai 2023

Die EZB warnt angesichts von Inflation und Banken-Turbulenzen vor erhöhten Risiken für die Stabilität des Finanzsystems im Euro-Raum. Die Aussichten für die Finanzstabilität in der Währungsgemeinschaft blieben labil.

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Europäische Zentralbank (EZB) | Frankfurt am Main, Deutschland
Blaues Euro-Logo mit den Sternen der Union vor der alten EZB-Zentrale in FrankfurtBild: Ralph Orlowski/Getty Images

"Preisstabilität ist entscheidend für dauerhafte Finanzstabilität", erklärte der Vizepräsident der Europäische Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, am Mittwoch in Frankfurt. Bei der Vorlage des zweimal im Jahr erscheinenden Finanzstabilitätsberichtes der Notenbank sagte er: "Da wir die Geldpolitik straffen, um die hohe Inflation zu senken, kann dies Schwachstellen im Finanzsektor aufdecken."

Die EZB hat im Kampf gegen die hohe Inflation seit Juli 2022 die Zinsen bereits sieben mal in Folge angehoben. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit aktuell bei 3,25 Prozent - vor einem Jahr war er mit minus 0,5 Prozent noch negativ.

Die EZB ist voraussichtlich noch nicht am Ende ihres Erhöhungspfades angekommen. Denn die Inflation ist mit 7,0 Prozent im April immer noch mehr als drei Mal so hoch wie das Notenbankziel einer Teuerung von zwei Prozent. Zuletzt hatten mehrere Euro-Wächter weitere Zinsanhebungen im Juni und im Juli für wahrscheinlich gehalten.

Angst vor Rezessionsangst

Die Finanzstabilität im Euro-Raum bleibe in erhöhtem Maße verwundbar, hieß es in dem Bericht. So seien die Finanzmärkte anfällig für Kurskorrekturen, sollten Wachstums- und Inflationsentwicklung ungünstig ausfallen. Überzogene Bewertungen, schärfere Finanzierungsbedingungen und eine geringere Marktliquidität erhöhten das Risiko, dass Kurskorrekturen aus dem Ruder laufen könnten. Dies gelte insbesondere falls neue Rezessionsängste aufkommen sollten. Investmentfonds könnten ungünstige Marktdynamiken mit erzwungenen Wertpapierkäufen zusätzlich verstärken, sollten sie plötzlich in Liquiditätsnöte geraten.

Die schärferen Finanzierungsbedingungen testeten zudem die Widerstandsfähigkeit von Haushalten, Unternehmen und Regierungen. Für Firmen, die aus der Corona-Krise mit höheren Schulden und weniger Gewinnen herausgekommen seien, könne das wegen unsicherer Geschäftsaussichten besonders problematisch werden.

Gleichzeitig belaste die hohe Inflation die Haushalte, da ihre Kaufkraft abnehme und womöglich auch ihre Fähigkeit, Schulden zurückzuzahlen. "Ein stärker anhaltender Inflationsdruck könnte noch deutlichere geldpolitische Reaktionen seitens der großen Zentralbanken erforderlich machen als Marktteilnehmer es derzeit erwarten", warnte die EZB.

Schweiz, Zürich | Hauptsitze der Credit Suisse und der UBS
Wetterleuchten im Bankensystem: Die UBS (links) übernimmt die ausgeknockte Credit Suisse (rechts)Bild: Michael Buholzer/KEYSTONE/dpa/picture alliance

Turbulenzen sind Warnsignal

Die Euro-Notenbank wies außerdem darauf hin, dass sich auf den Märkten für Gewerbeimmobilien und Wohnimmobilien nach Jahren der Expansion Korrekturen abzeichneten. "Angesichts all dieser Herausforderungen ist die Widerstandsfähigkeit der Banken des Euro-Raums bemerkenswert, sollte aber nicht zur Selbstzufriedenheit verleiten", schrieb de Guindos im Vorwort des Berichts.

Die jüngsten Bankenturbulenzen in den USA und in der Schweiz hätten gezeigt, wie stark die Bewahrung der Finanzstabilität davon abhänge, dass die Finanzwirtschaft Schocks absorbieren könne. In den USA waren seit Anfang März drei Regionalbanken nach enormen Mittelabzügen aufgrund von Liquiditätssorgen kollabiert. In Europa war die Großbank Credit Suisse, die bereits vorher Probleme hatte, dank einer staatlich organisierten Notübernahme durch die größere UBS vor dem Untergang gerettet worden.

dk/(hb (dpa, rtr)