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Europas Rechtshilfe im Kosovo nicht mehr willkommen?

Bahri Cani3. September 2013

Die Regierung des Kosovo verlangt eine Beendigung der EU-Mission EULEX. Doch Beobachter bezweifeln, dass die Institutionen im Kosovo bereit sind, allein gegen Kriegsverbrechen, Korruption und Kriminalität zu kämpfen.

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Soldaten der EULEX im Kosovo (AFP PHOTO/ARMEND NIMANI/Getty Images)
Soldaten der EULEX im KosovoBild: AFP/Getty Images

Die Mission EULEX im Kosovo ist die größte Mission der Europäischen Union. Ihr Ziel: Die Unterstützung und Überwachung des Rechtsstaates im Kosovo. Die Mission untersucht und verfolgt Kriegsverbrechen, Korruption und organisierte Kriminalität. Außerdem überwacht und berät sie Justiz-, Polizei- und Zollbehörden des Kosovo.

Seit Februar 2013 wird die Mission vom deutschen Diplomaten Bernd Borchardt geleitet. Sie wird von den EU-Mitgliedstaaten sowie den USA, Norwegen, der Türkei, der Schweiz und Kanada finanziell unterstützt. Die derzeit 2250 ausländischen und kosovarischen Mitarbeiter verfügen über einen jährlichen Haushalt von 111 Millionen Euro.

Für EULEX-Pressesprecher Blerim Krasniqi ist klar, dass die Mission eines Tages das Kosovo verlassen wird. "Wir wollen aber keine schwachen Institutionen hinterlassen. Institutionen, die weiterhin von der Politik beeinflussbar sind und die Korruption und organisierte Kriminalität nicht bekämpfen können." Das Ziel der EU sei, dass das Kosovo auf eigenen Beinen stehen könne, betont Krasniqi. "Dies ist jedoch eng mit einer funktionierenden Rechtsstaatlichkeit verbunden."

Bernd Borchardt, Leiter der Eulex Mission in Kosovo (Copyright: DW/Bahri Cani)
Bernd Borchardt ist Leiter der Eulex Mission im KosovoBild: DW/B. Cani

Kritik an der EU-Mission

In den vergangenen Jahren gab es im Kosovo häufig Kritik an der Arbeit der EU-Mission wegen mangelnder Effektivität, Geldverschwendung und angeblich einseitigem Vorgehen gegen einzelne Volksgruppen. Serbien wirft EULEX die Unterstützung der Unabhängigkeitsbestrebungen des Kosovo vor. Doch auch die Institutionen des Kosovo sind unzufrieden mit der Arbeit von EULEX.

Das kosovarische Parlament hat Ende Juli 2013 eine Resolution verabschiedet und die Regierung beauftragt, einen Plan für die Beendigung der EULEX-Mission vorzubereiten. Auslöser war die Verhaftung von fünf Kommandeuren der ehemaligen Untergrund-Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) durch EULEX im Mai. Den Männern werden Kriegsverbrechen während des Kosovo-Krieges vorgeworfen. Unter den Verhafteten befinden sich Sylejman Selimi, ehemaliger Kommandeur der UCK und immer noch offizieller Botschafter des Kosovo in Albanien, sowie Sami Lushtaku, Bürgermeister der Stadt Skenderaj im Norden des Kosovo und politischer Verbündeter des kosovarischen Ministerpräsidenten Hashim Thaci.

Die Resolution hat Kurtan Kajtazi, Abgeordneter der regierenden Demokratischen Partei des Kosovo (PDK), initiiert. Im Parlament sprach er von einem Versuch von EULEX, den "Befreiungskrieg der Kosovaren zu beschmutzen". Die Kriegsverbrechen im Kosovo hätten "serbische Kräfte und nicht die UCK begangen".

Der Plan der Regierung für einen Rauswurf der EU-Mission sollte bis Anfang September fertig sein und dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden. Driton Lajqi, Berater des kosovarischen Justizministers sagte gegenüber der Deutschen Welle, dass das Papier bereits fertig sei. Jetzt muss das Parlament entscheiden. "Obwohl EULEX die Präsenz im Kosovo schon im Juni 2012 reduziert hat, ist eine weitere Modifizierung der Rolle der EU-Mission dringend notwendig", so Lajqi. Der Vorschlag der Regierung sieht eine Übertragung der Kompetenzen von EULEX an die kosovarischen Institutionen vor.

Eine EULEX-Einheit sucht Kriegsverbrecher im Kosovo (AP Photo/Visar Kryeziu)
Eine EULEX-Einheit sucht Kriegsverbrecher im KosovoBild: AP

Garant für den Dialog

Seit Beginn der EULEX-Mission wurden Dutzende hochrangige kosovarische Politiker und Verwaltungsmitarbeiter wegen Kriegsverbrechen und Korruptionsvorwürfen festgenommen. Bisher gab es mehr als 40 Verurteilungen. Viele Verfahren und Prozesse laufen noch. Viele Beobachter bezweifeln, dass Kriegsverbrechen der Kosovoalbaner gegen Serben, Roma und Angehörige anderer Minderheiten von den kosovarischen Institutionen konsequent verfolgt und verurteilt werden würden.

Eine weitere wichtige Aufgabe der EULEX-Mission ist, die Vereinbarungen aus dem Dialog zwischen dem Kosovo und Serbien in Brüssel umzusetzen. Belgrad warnt, dass ein Ende der EU-Mission den ganzen Prozess gefährden würde. Ivan Djuric, der Berater des serbischen Präsidenten, bezeichnete die kosovarischen EULEX-Austiegspläne als "absurd", weil die Statusfrage des Kosovo noch nicht gelöst sei. Das Kosovo haben bis jetzt mehr als 100 Länder als unabhängig anerkannt, darunter 23 EU-Mitglieder. Belgrad betrachtet das Kosovo immer noch als Teil Serbiens. Die Statusfrage sei immer noch offen. "Es gibt keine Voraussetzungen für die Selbständigkeit der kosovarischen Justiz und Polizei", so Djuric.

Druckmittel der EU

Ob es tatsächlich zu einem Abzug von EULEX im nächsten Jahr kommen wird, ist mehr als umstritten. "Unser gegenwärtiges Mandat läuft bis Juni nächsten Jahres. Ob es dann weitergeht, in welcher Form und mit welchem Mandat, das müssen EULEX, die Mitgliedsstaaten der EU und die Regierung von Kosovo gemeinsam definieren", sagte Bernd Borchardt, Leiter von EULEX, gegenüber der Deutschen Welle. Er sei jedoch überzeugt, dass die Bereitschaft der Mitgliedsstaaten, im Kosovo weiterhin eine Mission zu unterhalten, vorhanden sei. Allerdings müsse genau definiert werden, wie diese Mission aussehen solle, so Borchardt.

Plaket in Pristina gegen die Eulex Mission im Kosovo (Bekim Shehu, DW)
Plakat in Pristina gegen die Eulex-Mission im KosovoBild: DW/B. Shehu

Eigentlich kann die EULEX-Mission im Kosovo nur durch eine Einigung zwischen Brüssel und Prishtina beendet werden. Die EU hat viele Möglichkeiten, Druck auf die kosovarische Regierung auszuüben: Ohne Unterstützung aus Brüssel kann es weder eine Liberalisierung des Visumsregimes noch eine Integration des Kosovo in internationale Organisationen wie die EU, NATO und die UN geben.