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Ein Zeichen setzen

Barbara Wesel 26. November 2014

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini setzt sich für die Anerkennung eines Palästinenserstaates durch das Europaparlament ein: Denn manchmal seien solche Symbole wichtig. Von Barbara Wesel, Brüssel.

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Federica Mogherini im Europaparlament in Straßburg - (Foto Patrick Seeger/EPA)
Bild: picture-alliance/dpa/Patrick Seeger

Es war ihr erster Auftritt vor dem Europaparlament. Und die neue EU-Außenbeauftragte ließ es an Eloquenz und Leidenschaft nicht fehlen bei ihrem Plädoyer für die Anerkennung eines Palästinenserstaates. Ein Prozedere, für das die Europäische Union eigentlich gar nicht zuständig sei, so Federica Mogherini: "Technisch gesehen geht mich das nichts an, aber politisch geht es mich an!" Und zwar weil die EU eine Rolle dabei spielen müsse, den festgefahrenen Verhandlungsprozess im Nahen Osten wieder in Gang zu bringen. Das Gefühl der Dringlichkeit sei dabei stärker denn je, denn es fehle derzeit eine politische Perspektive, und das führe zu gefährlichen Ausbrüchen von Gewalt.

Die Außenbeauftragte verlangt nichts Neues, sondern die Rückkehr zu der alten Forderung: Es solle ein palästinensischer Staat im Rahmen einer Zweistaatenlösung geschaffen werden. Dies müsse selbstverständlich auch das Recht Israels einschließen, in Sicherheit und Frieden zu leben.

Ohne Palästinenserstaat könne es in der Region keinen Frieden geben, und ohne Sicherheit für Israel werde es keinen palästinensischen Staat geben. In dieser Position aber sei alles festgefroren, so Mogherini. Friedensgespräche wieder in Gang zubringen "mag heute vielleicht schwieriger sein als je. Aber wir müssen es versuchen", appellierte die Außenbeauftragte an die Abgeordneten in Straßburg.

Keine Einigkeit

Das Europaparlament jedoch zeigte sich in dieser Frage wie schon früher gespalten: Die Abstimmung über einen Entschließungsentwurf, der eigentlich Grundlage dieser Debatte sein sollte, wurde verschoben - auf Antrag der konservativen Fraktion der europäischen Volksparteien (EVP). Nun steht er Mitte Dezember wieder auf der Tagesordnung. In letzter Minute soll es Widerstand gegen einige Formulierungen gegeben haben, die man noch überarbeiten wolle, heißt es.

Federica Mogherini - (Foto Patrick Seeger/EPA)
EU-Außenbauftrage Mogherini: "Alles ist festgefroren"Bild: picture-alliance/dpa/Patrick Seeger

Von Teilen der Sozialdemokraten und der Liberalen, sowie der Fraktionen der Grünen und Linken war zu hören, sie hätten sich bereits auf einen Text geeinigt und sich Hoffnung auf eine Mehrheit bei der Abstimmung gemacht. Wie die "Jerusalem Post" berichtet, sei die Vertagung auch Folge intensiver Lobby-Arbeit israelischer Diplomaten in Brüssel. Sie versuchten Zeit zu gewinnen, um doch noch die Meinungen einiger Abgeordneter zu kippen. Darüber hinaus hätten besonders einige deutsche Abgeordnete Probleme mit der Sprache der Resolution gehabt.

Die Fronten in der Auseinandersetzung sind bekannt

Die Diskussion im Plenum verlief schließlich weitgehend entlang der alten politischen Schlachtordnung. Für die Christdemokraten argumentierte Elmar Brok, die Mehrheit der Israelis und der Palästinenser wolle ja eine Zwei-Staaten-Lösung. Aber Grundlage dafür müsse die gegenseitige Anerkennung der beiden Völker sein, die einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates könne keine Lösung bringen.

Richard Howitt - (Foto: T. Mughal/EPA)
Labour-Abgeordneter Howitt: "Stillstand im Nahost-Friedensprozess durchbrechen."Bild: picture-alliance/dpa/T. Mughal

Der britische Labour-Abgeordnete Richard Howitt wiederum ermahnte die EU, den Stillstand im Nahost-Friedensprozess zu durchbrechen. Der früher als "Roadmap" verfolgte Fahrplan für Friedensgespräche sei in Vergessenheit geraten, Europa könne aber mit einer Anerkennung eines Palästinenserstaates jetzt einen positiven Anstoß geben. Die Situation in der Region werde durch die jüngsten Ausbrüche von Gewalt immer gefährlicher, und Europa habe bereits versäumt, den Siedlungsbau und den Plan für das Nationalitätsgesetz zu stoppen, das schlimmer sei als die Apartheid. Gerade deswegen müsse man den Palästinensern jetzt Hoffnung geben, indem man ihren Staat anerkenne.

Grüne, Linke und Sozialdemokraten aus verschiedenen Ländern argumentierten wie etwa der österreichische Abgeordnete Hannes Swoboda: "Wir sollten die politische Initiative ergreifen und uns auf die Seite von über 130 Ländern stellen, die einen palästinensischen Staat schon anerkannt haben."

Als erstes westeuropäisches EU-Land hat Schweden kürzlich diesen Beschluss gefasst, das britische Unterhaus hat eine entsprechende Resolution angenommen. Die französische Nationalversammlung will in der nächsten Woche folgen.

Nicht alle glauben an die Chance zum Aufbruch

Konservative aus verschiedenen Fraktionen hielten dagegen. Die einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaates wäre voreilig und könne die beiden Seiten weiter auseinandertreiben, argumentierte ein britischer Parlamentarier. Ohne Anerkennung des Staates Israel und eine Sicherheitsgarantie könne es keinen Frieden geben. Dies sei nicht der Zeitpunkt, um zugunsten nur einer Seite zu handeln, machten Christdemokraten aus verschiedenen Mitgliedsländern deutlich.

Die extremste Gegenposition wurde aber wohl vom Niederländer Marcel de Graaff von der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit vertreten: Die Palästinenser seien ebenso schlimm wie die Terror-Miliz "Islamischer Staat". Wer Hamas und Fatah unterstütze "demaskiere sich als Antisemit".

Gefühl der Dringlichkeit

Wenn die EU-Außenbeauftragte wissen wollte, wie das Europaparlament in dieser Frage denkt, hat sie bei dieser Debatte die ganze Bandbreite der Meinungen gehört. "Frustration und Verzweiflung in der Region sind stark", sagte Mogherini in ihrer Erwiderung. "Aber wir müssen uns nicht auf eine Seite stellen. Sie werden mich nie davon überzeugen, dass wir das tun müssen."

Die Außenbeauftragte setzt auf die Signalwirkung, die von einer Entschließung des Europaparlamentes ausgehen könnte: "Symbole sind manchmal wichtig", sagte Mogherini. Der Nahost-Friedenprozess werde sich nicht bewegen, wenn Europa nicht die Initiative ergreift und etwas tut.