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Europa Interview

Ruth Reichstein14. September 2007

Gewalt in den Schulen offen ansprechen ist eine Möglichkeit diese abzubauen, eine andere ist: Ventile für die Aggressionen finden, zum Beispiel durch Sport. Das ist ein Ziel einer neuen Initiative der Europäischen Union.

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Bild: DW

Ruth Reichstein hat darüber mit der Europaabgeordneten Anja Weissgerber von der Europäischen Volkspartei (EVP) gesprochen.

Frau Weissgerber, es gibt immer wieder schwere Prügeleien auf Schulhöfen in Europa. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?

Oft spielen familiäre Gründe eine große Rolle. Wenn ein Schüler in seinem sozialen Umfeld mit Gewalt konfrontiert wird, dann wird er auch in der Schule bei Streitfällen aggressiv reagieren. Viele Schüler erleben Gewalt auch als normales Mittel zur Konfliktlösung. Bei Meinungsverschiedenheiten auf dem Schulhof wird dann oft die Faust geballt. Wenn dem Schüler dann keine Hilfe bei seinen Problemen angeboten wird und er sich auch noch unverstanden fühlt, dann kann es leicht passieren, dass sich sein Ärger in Form von Gewalt entlädt. Viele Jugendliche sehen auch keine Hoffnung für die Zukunft, auch wegen der schlechten Arbeitsmarktsituation. Das bewirkt einen enormen Leistungsdruch, der auf dem Schüler liegt, und das kann dann auch in Frustration und Gewalt umschlagen.

Vieles von dem, was Sie angesprochen haben, liegt eigentlich im Verantwortungsbereich der Eltern oder der Schule. Was kann denn die EU gegen diesen Trend tun?

Das stimmt, aber trotzdem bemüht sich die EU eben, verschiedene Lösungsansätze anzubieten. Dazu gehört zum Beispiel das Weißbuch Sport, das die Kommission im Juli vorgelegt hat. Und einen sehr wichtigen Schwerpunkt bildet der gesundheitliche und der pädagogische Nutzen des Sports. Denn Sport war schon immer ein gutes Mittel, um Konflikte zu beheben. Jugendliche, die sich sonst sozial benachteiligt fühlen oder sich als Außenseiter angesehen werden, können viel leichter in die Gesellschaft integriert werden, besonders in Vereinen.

Es gibt konkrete Programme der EU, zum Beispiel die Programme "Jugend in Aktion" oder "Lebenslanges Lernen", die auch im Bereich Sport angewendet werden können - und auch Finanzmittel bereitstellen. "Jugend in Aktion" wendet sich an Jugendgruppen, an Vereine und Einrichtungen der Jugendarbeit. Unter den Jugendlichen sollen Solidarität und auch demokratisches Engagement durch Jugendinitiativen und Begegnungen gestärkt werden, wobei da auch wieder Sport eine Rolle spielt. Die Fördermittel betragen bis einschließlich 2013 885 Millionen Euro.

Trotzdem ist es ja so, dass die Probleme von Kindern und Jugendlichen nicht im Zentrum der Politik stehen. Ist das auf europäischer Ebene auch so?

Die EU selbst hat keine Rechtsgrundlage bezüglich der Rechte des Kindes. Das würde sich jetzt mit dem Reformvertrag vielleicht ändern. Der ursprüngliche Verfassungsvertrag sah nämlich in den Zielen einen direkten Bezug auf die Rechte der Kindes vor. Wir werden uns jetzt dafür einsetzen, dass die für Kinder wichtigen Punkte in den Reformvertrag transferiert und letztendlich auch erhalten bleiben. Ich denke, das ist eine wichtige Sache.