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Europa Infos

Ruth Reichstein7. Mai 2007

Was ist für eine gemeinsame europäische Identität zu tun? Ruth Reichstein hat mit Europaparlamentariern gesprochen.

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Bild: European Communities

In Europa hat sich in den vergangen Jahrzehnten einiges getan, aber es hakt an manchen Ecken und so gibt es noch viel zu tun. Gerade auch die Politik in Brüssel erscheint vielen Bürgern fremd, undurchschaubar, weit weg und bürokratisch. Was denken dazu die Europaparlamentarier, was ist für eine gemeinsame europäische Identität zu tun? Ruth Reichstein hat einige EU-Abgeordnete in Brüssel dazu befragt.

Beitrag:

Der 9. Mai - ein Feiertag für ganz Europa – die blaue Fahne mit den gelben Sternen weht passt dazu und sogar eine Hymne hat die Europäische Union mittlerweile. Aber trotz der vielen Symbole fällt es den Europäern schwer, eine gemeinsame Identität zu finden. Der deutsche, grüne Europa-Abgeordnete Cem Özdemir mit einem Erklärungsversuch:

"Wenn man Franzosen oder Österreicher nimmt, dann würden die wahrscheinlich sagen, Europa ist der Block gegen den Islam. Die Definition über einen Gegner und darüber definiert man Identität. Wenn man die Linken fragt, die würden wahrscheinlich sagen, Europa ist das Gebilde, was sich der USA in den Weg stellt. Beides befriedigt mich nicht. Ich finde, Europa sollte man nicht in erster Linie gegen etwas definieren. Europa gehört sicherlich in den westlichen Block, aber Europa hat auch muslimische Wurzeln, zum Beispiel im maurischen Spanien. Also definiert sich Europa vor allem über gemeinsame Werte, Grundüberzeugungen. Europa definiert sich über die gemeinsame Geschichte. "

Werte, Geschichte, ein bisschen Geografie – all das soll also die Europäische Union ausmachen, eine gemeinsame Identität stiften. Aber die Europäischen Institutionen in Brüssel, Straßburg und Luxemburg sind für die meisten Bürger weit weg. Viele wissen nicht, was das EU-Parlament für Aufgaben hat und wie es sich von der Europäischen Kommission unterscheidet. Der französische, konservative Abgeordnete Joseph Daul:

"Wir Politiker, wir müssen einfach mehr mit unseren Bürgern reden. Wir haben ein Kommunikationsproblem, um den Bürgern zu vermitteln, was uns Europa in den vergangenen Jahrzehnten gebracht hat."

Die Europäische Kommission hat schon vor mehr knapp zwei Jahren den sogenannten "Plan D" ins Leben gerufen, ein ganzes Paket von Maßnahmen, die dem Bürger die EU wieder näher bringen sollten. Bewirkt hat das bisher erst wenig – meint auch Cem Özdemir:

"Europäische Identität kann man nicht verordnen. Wir haben bei der Gründung den Grundgedanken gehabt, das Nein zum Krieg, die französisch-deutsche Versöhnung. Heute habe ich das Gefühl, dass die Kommission verstanden hat, dass dieses Argument die junge Generation nicht mehr hinter dem Ofen hervor lockt. Der Versuch, das zu kompensieren durch lebenspraktische Dinge wie Handygebühren, da bin ich mir nicht so sicher, ob das ausreicht. Also zwischen Nein zum Krieg und Handygebühren, da muss es etwas in der Mitte geben. Und daran arbeiten wir gerade."

Sogar im Europäischen Parlament hat also jeder seine ganz eigene Vorstellung von Identität. Einig sind sich alle zumindest in einem sagt der polnische Abgeordnete Bronislaw Geremek.:

"Wir müssen die Institutionen reformieren und wir müssen die Effizienz der Europäischen Kommission verbessern. Und die demokratischen Spielregeln müssen verstärkt werden – der Bürger muss einen echten Platz bekommen."

Auch deshalb findet der französische Abgeordnete Daul die Kritik der Bürger an ihrer Europäischen Union gar nicht so schlecht:

"Mein Vater hat immer gesagt: Solange Du Dinge kritisierst, existierst Du. Und wenn man etwas kritisiert, dann heißt das doch gleichzeitig auch, dass man anerkennt, dass es eigentlich nicht zu schlecht läuft."