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Politik

EuGH macht Weg für Exit vom Brexit frei

10. Dezember 2018

Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dürfte den Brexit-Gegnern in Großbritannien Auftrieb geben: Die britische Regierung darf den EU-Austritt kurzfristig und ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen.

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Europäischer Gerichtshof in Luxemburg l CVRIA
Bild: picture-alliance/imageBROKER

Das Urteil der Richter in Luxemburg fiel einen Tag vor der Abstimmung des britischen Parlaments über das von Regierungschefin Theresa May mit der Europäischen Union ausgehandelte Austrittsabkommen. Das oberste schottische Zivilgericht hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Bewertung gebeten, ob ein einseitiger Rückzieher von dem für 2019 anvisierten Austritt aus der Europäischen Union noch möglich sei. Auch Abgeordnete des schottischen, des britischen und des Europa-Parlaments hatten eine Klärung der Frage angestrebt.

Rücktritt vom EU-Austritt ist souveräner Akt

Die EU-Kommission und der Rat der Mitgliedsländer hatten vor dem EuGH argumentiert, das Verfahren lasse sich nur mit einem einstimmigen Beschluss des Rats stoppen. Der EuGH stellte dagegen fest, dass Artikel 50 des EU-Vertrags die einseitige Rücknahme eines EU-Austritts durch ein Land weder ausdrücklich verbiete noch zulasse. Der Gerichtshof kam aber zu dem Schluss, dass ein Mitgliedsstaat bis zum Inkrafttreten einer Austrittsvereinbarung seine Ankündigung eines Rückzugs zurücknehmen könne.

Ein Rückzieher von der Absicht zum Austritt sei wie diese selbst ein souveräner Akt des Mitgliedsstaats. Würde man die Zustimmung der übrigen Staaten zur Bedingung machen, widerspräche das dem Prinzip, dass kein EU-Land gegen seinen Willen zum Austritt gezwungen werden könne, erklärte der EuGH. Die Möglichkeit einer einseitigen Rücknahme besteht demnach für Großbritannien bis zum Ende der Zweijahresfrist nach der Austrittserklärung. Diese Frist endet am 29. März 2019.

Die Richter verwiesen jedoch darauf, dass ein solcher Rückzug vom angekündigten EU-Austritt mit den Anforderungen der britischen Verfassung in Einklang stehen müsse. Der EuGH folgte mit seinem Urteil der Auffassung seines Generalanwalts, der in der vergangenen Woche in seinem Schlussantrag die einseitige Rücknahme der Brexit-Erklärung ebenfalls als möglich eingestuft hatte.

EuGH-Entscheidung weist neuen Weg für Brexit-Gegner

Das Urteil des Gerichtshofs könnte für einige britische Abgeordnete bei der für diesen Dienstag geplanten Abstimmung im Parlament ein weiteres Argument sein, gegen die Austrittsvereinbarung zu stimmen. Eine Rücknahme der Brexit-Erklärung könnte dann eine dritte Alternative neben der Zustimmung zum Austrittsvertrag oder einem harten Brexit ohne Vertrag darstellen. Schon vor der Entscheidung der Luxemburger Richter war eine Zustimmung zum Brexit-Abkommen äußerst fraglich, weil die meisten Oppositionsparteien, aber auch Teile der konservativen Tories von Premierministerin May dagegen sind.

Die Premierministerin hatte noch am Wochenende abermals für ihr Brexit-Paket geworben. Es besteht aus einem knapp 600 Seiten starken Austrittsvertrag, der die Bedingungen der Trennung regelt. Darunter sind die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien, aber auch finanzielle Pflichten Londons gegenüber der EU. Ergänzt wird der Vertrag durch eine rechtlich nicht bindende politische Erklärung über die künftigen Beziehungen.

Britische Regierung will an Austritt festhalten

Scheitert der Vertrag im Parlament, könnte dies zu einem Misstrauensvotum gegen May und möglichen Neuwahlen in Großbritannien führen  - oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr undenkbar ist zudem ein zweites Referendum - oder eben sogar ein Rückzieher vom Brexit.

Die EuGH-Entscheidung sende eine klare Botschaft an das britische Parlament, "dass es einen Ausweg aus diesem Schlamassel gibt", sagte der schottische Europaabgeordnete Alyn Smith aus der Grünen-Fraktion. Wenn Großbritannien sich umentscheide, sollte die EU das Land wieder mit offenen Armen empfangen, meinte Smith. Der britische Umweltminister Michael Gove betonte jedoch unmittelbar nach der EuGH-Entscheidung, dass die britische Regierung bei dem für den 29. März 2019 geplanten EU-Austritt bleibe.

ww/hk (afp, dpa)