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Politik

EU will Verkauf "Goldener Pässe" eindämmen

23. Januar 2019

Gegen Geld vergeben manche EU-Staaten allzu schnell EU-Visa oder gar ihre Staatsbürgerschaft, warnt die EU-Kommission. Dieses Vorgehen berge Risiken, kritisiert nun die EU-Kommission. Bernd Riegert aus Brüssel.

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Malta Reisepass von Blogger Manuel Delia
Reisepässe aus Malta sind käuflich zu erwerben für Nicht-EU-BürgerBild: DW/A. de Loore

Staatsbürgerschaft gegen Bares? Maltas Regierung wirbt im Internet ganz offen dafür: Wer eine Immobilie in dem Inselstaat kauft und dazu 150.000 Euro in maltesische Staatsanleihen investiert, kann im Prinzip schon nach 240 Tagen einbürgert werden - und damit auch den begehrten Reisepass bekommen. Bewerber aus arabischen Ländern, Russland, Asien oder Südamerika müssen dazu noch nicht einmal auf Malta wohnen. Es reicht, wenn sie die Insel und ihre dort für mindestens fünf Jahr erworbene Immobilie einmal besuchen. Der Clou am maltesischen Reisepass: Er schließt das Recht auf visafreie Einreise als Tourist in die USA mit ein.

Die EU-Kommission in Brüssel hat sich nun zum ersten Mal die Mühe gemacht, das Geschäftsmodell "Staatsbürgerschaft gegen Geld" und auch die "Visum gegen Geld"-Programme der EU-Mitgliedsstaaten genauer unter die Lupe zu nehmen. Der an diesem Mittwoch vorgestellte Bericht gebe Anlass zur Sorge, sagten die EU-Kommissare Vera Jourova und Dimitris Avramopoulus in Brüssel. Drei Staaten - Malta, Zypern und Bulgarien - bieten ihre Staatsbürgerschaft offen feil, 20 der 28 Mitgliedstaaten bieten gegen unterschiedlich hohe Investitionen dauerhafte Aufenthaltsgenehmigungen an.

EU-Kommission appelliert an Mitgliedsstaaten

"Diese Länder verkaufen nicht nur ihre eigene Staatsbürgerschaft, sondern auch gleichzeitig eine Staatsbürgerschaft für die gesamte Europäische Union", sagte Justizkommissarin Jourova. Die EU-Kommission sei nicht sicher, dass die erforderlichen Sicherheitsüberprüfungen in allen einzelnen Fällen auch wirklich ausreichend seien. "Geldwäsche, Steuerhinterziehung können nicht ausgeschlossen werden, weil einige Staaten keine ausreichenden Nachweise fordern, woher das Geld für die Investitionen für einen Pass oder ein Visum stammen", kritisierte die Jourova. "Der Verkauf der Staatsbürgerschaft durch die Mitgliedstaaten ist zwar legal, aber wir können nicht einfach nichts tun."

Vera Jourova EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung
EU-Kommissarin Jourova: Nichtstun ist auch keine LösungBild: picture-alliance/AA/D. Aydemir

Für das Staatsbürgerschaftsrecht und die Vergabe von Visa und Aufenthaltstiteln sind in der EU die Mitgliedstaaten allein zuständig. Der für die innere Sicherheit und Einwanderung zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos appellierte an die Mitgliedsstaaten, die nötigen Abfragen bei den europäischen Datenbanken zur Visakontrolle auch tatsächlich durchzuführen. "Das Problem ist, dass es keine genauen Daten gibt, wie viele Aufenthaltstitel über die sogenannten Goldenen Visa vergeben werden. Die Mitgliedsstaaten machen dazu keine konkreten Angaben", sagte Dimitris Avramopoulos. Auch die Identität der Neu-Bürger oder Visumsinhaber werde oft nicht mitgeteilt.

Gute Geschäfte mit Pässen

Die Nichtregierungsorganisationen "Transparency international" und "Global Witness" schätzten in einer Studie im Herbst, dass in den letzten zehn Jahren in der EU rund 100.000 Goldene Visa und 6000 Staatsbürgerschaften gegen Geld ausgegeben wurden. Die meisten Visa wurden demnach in Spanien, Zypern, Portugal und Großbritannien ausgestellt. Alleine Zypern soll durch den Verkauf seiner Reisepässe 4,8 Milliarden Euro eingenommen haben. Besonders nach der Finanzkrise, die Zypern schwer getroffen hat, wurden so Investitionen auf die Mittelmeerinsel gelockt.

Die EU-Kommission räumt in ihrem Report jetzt erstmals ein, dass mit der freigiebigen Visa- und Passvergabe erhebliche Risiken verbunden sind. So sollen auch viele zwielichtige russische Geschäftsleute inzwischen im Besitz zyprischer Zweitpässe sein. "Wir würden gerne wissen, wer genau sich in der EU aufhält", sagte Justizkommissarin Jourova.

Russen auf Zypern Jacht Hafen Flagge
Eine russische Yacht im Hafen von Limassol, Zypern: Viele neue Bürger kommen aus dem OstenBild: picture-alliance/dpa

Die Nichtregierungsorganisation "Global Witness" ist zufrieden, dass die EU sich jetzt verstärkt um Goldene Visa und Goldene Pässe kümmern will. "Die Zeiten für die Goldene-Visa-Industrie werden jetzt schwerer, nachdem die EU die unannehmbaren Sicherheits- und Korruptionsrisiken anerkennt", sagte Naomi Hirst von "Global Witness" in Brüssel. Die EU-Kommission sage allerdings nicht, was genau die Mitgliedstaaten ändern müssten. Die Mitgliedsstaaten sollten, so Hirst, dem Beispiel Bulgariens folgen und ihre Goldene-Visa-Programme vorläufig aussetzen.

Korruption rund um den Pass

In Bulgarien waren im Oktober zwei hochrangige Regierungsbeamte aufgeflogen, die gegen Bargeld falsche Abstammungsurkunden und damit auch das Recht auf einen bulgarischen Reisepass ausstellen ließen. Angeklagt ist inzwischen der ehemalige Chef der Behörde für Bulgaren im Ausland. Er soll den großangelegten Betrug zusammen mit einem engen Mitarbeiter organisiert haben. Die EU-Kommissarin für Justiz sagte in Brüssel, sie gehe davon aus, dass die bulgarischen Behörden alles täten, um gegen Korruption dieser Art vorzugehen.

In Deutschland werden nach den Erkenntnissen der EU-Kommission keine Reisepässe verhökert, es gebe gar kein offizielles Goldenes Visum. Wer aber als Nicht-EU-Bürger ein Unternehmen gründet oder leitet, kann auch in Deutschland unter bestimmten Bedingungen eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Eine Mindestsumme für eine Investition gibt es nicht mehr.

Besonders teuer ist die Staatsbürgerschaft übrigens in Österreich: Zehn Millionen Euro müsste ein Bewerber aus Asien oder Afrika im Alpenland investieren, um einen Pass zu bekommen. Die genauen Bestimmungen seien allerdings unklar, teilt die Anwaltskanzlei "La Vida Golden Visas" mit, die mit Niederlassungen in London, Dubai und Hongkong potenzielle EU-Bürger beim Visa-Shopping berät.

Deutschland Paßkontrolle am Flughafen
Passkontrolle am Frankfurter Flughafen: mit EU-Papieren sorglos um die Welt reisenBild: picture-alliance/dpa/M. Müller
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Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union