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Politik

EU und Briten wollen weichen Brexit

19. März 2018

London lenkt bei vielen Brexit-Fragen ein, um eine Übergangsphase für die Wirtschaft zu bekommen. Umstritten ist weiterhin die Grenze zu Irland. Und ein ehernes Prinzip gilt weiter. Aus Brüssel Bernd Riegert.

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Belgien  Europa Brexit Michel Barnier David Davis
Brexit-Unterhändler Davis (l.) und Barnier: Einigung auf ÜbergangBild: picture-alliance/AP Photo/V. Mayo

"Nothing is agreed until everything is agreed." Der Satz, dass nichts in einem internationalen Vertrag endgültig vereinbart ist, bis alles vereinbart ist, gilt auch weiterhin in den Brexit-Verhandlungen. Darauf hat der Chefunterhändler der Europäischen Union, Michel Barnier, in einen Nebensatz in seiner Pressekonferenz mit dem britischen Brexit-Minister David Davis in Brüssel hingewiesen. Die beiden Unterhändler verkündeten an diesem Montag zwar, dass eine Übergangsperiode nach dem eigentlichen Austritt den Brexit bis Ende 2020 abfedern soll, aber rechtlich verbindlich vereinbart ist diese Transitphase keineswegs. Sie ist nämlich Teil des generellen Austrittsvertrages Großbritanniens mit der EU. Und in dem Vertrag sind noch einige Punkte offen. Er wird nicht, wie ursprünglich einmal geplant, am Ende der Woche vom EU-Gipfel beschlossen, sondern weiter bis in den Herbst verschoben.

Sanfter Übergang in den Brexit bis 2020

Einigen konnten sich die 27 EU-Staaten auf der einen Seite und Großbritannien auf der anderen Seite aber darauf, dass die Regeln der EU noch weitere 21 Monate nach dem Brexit im März nächsten Jahres gelten sollen. Großbritannien ist dann formal kein Mitglied mehr und wirkt deshalb auch nicht mehr bei Entscheidungen mit, ist aber nach wie vor an die Entscheidungen der EU und auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gebunden. Großbritannien behält bis Ende 2020 den Zugang zum Binnenmarkt, was britischen und europäischen Unternehmen Planungssicherheit gewährt. Andererseits muss Großbritannien EU-Bürgern, die sich in diesem Zeitraum dort niederlassen, die gleichen Rechte einräumen, die bisher schon galten. Brexit-Minister David Davis sieht als großen Vorteil der Übergangsphase, dass Großbritannien dann Handelsabkommen mit Drittstaaten aushandeln kann. In Kraft treten können diese aber erst nach der Übergangsphase. Außerdem könnten jetzt auch Gespräche über das zukünftige Verhältnis der EU und Großbritanniens beginnen, freute sich David Davis. Der EU-Unterhändler Michel Barnier sah das etwas zurückhaltender. Über Handelsabkommen mit der EU könne erst verhandelt werden, wenn das Vereinigte Königreich tatsächlich legal nicht mehr Mitglied der Union sei, also erst vom 30. März 2019 an.

Nordirland Protest gegen den Brexit an der britisch-irischen Grenze
Protest in Nordirland: Alle Seiten wollen Kontrollen und Zölle vermeiden. Nur praktikable Vorschläge sind rar. Bild: Getty Images/C. McQuillan

Grenze zu Irland weiter umstritten

Der schwierigste Punkt der Verhandlungen ist nach wie vor die Ausgestaltung der künftigen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland. Beide Seiten sicherten sich erneut zu, dass sie eine "harte" Grenze auf der irischen Insel vermeiden wollten. "Wir haben weiter vor, eine so enge Partnerschaft mit der EU auszuhandeln, dass es keine Notwendigkeit für eine Grenze gibt", sagte Brexit-Minister David Davis. Sollte das nicht gelingen, tritt automatisch eine Klausel in dem Austrittsvertrag in Kraft, die besagt, dass die Grenze zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens verlaufen muss.

Diesen sogenannten "Backstop" hatte die britische Premierministerin Theresa May vor einigen Wochen noch vehement als Angriff auf die Integrität des Königreichs abgelehnt. "Das kann kein britischer Premier jemals unterschreiben", hatte sie im Parlament gewettert. Jetzt in Brüssel hat ihr Minister allerdings der Formel zugestimmt. EU-Unterhändler Michel Barnier sagte, auch er wolle den "Backstop" vermeiden. "Die Verantwortung liegt aber beim Vereinigten Königreich. Sie müssen uns sagen, wie das mit der Grenze funktionieren soll." Beide Seiten wollen auf keinen Fall das Friedensabkommen in Nordirland gefährden, das eine offene Grenze zu Irland vorsieht. Barnier hatte im Laufe der vergangenen Monate immer wieder praktische Vorschläge für Zölle, Personenkontrollen und den Schutz der EU-Außengrenze gefordert, von Großbritannien aber keine bekommen.

"Brexit wird Deutschland massiv schaden"

EU setzt sich zunächst durch

Dass die britische Seite die Kröte "Backstop" doch geschluckt habe, liege vor allem daran, dass die Briten unbedingt jetzt eine Zusage für eine Übergangsphase haben wollten, meinten EU-Diplomaten in Brüssel. Die Firmen in Großbritannien säßen für den Fall eines "harten" Brexit auf gepackten Koffern und würden auf rechtliche Klarheit pochen. Dass Großbritannien für die Übergangsphase in allen wesentlichen Punkten eingelenkt habe, zeige wer am längeren Hebel sitze, sagten EU-Diplomaten weiter.

EU-Unterhändler Michel Barnier bemühte sich, die positive Nachricht der Übergangsphase zu betonen. Die Einigung sei nach mehreren durchverhandelten Nächten zustande gekommen. Er dankte zum ersten Mal und ausdrücklich dem "gut vorbereiteten" britischen Verhandlungsteam. Man habe sich, so Barnier, "auf große Teile des Austrittsabkommens verständigt". "Wir sind aber noch nicht am Ende und haben noch jede Menge Arbeit vor uns", so Barnier.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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