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Neue Militärmission der EU

Bernd Riegert20. Januar 2014

Die EU-Außenminister wollen der Krise in der Zentralafrikanischen Republik mit Soldaten und mehr Geld begegnen. Fast eine Million Menschen brauchen Hilfe - die UN warnen vor einem Scheitern des Staates.

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Zentralafrikanische Republik Französische Truppen
Bild: picture-alliance/dpa

Zentralafrika: EU schickt Soldaten

Seit über einem Jahr halten die politischen Spannungen in der Zentralafrikanischen Republik nun schon an. Aus Angst vor Gewalt sind fast 900.000 Menschen auf der Flucht, und das bei einer Gesamteinwohnerzahl von 4,6 Millionen. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Rebellen und christlichen Milizen haben im Herzen Afrikas einen Staat zerfallen lassen, so die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva. Nun endlich wache die Weltgemeinschaft auf. "Diese Krise war viel zu lange vergessen", so EU-Kommissarin Georgieva am Montag (20.01.2014) in Brüssel nach einer internationalen Geberkonferenz für die Zentralafrikanische Republik. "Insgesamt haben wir Zusagen über fast eine halbe Milliarde US-Dollar (390 Millionen Euro) einsammeln können. Davon entfallen 200 Millionen auf humanitäre Soforthilfe und 296 Millionen auf langfristigere Maßnahmen zur Stabilisierung, die dem Land helfen, aus dieser dramatischen Lage herauszukommen."

Bundeswehr könnte beim Transport helfen

Parallel zur Konferenz der zivilen Helfer tagten die Außenminister der Europäischen Union in Brüssel. Sie beschlossen im Prinzip, militärisch in den Konflikt einzugreifen, nicht um zu kämpfen, sondern um die Lage zu stabilisieren und verschiedene bewaffnete Gruppen zu trennen. Frankreich, ehemalige Kolonialmacht, ist bereits seit vier Wochen mit 1600 Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik. Die Europäische Union will nun weitere 500 bis 1000 Mann entsenden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kündigte an, dass sich die Bundeswehr mit Transport-Einheiten an der Mission beteiligen wolle, allerdings nicht mit kampfbereiten Soldaten, die außerhalb des Flughafens der Hauptstadt Bangui eingesetzt werden könnten. Wie die neue EU-Mission genau aussehen und wann sie beginnen soll, wird nun ein Planungsstab in den nächsten Wochen ausarbeiten. 170 Bundeswehr-Soldaten sind zusammen mit anderen europäischen Truppen bereits in Mali an einer Ausbildungsmission beteiligt. Auch in Mali hatte Frankreich die Kampftruppen gestellt.

EU Deutschland Außenminister Frank-Walter Steinmeyer in Brüssel
Weitere Beratungen nötig: Außenminister SteinmeierBild: DW/B. Riegert

Die Außenminister wiesen darauf hin, dass es sich nur um eine zeitlich begrenzte Übergangslösung handeln soll, und zwar so lange, bis die zugesagten 6000 Soldaten der Afrikanischen Union eingetroffen sind. Angestrebt wird die Ablösung der europäischen Mission durch einen Einsatz einer größeren Friedenstruppe der Vereinten Nationen. Die Europäische Union unterhält derzeit vier aktive Militärmissionen, in Bosnien-Herzegowina, in Mali, in Somalia und vor der somalischen Küste zur Abwehr von Piraten. Die Europäer kommen vor allem dem Wunsch der französischen Regierung nach größerer Unterstützung in Afrika nach. Die Finanzierung des französischen Truppeneinsatzes in der Zentralafrikanischen Republik hatte die EU noch im Dezember abgelehnt.

Extrem schwierige Lage

Zentralafrikanische Republik Trinkwasser in Bangui 07.01.2014
Flüchtlinge am Mpoko Airport in Bangui: Die Vereinten Nationen verteilen TrinkwasserBild: picture-alliance/AP Photo

Die Europäische Union schreibt in einer internen Lagebeurteilung, dass es staatliche Strukturen in Bangui kaum noch gebe. Die Ministerien seien leer. Entwicklungshilfe, auch die Verteilung von Gütern und Hilfsgeldern seien deshalb sehr schwierig. "Das ist eine extrem schwierige Situation. Während wir in der Hauptstadt Bangui vielleicht noch Reste staatlicher Strukturen haben, wissen wir nicht, was im übrigen Land überhaupt vor sich geht", sagte der schwedische Ressortchef Carl Bildt bei der Tagung der Außenminister. "Ähnlich ist es im angrenzenden Südsudan. Wir sehen Staaten zusammenbrechen. Das hat gewaltige humanitäre Auswirkungen und wir sind massiv gefordert, die Staaten in Zukunft wieder aufzubauen." Bildts Forderung, die schnelle Eingreiftruppe der EU, die multinationalen sogenannten "Battle groups", nach Afrika zu schicken, lehnte Bundesaußenminister Steinmeier ab. Die Battle groups sind seit ihrer Gründung noch nie eingesetzt worden. Der schwedische Außenminister meint, wenn sie nicht einsatzbereit seien oder man sie nie einsetzen wolle, müsse man darüber reden, welchen Sinn sie überhaupt haben. Schweden ist an der Truppenstellung für die "Battle groups" allerdings nicht beteiligt.

Religionen aussöhnen helfen

Die Vereinten Nationen freuen sich über das wachsende Engagement der Europäer in Zentralafrika. Die Koordinatorin der Vereinten Nationen für Katastrophenhilfe, Valerie Amos, sagte nach der internationalen Geberkonferenz in Brüssel, es müsse jetzt zügig geholfen werden. Man müsse neben der akuten Versorgung der internen Flüchtlinge an den Wiederaufbau denken und einen Dialog zwischen den muslimischen und christlichen Gruppen einleiten. "Ein unverzichtbarer Teil der Krisenhilfe ist es, Aussöhnung zu versuchen und eine Stabilisierung der Gemeinschaften vor Ort zu erreichen", sagte die UN-Koordinatorin. "Die Gespräche mit den religiösen Führern laufen. Die Religionsgemeinschaften versuchen miteinander zu sprechen, um mit der Gewalt fertig zu werden, die außer Kontrolle gerät."

UN-Nothilfebeauftragte Valerie Amos (Foto: AP)
Zügig helfen: UN-Nothilfebeauftragte Valerie AmosBild: AP

Hilfsorganisationen schätzen, dass sich allein rund um den Flughafen von Bangui 100.000 Menschen aufhalten, weil sie sich dort eher in Sicherheit wähnen. Die Vereinten Nationen haben die Krise in der Zentralafrikanischen Republik ganz oben auf ihre Liste der dringlichsten Probleme gesetzt, sagte Valerie Amos. Zur neuen Übergangs-Präsidentin der Zentralafrikanischen Republik wählte der Nationale Übergangsrat am Montag die Bürgermeisterin von Bangui, Catherine Samba-Panza. Vor zehn Tagen war der muslimische Rebellenführer als Präsident zurückgetreten, der sich im März 2013 an die Macht geputscht hatte. EU-Kommissarin Georgieva sagte in Brüssel, die Zeit für eine Entspannung der Lage werde knapp. Die Bauern müssten vor dem Beginn der Regenzeit Anfang April auf ihre Felder zurückkehren, um noch rechtzeitig die Saat für die nächste Ernte ausbringen zu können.