1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU will weniger Steuern

7. Juli 2008

Die EU will Kleinunternehmen gezielt fördern. Dazu möchte sie Friseurgeschäften, Restaurants und Baubetrieben ermöglichen, ihre Dienste zu ermäßigten Mehrwertsteuersätzen anzubieten. Doch Deutschland schießt quer.

https://p.dw.com/p/EXm5
Eine Kundin in einem Dresdner Friseursalon bekommt die Haare geschnitten
Schnippeln zu ermäßigten Mehrwertsteuersätzen - macht es die EU möglich?Bild: picture-alliance/ dpa

Zur finanziellen Entlastung der Verbraucher hat die EU-Kommission am Montag (7.7.) eine Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen wie Renovierungen oder Fahrradreparaturen vorgeschlagen. Auch für Bauarbeiten, im Gaststättengewerbe und bei Pflegediensten sollten die EU-Staaten die Möglichkeit einer Mehrwertsteuersenkung in Betracht ziehen, empfahl der zuständige EU-Kommissar Laszlo Kovács in Brüssel. Durch diesen Wettbewerbsvorteil könnten Kleinbetriebe mehr Aufträge erhalten.

Für mehr Einheit und weniger Gestrüpp

Kasse mit Euro-Scheinen und Münzen
Niedrigere Mehrwertsteuersätze könnten die Umsätze ankurbeln. Dann bliebe auch den Kleinunternehmen selbst mehr in der KasseBild: picture-alliance / ZB

Nach dem EU-Rechtsrahmen muss die Mehrwertsteuer mindestens 15 Prozent betragen. Bislang gibt es aber in 18 der 27 EU-Länder einen Steuernachlass auf arbeitsintensive Dienstleistungen wie Reparaturen, Renovierungs- und Reinigungsarbeiten, Pflegedienste sowie die Angebote von Friseurgeschäften und Kosmetikstudios. Für diese gilt nur ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz zwischen fünf und 15 Prozent.

Mit der neuen Richtlinie verfolgt die EU-Kommission daher auch das Ziel, das Gestrüpp der vielen nationalen Abweichungen etwas zu lichten. "Es gibt keinen Grund dafür, weshalb beispielsweise auf Dienstleistungen im Gaststättengewerbe in der Hälfte der EU ermäßigte Mehrwertsteuer angewandt werden, in der anderen Hälfte aber nicht", sagte EU-Steuerkommissar Kovács.

Die Uhr tickt

Die Mehrwertsteuernachlässe sind nur im Rahmen von Ausnahmeregelungen möglich. Diese sind jedoch bis 2010 befristet sind. Wird die EU-Richtlinie jetzt nicht geändert, müssten diese Steuernachlässe also in zwei Jahren abgeschafft werden.

Das käme denjenigen Mitgliedsländern ganz gut zupass, die bislang keine derartigen Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen und denen die ermäßigten Mehrwertsteuersätze in den Nachbarländern ein Dorn im Auge sind. So sind vor allem Deutschland und Österreich dagegen, noch mehr nationale Wahlrechte bei der Mehrwertsteuer zuzulassen.

Deutschland schießt quer

Angela Merkel
Ob Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr Okay zu den EU-Vorschlägen geben wird?Bild: picture-alliance/ dpa

Der Steuernachlass würde nicht an den Verbraucher weitergegeben, und von einer Harmonisierung der Steuern würde die EU sich noch weiter wegbewegen, lautet etwa die deutsche Kritik. Denn wenn Frankreich etwa seine schon lange gewünschte Ermäßigung für Restaurants einführe, gerieten die Nachbarländer unter Druck, dem Beispiel zu folgen.

Die ablehnende Haltung der beiden Mitgliedsländer ist ein großes Problem für die EU-Kommission. Schließlich kann die Richtlinie zur Mehrwertsteuer nur einstimmig geändert werden. EU-Industriekommissar Günter Verheugen hatte die ablehnende Haltung Berlins bereits im Vorfeld als "steuerdogmatisch" kritisiert.

Noch mehr Steuernachlässe in der Planung?

Unterdessen prüft die EU-Kommission zurzeit auch noch die Einführung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für besonders energieeffiziente Geräte und Materialien. Eine Antwort auf entsprechende Forderungen des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und des britischen Premierministers Gordon Brown sei im Herbst zu erwarten, erklärte Steuerkommissar Kovács.

Angesichts des dramatischen Preisanstiegs bei Benzin und Diesel prüft die EU darüber hinaus auch ein Einfrieren der Mehrwertsteuer auf Ölprodukte. Wie schon im Falle der arbeitsintensiven Dienstleistungen dürfte sich eine Einigung hier äußerst schwierig gestalten. Für den Vorschlag hatte sich vor allem Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ausgesprochen, während sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso deutliche Vorbehalte formuliert hatten. (ag)