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EU muss alte Fehler bereinigen

24. Juni 2011

Im Ringen um eine Rettung Griechenlands haben die Verantwortlichen innerhalb der Europäischen Union nicht wirklich eine Wahl, meint Christoph Hasselbach aus Brüssel.

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Bild: DW

Das Dumme ist: Die EU ist bei Griechenland zum Erfolg verdammt. Drohungen, das Land zur Not einfach in die Pleite rutschen zu lassen, wenn das Parlament oder die Bevölkerung nicht mitspielen, sind hohl. Investoren würden sofort auch anderen schwachen Staaten kein Geld mehr leihen. Bald wären auch sie bankrott. Europäische Großbanken kämen in Bedrängnis. Die wirtschaftlichen Verwerfungen wären schnell unkontrollierbar. Gar nicht zu reden von den politischen Folgen: Das gesamte Projekt der europäischen Integration wäre um Jahre zurückgeworfen, wenn nicht beerdigt. Alle würden dann verlieren, die Nehmer- wie die Geberländer und zuallererst die Exportnation Deutschland.

Nur Sparen allein reicht nicht

Christoph Hasselbach (Foto: DW)
Christoph Hasselbach

Also noch mehr Geld für Griechenland? Ja, zunächst schon. Aber damit die Hilfe nicht in einem Fass ohne Boden verschwindet, muss man dem Land vor allem eine klare Wachstumsperspektive geben: Allein durch Sparen, ohne Wachstum kann kein Land Kredite zurückzahlen. Und entscheidend ist auch die Psychologie: Die Menschen müssen sehen können, dass sich die jahrelangen Anstrengungen lohnen, nicht nur für ausländische Banken, sondern auch für sie selbst. Wer jetzt schwadroniert, "die Griechen" hätten sich durch ein allzu sorgloses Leben selbst in die Krise hineingeritten, macht es sich nicht nur zu einfach, er verkennt auch die Sprengkraft, die sich überall in Europa angesammelt hat. Viele Leute, und vor allem die jungen, sagen, sie müssten die Fehler anderer ausbaden, die Fehler der Banker und Politiker. Auf der einen Seite werden die kleinen Renten noch ein bisschen kleiner, auf der anderen werden schon wieder immense Boni gezahlt.

Die Versäumnisse anderer ausbaden

Die EU muss jetzt spät, aber hoffentlich nicht zu spät, die Fehler der Vergangenheit bereinigen: Die Staaten müssen sich frühzeitig gegenseitig in die Haushaltsbücher schauen, zu hohe Defizite erkennen und abbauen, Unterschiede im Wettbewerb bekämpfen, den Bankensektor stärker kontrollieren. Für all das ist mehr Europa erforderlich. Und das ist das Fatale: Im gegenwärtigen Klima wächst überall das Gegenteil, nämlich der Nationalismus. Viele Deutsche, Niederländer, Finnen und andere wollen nicht für andere zahlen, und Griechen, Spanier und Portugiesen sich nicht unter Kuratel stellen lassen. Dabei sind alle voneinander abhängig. Die Flucht ins Nationale wäre der große Trugschluss aus dieser Krise. Zieht die EU die richtigen Konsequenzen, wird sie gestärkt aus ihr hervorgehen. Und sie würde einen wichtigen Integrationsschub erleben, der ohne Krise undenkbar wäre.

Autor: Christoph Hasselbach (Brüssel)
Redaktion: Marko Langer