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Transatlantischer Graben

19. Mai 2010

Beim EU-Lateinamerika-Gipfel in Madrid suchten die Teilnehmer eine strategische Partnerschaft. Dabei traten die transatlantischen Unterschiede mehr zutage, als beiden Seiten lieb war.

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Der spanische Ministerpräsident José Luis Zapatero gibt dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales beim Gipfel die Hand (Foto: AP)
Spaniens Ministerpräsident Zapatero und der bolivianische Präsident MoralesBild: AP

Die Vertreter der europäischen Seite wurden in Madrid nicht müde, die Vorteile einer engeren Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika zu preisen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sieht darin auch einen Weg, um gemeinsam aus der Wirtschaftskrise herauszukommen. "Dieser Gipfel hat den Nutzen regionaler Integration gezeigt. Die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika ist eine reife Partnerschaft."

Allerdings längst nicht so reif, dass sie sich nicht noch wesentlich verbessern ließe. Zwar haben die EU und Lateinamerika mehrere Abkommen geschlossen, die vor allem den gegenseitigen Handel fördern sollen. Aber es gibt auf beiden Seiten auch Hemmnisse einer tieferen Zusammenarbeit. Argentinien beispielsweise beklagt protektionistische Tendenzen in Europa.

"Wir sind die wahren Verteidiger der Demokratie"

Der peruanische Präsident Alan García spricht bei einer Pressekonferenz während des Madrider Gipfels (Foto: AP)
'Besserer Investitionsstandort als Asien oder Nordamerika": Perus Präsident Alan GarcíaBild: Mirra Banchon

Geht es nach dem peruanischen Präsidenten Alan García, dann hat Europa den Wert des Kontinents noch nicht richtig erkannt. "Lateinamerika präsentiert sich als gesunder, nachhaltiger Investitionsstandort und Partner Europas. Es hat Europa mehr zu bieten als Asien oder Nordamerika." Hier dürfte wohl noch viel Überzeugungsarbeit nötig sein.

Und Lateinamerika ist kein einheitlicher Block. Sehr zurückhaltend sind europäische Unternehmer vor allem im Umgang mit einigen der linksgerichteten Präsidenten, sei es Hugo Chávez in Venezuela, Evo Morales in Bolivien oder Rafel Correa in Ecuador. Alle drei haben den Einfluss ausländischer Konzerne in ihren Ländern stark zurückgedrängt und ganze Wirtschaftszweige verstaatlicht. Morales sagte in Madrid, seine Verstaatlichungspolitik sei "nicht verhandelbar".

Kritik wies er zurück. "Einige Präsidenten Lateinamerikas, zum Beispiel Chávez oder Correa, wir werden vom US-Außenministerium beschuldigt, wir seien autoritär, totalitär, wir seien Diktatoren. Aber wir sind die großen Verteidiger der Demokratie."

Gipfel-Teilnehmer Gruppenbild (Foto: ap)
Die Bilanz des Gipfels ist gemischtBild: AP

Morales stellt die Systemfrage

Morales zeigte auch mit dem Finger auf Europa. Er erwähnte Medienberichte, wonach die konservative spanische Volkspartei einen Putschversuch gegen ihn finanziert habe. Der spanische Ministerpräsident José Luis Zapatero, selbst Sozialist, entgegnete, er sei sich sicher, dass die Volkspartei "die demokratischen Werte achtet".

Dennoch nutzte Morales seinen Auftritt in Madrid zur Grundsatzdebatte, in welchem System eine demokratische Teilhabe besser gewährleistet sei: in einem "ausufernden Kapitalismus" oder in einem System, wo "Trinkwasser und Licht Grundrechte sind".

Morales (Foto: ap)
Ein Freund der Grundsatzdebatte: MoralesBild: Mirra Banchon

Morales ist ein extremer Fall. Aber angesichts der zum Teil tiefen Meinungsunterschiede zwischen der EU und einzelnen lateinamerikanischen Ländern scheinen die Lobpreisungen einer strategischen Partnerschaft ein wenig übertrieben. Es ist weniger eine natürliche Nähe als vor allem die Wirtschaftskrise, die beide Seiten näher zusammenführt.

Autor: Christoph Hasselbach

Redaktion: Anna Kuhn-Osius