Rezession in EU noch tiefer als zunächst erwartet | Wirtschaft | DW | 07.07.2020
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Konjunkturprognose

Rezession in EU noch tiefer als zunächst erwartet

Die EU erlebe die größte Wirtschaftskrise ihrer Geschichte. Das war die Prognose der EU-Kommission im Mai. Nach ihrer neuesten Prognose könnte es aber noch schlimmer werden als im Frühjahr gedacht.

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft in der EU in eine Rezession gestürzt. Die Prognosen für 2020 wurden korrigiert. Symbolbild Schiff im Hafen hinter Stacheldraht

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft in der EU in eine Rezession gestürzt. Die Prognosen für 2020 wurden korrigiert.

Die Rezession wegen der Corona-Pandemie wird nach der neuesten Prognose der EU-Kommission in diesem Jahr noch stärker ausfallen als im Mai angenommen. Die Wirtschaftsleistung in der Eurozone könnte demnach 2020 um 8,7 Prozent einbrechen, in der Europäischen Union als Ganzes um 8,3 Prozent, wie die Brüsseler Behörde am

Dienstag mitteilte. Sie sieht aber auch erste Anzeichen, dass der Tiefpunkt durchschritten sein könnte und es nun aufwärts geht.

Im Mai war die Kommission noch von einem Minus von 7,7 Prozent für die 19 Staaten der Eurozone und 7,4 Prozent für die gesamte EU ausgegangen. Die Verschlechterung der Prognose begründete die Kommission damit, dass die Aufhebung der Corona-Auflagen in kleineren Schritten vorangehe als damals angenommen.

"Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdown sind ernster, als wir das ursprünglich erwartet haben", erklärte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. "Wir navigieren immer noch in stürmischer See und stehen vor vielen Risiken, darunter eine weitere große Infektionswelle."

Lokale Coronavirus-Ausbrüche wie bei der Großschlachterei Tönnies könnten den Infektionsgeschehen neu anheizen

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Langsamere Erholung in 2021

Auch die Erholung im kommenden Jahr werde etwas weniger robust ausfallen als gedacht. So prognostiziert die Kommission jetzt für 2021 in der Eurozone 6,1 Prozent Wachstum, für die EU als Ganzes 5,8 Prozent. Im Mai hatte sie Werte von 6,3 Prozent und 6,1 Prozent vorausgesagt.

Schon im ersten Quartal seien die Auswirkungen der Pandemie erheblich gewesen, obwohl die meisten Staaten erst Mitte März Ausgangsbeschränkungen verhängt hätten. Die galten dann aber etliche Woche, wodurch der Rückgang der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal 2020 noch größer als im Vorquartal gewesen sei.

EU-Mitgliedsländer unterschiedlich schwer getroffen

Erste Daten für Mai und Juni deuteten aber darauf hin, dass das Schlimmste nun vorbei sein könnte. Es werde erwartet, dass die Erholung im zweiten Halbjahr an Fahrt gewinne. Doch werde sie noch nicht vollständig sein und in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich ausfallen. Auch der Pandemie-Schock treffe die EU-Staaten in unterschiedlichem Ausmaß.

Dies zeigt sich auch in den Prognosen für die BIP-Entwicklung in den einzelnen Mitgliedsländern. Während die deutsche Wirtschaft dieses Jahr 'nur' um 6,3 Prozent schrumpfen dürfte, sieht Brüssel für die drei weiteren Schwergewichte der Euro-Zone zweistellige Minus-Werte beim BIP voraus: für Frankreich minus 10,6 Prozent, für Spanien minus 10,9 Prozent und für Italien sogar minus 11,2 Prozent.

Länder wie Italien und Spanien leiden sehr darunter, dass der Tourismus nicht mehr so läuft wie in normalen Zeiten. Kellner zwischen leeren Tischen eines Restaurants auf dme Markusplatz in Venedig, Italien

Länder wie Italien und Spanien leiden sehr darunter, dass der Tourismus nicht mehr so läuft wie in normalen Zeiten

Nächstes Jahr sollen sich diese Staaten konjunkturell dann wieder stabilisieren und Wachstumsraten zwischen 6,1 Prozent (Italien) und 7,6 Prozent (Frankreich) erreichen. Da das Konjunkturtal in Deutschland dieses Jahr voraussichtlich nicht so tief ausfallen dürfte wie in den Südländern, wird auch die Erholung laut Brüsseler Prognose wohl weniger ausgeprägt sein: Die Kommission sagt für 2021 ein Plus beim deutschen BIP von 5,3 Prozent voraus.

Weitere Risiken bedrohen die Wirtschaft

Nicht nur, dass die Prognose sich verschlechtert hat, zudem weist die EU-Kommission darauf hin, dass sie von großer Unsicherheit geprägt sei - und die Risiken überwögen. So habe man zugrunde gelegt, dass es keine zweite Corona-Infektionswelle komme. Umfang und Dauer der Pandemie seien jedoch weitgehend unbekannt. Es gebe erhebliche Risiken, dass die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt länger als erwartet seien und dass Liquiditätsprobleme bei vielen Firmen zu Solvenzproblemen führten.

Auch Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte sieht die Kommission, ebenso wie die Gefahr, dass sich die EU-Staaten bei nationalen Krisenmaßnahmen nicht genug koordinieren.

Ein weiteres Risiko: Sollten die Handelsgespräche mit Großbritannien scheitern, könnte das die Wachstumsaussichten dämpfen, vor allem im Vereinigten Königreich. Da die Handelsbeziehungen ab 2021 noch nicht klar seien, sei für die Prognose aus technischen Gründen angenommen worden, dass alles so bleibe wie bisher.

iw/ul (dpa, rtr, afp)

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