1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

250.000 Euro pro verweigerten Flüchtling

4. Mai 2016

Über eine Million Migranten sind im letzten Jahr in die EU gekommen. Um Länder wie Griechenland und Italien zu entlasten, schlägt die EU-Kommission ein neues Asylsystem vor. Wer keine Flüchtlinge aufnimmt, soll zahlen.

https://p.dw.com/p/1Ihfg
Griechenland Mazedonien Idomeni Flüchtlinge Transfer Bus Mann hält Baby auf dem Arm (Foto: Reuters/A. Konstantinidis)
Bild: Reuters/A.Konstantinidis

Die EU-Kommission will das europäische Asylsystem umbauen und dabei verstärkt auf Solidarität setzen. Mitgliedsländer mit einer Außengrenze, in denen viele Menschen Schutz suchen, sollen stärker entlastet werden. Die Länder, die sich einer Umverteilung der Menschen entziehen, werden zur Kasse gebeten. Das sehen Vorschläge für eine Reform der sogenannten Dublin-Regeln der Brüsseler Behörde vor.

Die Grundregel des Dublin-Systems soll erhalten bleiben. Das bisherige System sieht vor, dass Flüchtlinge ihren Antrag auf Schutz in dem Mitgliedsland stellen müssen, wo sie zuerst den Boden der EU betreten haben. Länder mit einer EU-Außengrenze wie Italien oder Griechenland sind damit einer besonderen Belastung ausgesetzt und haben in der Flüchtlingskrise die mangelnde Solidarität vieler anderer Mitgliedsländer beklagt. Die EU-Kommission will das Dublin-Prinzip zwar grundsätzlich erhalten, schlägt aber einen "Fairness-Mechanismus" vor.

Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft entscheidet

Dieser Mechanismus soll greifen, wenn ein Land in kurzer Zeit mit einer hohen Zahl an ankommenden Migranten konfrontiert wird und diese Belastung nicht mehr allein stemmen kann. Wann diese Belastungsgrenze erreicht ist, soll sich zu 50 Prozent nach der Bevölkerungszahl und zu 50 Prozent nach der Wirtschaftskraft des Landes richten. Wenn der Richtwert eines Landes innerhalb von zwölf Monaten um mehr als die Hälfte überschritten wird, würden neue Asylbewerber künftig an andere europäische Staaten weitergeleitet. In dem Fall sollen Flüchtlinge so lange auf andere EU-Staaten verteilt werden - wiederum aufgeschlüsselt nach deren Referenzwert aus Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft - bis das betroffene Mitgliedsland ausreichend entlastet ist.

Berücksichtigt wird zudem, wie viele Flüchtlinge ein EU-Staat bereits direkt aus einem Drittland - zum Beispiel Syrer aus der Türkei - aufgenommen hat. Damit will die EU-Kommission die Mitgliedsländer ermuntern, mehr Möglichkeiten für eine legale Einreise von Schutzbedürftigen in die EU zu schaffen.

250.000 Euro pro verweigerten Flüchtling

Staaten können sich aus diesem System ausklinken. Dann müssten sie aber Ländern, die daran teilnehmen, 250.000 Euro pro Flüchtling zahlen, den es laut Referenzwert hätte aufnehmen müssen. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssten der Neuregelung zustimmen. Tschechien machte bereits deutlich, dass es die Vorschläge ablehnt. Auch der polnische Innenminister Blaszczak lehnt eine solche Quotenregelung ab. Ungarn fand deutliche Worte und bezeichnete die Pläne der EU als "Erpressung". Der Vorschlag sei "unzumutbar" und "uneuropäisch", sagte Außenminister Peter Szijjarto nach einem Treffen der Außenminister der Visegrad-Gruppe in Prag.

Flüchtlinge sollen sich in dem System nicht aussuchen können, in welchem EU-Mitgliedsland sie Schutz erhalten. Falls ein "erhebliches" Risiko besteht, dass sich ein Migrant der Entsendung in ein bestimmtes EU-Land entziehen will, soll er für bis zu vier Wochen inhaftiert werden können. Auch bei der Weigerung, sich Fingerabdrücke abnehmen zu lassen, soll Haft "als letztes Mittel" möglich sein.

Das Recht zur Familienzusammenführung soll gestärkt werden und sowohl für Geschwister als auch für Familien gelten, die in Transitländern gegründet wurden. Damit soll verhindert werden, dass sich Angehörige in die Hände von Schleppern begeben, um zu ihren Verwandten in der EU zu gelangen.

Ausnahmen für einige EU-Staaten

Großbritannien, Irland und Dänemark müssen sich nach geltendem EU-Recht nicht an dem "Notfall-Mechanismus" beteiligen. Sie können entscheiden, ob sie sich dem Mechanismus anschließen werden. Die anderen 25 EU-Staaten sind mit im Boot. Auch die Nicht-EU-Mitglieder des Schengen-Raums - Island, Schweiz, Norwegen und Liechtenstein - sind ausgenommen. Sollte der "Notfall-Mechanismus" die Zustimmung von Mitgliedsländern und EU-Parlament finden, erwägt die EU-Kommission die Rücknahme ihres Vorschlags für einen permanenten Verteilungsschlüssel von Flüchtlingen. Dieser Plan vom September war in vielen osteuropäischen Staaten sowie Frankreich auf heftigen Widerstand gestoßen.

Im Rahmen der Dublin-Reform soll zudem der Datenaustausch zwischen den EU-Behörden verbessert und das EU-Asylbüro EASO zu einer EU-Agentur mit mehr Kompetenzen ausgebaut werden.

pab/djo (AFP, dpa, epd)