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Telefonieren wie daheim

21. September 2016

Lange Handy-Telefonate aus der Strandliege in Griechenland oder Portugal? Soll ab Juni 2017 ohne Zusatzkosten möglich sein. Allerdings will die EU-Kommission Missbrauch unterbinden.

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Polen Frau telefoniert am Strand
Eine Urlauberin am polnischen Ostseestrand telefoniert mit ihrem Handy.Bild: picture-alliance/dpa/D. Naupold

Die EU-Kommission justiert ihre Pläne für die Abschaffung der Handy-Roaming-Gebühren nach. Handynutzer sollen nach einem überarbeiteten Vorschlag der Kommission ab Mitte 2017 doch ohne zeitliche Begrenzung kostenfreies Roaming im EU-Ausland nutzen können. "Wir haben entschieden, dass es keine täglichen Begrenzungen geben soll", sagte der zuständige EU-Kommissar Andrus Ansip in Brüssel. Stattdessen solle jeder Nutzer "wie daheim" Roaming nutzen können, also ohne Zusatzkosten.

Grundsätzlich gilt: Wer mit einer Sim-Karte aus einem EU-Land in ein anderes fährt, soll beim Telefonieren und Surfen nicht mehr zahlen als zuhause. Eine zeitliche Befristung und eine Obergrenze bei den genutzten Leistungen soll es nicht geben. Das heißt, auch wenn man mit einem deutschen Handyvertrag monatelang in Brüssel oder Budapest wohnt, arbeitet oder studiert, zahlt man für Telefonate, SMS oder Internetnutzung nur die vertraglich vereinbarten Gebühren wie in Bremen oder Bottrop.

Gegen Missbrauch: klare Auflagen zum Wohnort

Allerdings müsse Missbrauch verhindert werden können – zum Beispiel, wenn sich Nutzer eine günstige Sim-Karte im Ausland besorgen, um sie dauerhaft zuhause zu nutzen. "Wir werden die Tagesnutzung nicht begrenzen, haben uns aber entschieden, klare Auflagen in Hinsicht auf den Wohnort zu machen", sagte EU-Kommissar Ansip.

Die EU-Kommission hatte die Aufschläge für Telefonate im Ausland in den vorigen zehn Jahren bereits um 90 Prozent gekappt – zum großen Missfallen der Mobilfunknetzbetreiber. Für die war das Geschäft lange Zeit eine sprudelnde Geldquelle, da der Mehraufwand für die Abrechnung von Gesprächen von Ausländern auf dem eigenen Netz minimal ist. Mittlerweile bieten alle Mobilfunkkonzerne gegen Aufpreis Zusatzoptionen für die Handynutzung im EU-Ausland an. Damit wollen sie dem beschlossenen Ende der Gebühren zuvorkommen.

Angst der Telefongesellschaften vor geizigen Kunden

Hintergrund des neuen Vorschlags sind Warnungen von Vodafone, der Deutschen Telekom und Co. Sie fürchten, dass mit Wegfall der Roaming-Aufschläge geizige Kunden auf die Idee kommen, sich im Ausland eine Sim-Karte zu besorgen. Mit der dort erstandenen Sim-Karte könnten Nutzer dann unbegrenzt im Heimatland telefonieren. Der Kauf lohnt sich, da die Gebühren in den meisten Ländern wesentlich günstiger sind als in Deutschland. Um einem solchen Missbrauch den Riegel vorzuschieben, wollte die Kommission Roaming ohne Zusatzgebühren ursprünglich nur für 90 Tage im Jahr und lediglich 30 Tage am Stück zu erlauben. Verbraucherschützer hatten diese Fristen als zu kurz kritisiert.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ruderte deshalb vor anderthalb Wochen zurück und legte nun den neuen Entwurf vor. Demnach sollen Mobilfunkanbieter überwachen können, ob eine Sim-Karte hauptsächlich im Ausland oder zu Hause genutzt wird. Auch lange Pausen beim Einsatz von Sim-Karten könnten ein Hinweis auf Missbrauch sein. In den Fällen dürfen die Betreiber wieder Zuschläge verlangen. Der Roaming-Vorstoß ist Teil eines großen Projekts der Kommission zur Neuregelung der Telefon- und Internet-Branche in der Union. Die soll damit im Vergleich zu den USA wettbewerbsfähiger gemacht werden.

Es handelt sich bei dem Vorstoß allerdings erst einmal um einen Vorschlag der EU-Kommission. Dazu sollen zunächst Anhörungen stattfinden: Experten sollen sagen, ob das alles so funktionieren kann. Eine Entscheidung muss bis 15. Dezember stehen, wenn die Neuregelung tatsächlich zum 15. Juni 2017 in Kraft treten soll.

mas/uh (dpa, rtr)