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EU will Ukraine stabiler machen

Bernd Riegert4. April 2014

Die Außenminister der EU haben sich zum Nachdenken versammelt. In Athen suchen sie Auswege aus der Krise mit Russland um die Zukunft der Ukraine. Neue Denkansätze in der angespannten Lage sind schwer.

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Das Konferenzzentrum Zappeion Megaron in Athen (Foto: Bernd Riegert/DW)
Bild: DW/Bernd Riegert

Das traditionelle informelle Treffen der EU-Außenminister wollte die griechische Ratspräsidentschaft eigentlich in einem Fünf-Sterne-Hotel direkt an der Küste auf einer malerischen Halbinsel vor den Toren Athens stattfinden lassen. Doch der Gastgeber, Evangelos Venizelos, befürchtete, dass die möglichen Bilder von entspannten Außenministern beim Planschen im Luxuspool wohl das falsche Signal an die von der Sparpolitik und Haushaltskonsolidierung gebeutelten Griechen gesendet hätte. Da die griechische Regierung mitten in der Wirtschaftskrise im Mai Kommunalwahlen zu bestehen hat, verlegte der griechische Minister das Treffen kurzerhand in ein Konferenzzentrum in der Innenstadt von Athen. Das "Megaron Zappeion"-Zentrum ist ja auch kein schnöder Zweckbau, sondern die klassizistische Kopie eines griechischen Tempels in einem Park unweit des Parlaments, wo regelmäßig gegen die Sparpolitik und die EU demonstriert wird. Nicht ganz so schön wie am Meer, aber die Atmosphäre war trotzdem locker. Der zu spät angereiste deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier legte sofort die Krawatte ab und scherzte auf der Freitreppe des Zappeion ausgelassen mit seinen Kollegen, die zum Teil leger gekleidet waren. Die meisten davon hatte Steinmeier erst vor drei Tagen beim Außenministertreffen der NATO in Brüssel gesehen.

EU drängt Russland zum Rückzug der Truppen von ukrainischer Grenze

Das Thema in Athen war das gleiche wie in Brüssel: Wie soll Europa weiter mit der Ukraine-Krise umgehen und die Beziehungen zu Russland gestalten? Die Auffassungen dazu sind in der Europäischen Union durchaus unterschiedlich. Das fängt schon bei der Analyse der derzeitigen Lage an. Der britische Außenminister William Hague warf Russland vor, durch seinen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine die Lage zu verschärfen und forderte einen Abzug. "Die Situation bleibt sehr gefährlich und spannungsgeladen durch die sehr große Zahl von russischen Truppen an der östlichen Grenze der Ukraine. Ein Abzug dieser Truppen wurde bislang nur vorgetäuscht", sagte der britische Ressortchef. Weitere Sanktionen gegen Russland seien im Moment nicht nötig, aber man müsse vorbereitet sein, mahnte Hague. "Wir haben bislang keine Deeskalation durch Russland erlebt. Deshalb kann sich Europa nicht zurücklehnen, sondern muss eine dritte Stufe von Sanktionen vorbereiten und dafür sorgen, dass wir weiter einig und stark antworten."

Steinmeier beim Treffen der EU-Außenminister in Athen (Foto: Bernd Riegert/DW)
Lockere Stimmung ohne Schlips: Außenminister Steinmeier beim Gruppenfoto (Mi.)Bild: DW/B. Riegert

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich ebenfalls dafür aus, dass Russland seine Truppen abziehen sollte, sah die Situation aber nicht ganz so düster: "Wir haben im Moment so etwas wie eine Atempause, in der sich der Spannungszustand nicht weiter zuspitzt. Diese Chance muss man eben nutzen, um die politische Situation zu stabilisieren und in Zukunft möglicherweise Verbesserungen zu erreichen." Mehr Sanktionen zu fordern, bringe nichts, ließ Steinmeier durchblicken. Durch öffentliche Erörterung dieser Fragen, werde Russland nicht kompromissbereiter. Frank-Walter Steinmeier will auf stille Diplomatie setzen, sagte er vor Reportern: "Politik erschöpft sich nicht in öffentlichen Statements, auch nicht Ihnen gegenüber, sondern Politik verlangt Gestaltung gerade in einer schwierigen Situation. Wir sind eben nicht über den Berg." Der griechische Außenminister Evangelos Venizelos sagte, die Gesprächskanäle nach Moskau sollten offen gehalten werden. Wer da wann mit wem Kontakt aufnehmen soll, wurde in Athen allerdings nicht klar. Von der russischen Regierung bekamen die Minister per Presseerklärung aus Moskau den Rat, sich daran zu gewöhnen, dass die Krim zu Russland gehöre.

Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Elmar Brok (CDU), war bei den Beratungen in Athen kurz dabei und appellierte an Russland, den Abzug von Truppen nicht anzukündigen, wenn dem keine Taten folgten. "Ich glaube, das führt ja nicht zur Glaubwürdigkeit Russlands in dieser Frage. Es ist wichtig, dass man das Zeichen setzt, dass der Rückzug stattfindet. Russland muss ein klares Zeichen geben, dass es nicht an der Destabilisierung der Ukraine arbeitet."

Österreich empfiehlt das Modell Österreich für die Ukraine

Der Außenminister von Österreich, der erst 27 Jahre alte Sebastian Kurz, sieht durchaus kleine Entspannungssignale aus Moskau, immerhin hätten die Russen ja einer OSZE-Mission in der Ukraine zugestimmt: "Das sind kleine Schritte, die besser sind als nichts." Österreich bietet der Ukraine eine Art Nachhilfe-Unterricht in der Frage an, wie man als neutraler Staat sicher leben kann. Österreich ist nicht Mitglied der NATO und hat keine fremden Truppen im eigenen Land. Kurz betonte aber, dass die Ukraine allein entscheiden müsse und könne, ob sie sich einem Bündnis anschließt oder nicht. Eine Aufnahme der Ukraine in die NATO würde aber eine Provokation für Russland darstellen, sagte der österreichische Minister. Mit dieser Auffassung ist er nicht allein. Die östlichen EU-Länder sähen die Ukraine lieber in der Allianz, die westlichen eher weniger. "Es gibt unterschiedliche Meinungen in der EU, auch je nachdem welche geschichtliche Prägung ein Land erlebt hat. Es gibt einige Staaten, die natürlich einen NATO-Beitritt positiver sehen würden und meinen, man müsse da nicht so viel Rücksicht auf Russland nehmen. Es gibt andere, wie auch Österreich, die eher der Meinung sind, dass es sinnvoll ist bei einer langfristigen Strategie auch immer alle Player mitzudenken."

Sebastian Kurz, neuer Außenminister Österreich (Foto: dpa)
Sebastian Kurz, Österreichs neuer AußenministerBild: picture alliance/dpa
Ernste Mienen beim Thema Russland: EU-Außenbeauftragte Ashton (li.) trägt vor, Steinmeier lauscht (Foto: Bernd Riegert/DW)
Ernste Mienen nach dem Familienfoto beim Thema Russland: EU-Außenbeauftragte Ashton (li.) trägt vor, Steinmeier lauschtBild: DW/B. Riegert

Hilfen für die Ukraine gegen Reformen

Der ukrainischen Regierung wollen die EU-Außenminister mehr Hilfe bei der Stabilisierung des Landes leisten, kündigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier an. "Europa wird nicht abseits stehen dürfen. Wir bereiten uns darauf vor, dass auch zusätzliche wirtschaftliche Lasten auf uns zukommen." Die EU hatte der Ukraine bereits elf Milliarden Euro an Hilfskrediten aus verschiedenen Töpfen in Aussicht gestellt. Der Internationale Währungsfonds in Washington hatte mit der Ukraine an den Kreditkonditionen für Finanzhilfen gearbeitet. Die sind auf gutem Weg, sagte der niederländische Außenminister Frans Timmermans in Athen: "Wir müssen uns das Programm des Internationalen Währungsfonds für die Ukraine sehr genau ansehen und unseren Teil zum Erfolg des Programms beitragen. Bei den Präsidentschaftswahlen im Mai können wir helfen, freie und faire Wahlen in der Ukraine zu garantieren." Für die Hilfen müsse natürlich auch die Ukraine etwas leisten, sagte Bundesaußenminister Steinmeier. Die Ukraine müsse entschlossen Korruption bekämpfen, glaubwürdige Verfassungsreformen umsetzen und aufklären, wer für die Todesschüsse auf Demonstranten und Sicherheitskräfte auf dem Kiewer Maidan-Platz im Februar verantwortlich war. Im Grunde sei eine so stabilisierte Ukraine auch im Interesse Russlands, gab Steinmeier zu bedenken: "Ich hoffe, dass es uns gelingt, Russland davon zu überzeugen, dass auch Russland kein Interesse daran haben kann, ein kollabierendes Staatswesen, die Ukraine, unmittelbar in seiner Nachbarschaft zu haben."