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Gewichtige Themen

Christoph Hasselbach 14. Dezember 2006

Die Türkei wird auch auf dem EU-Gipfel Thema sein. Doch dank der Vorab-Entscheidung der EU-Außenminister zu den Beitrittsverhandlungen mit Ankara bleibt Zeit für Fragen der inneren Sicherheit und Einwanderung.

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EU-Flagge in Brüssel
Beim Brüsseler Gipfel treffen sich die 25 Staats- und Regierungschefs der EUBild: AP
Gastgeber und finnischer Regierungschef Matti Vanhanen
Gastgeber und finnischer Regierungschef Matti VanhanenBild: AP

Hätten die EU-Außenminister nicht schon am Montag ihre Türkei-Entscheidung gefällt, hätte das Thema Türkei wohl den zweitägigen Gipfel ab Donnerstag (14.12.2006) in Brüssel total beherrscht und damit blockiert. Aber die Angelegenheit ist auch nach der schwierigen Einigung nicht vom Tisch und wird die EU wohl noch lange beschäftigen, weil es um Grundsätzliches geht. In acht von 35 Bereichen sollen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf Eis gelegt werden.

Gewisse Folgerungen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht jetzt ihre Forderung erfüllt, die sie schon eine Woche zuvor bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac formuliert hatte: "Ich hoffe, dass auch von der türkischen Seite gesehen wird, dass hier gar nicht von einer Verschärfung die Rede sein kann, sondern dass wir sagen: Es ist etwas, was wir erwartet haben, nicht passiert, das muss gewisse Folgerungen haben."

Erwartet hatte die EU, dass die Türkei, wie versprochen, die Zoll-Union auf die gesamte Union, also auch auf Zypern anwenden werde. Aber das würde indirekt eine Anerkennung des mehrheitlich griechischen EU-Mitglieds Zypern bedeuten und wäre nach Meinung von Beobachtern wenige Monate vor den Wahlen in der Türkei politischer Selbstmord für jede türkische Regierung.

Erdogan gibt sich enttäuscht

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach im Parlament in Ankara von einer unfairen Behandlung: "Leider wurde der Türkei trotz unseres guten Willens eine Ungerechtigkeit zugefügt. Diese Entscheidung steht nicht im Einklang mit den Dimensionen, die die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU erreicht haben." Es sei klar, so Erdogan weiter, dass den Beziehungen zwischen Brüssel und Ankara unter dem Vorwand Zypern Schaden zugefügt werde. "Die griechischen Zyprer und die Griechen profitieren von der Unlösbarkeit des Problems und verschaffen sich Vorteile."

Trotz der Enttäuschung hat aber die türkische Regierung angekündigt, mit dem Reformkurs Richtung EU-Fähigkeit fortzufahren. Viele EU-Regierungen dürften sich damit in ihrem Kurs bestätigt sehen. Denn niemand, auch die schärfsten Kritiker des türkischen Verhaltens nicht, wollen der Türkei die Tür vor der Nase zuschlagen und damit die Reformkräfte im Land schwächen.

Wie schnell und wie weit noch vergrößern?

Doch das grundsätzliche Problem für die EU bleibt, und der Gipfel dürfte sich damit auseinandersetzen: Angesichts einer EU-weiten Erweiterungsmüdigkeit stellen viele Europäer die Frage, wie weit und wie schnell sich die Union überhaupt noch ausdehnen soll, dies vor allem angesichts der ungeklärten Verfassungsfrage.

2007 sollen Rumänien und Bulgarien aufgenommen werden. Und Kroatien hat seine Beitrittsverhandlungen gleichzeitig mit der Türkei begonnen, die Türkei aber nach dem jüngsten Beschluss quasi überholt und macht sich Hoffnungen auf eine Mitgliedschaft im Jahr 2009.

Wie soll es weitergehen, im Inneren der EU und nach außen? Das sind Fragen, die die finnische Ratspräsidentschaft nach dem Gipfel vor allem an die deutsche übergeben wird, und Berlin bereitet sich schon intensiv darauf vor.