EU-Einigung: Das Recht auf Reparatur soll kommen
2. Februar 2024Auf EU-Ebene soll ein sogenanntes Recht auf Reparatur für Verbraucherinnen und Verbraucher eingeführt werden. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich in der Nacht zu Freitag darauf, dass Hersteller bestimmter Produkte wie Kühlschränke, Staubsauger und Handys diese künftig auf Wunsch reparieren müssen, wie die belgische Ratspräsidentschaft und der Verhandlungsführer des Europaparlaments, René Repasi (SPD), mitteilten. Es werde erstmals einen Rechtsanspruch auf Reparatur bei sogenannter weißer Ware - darunter fallen vor allem Haushaltsgeräte - und typischen Alltagsprodukten wie Smartphones eingeführt, sagte Repasi.
Repasi: Jährlich 35 Millionen Tonnen Elektromüll
Künftig werde es einfacher und günstiger, Produkte reparieren zu lassen, anstatt sie neu zu kaufen, so Repasi weiter. "Wir können es uns nicht mehr leisten, in einer Wegwerfgesellschaft zu leben." 35 Millionen Tonnen Müll produzierten die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher im Jahr, weil Produkte nicht repariert und durch Neuware ersetzt würden. Nach Schätzungen der EU-Kommission könnten die Europäer jährlich insgesamt rund zwölf Milliarden Euro sparen, wenn sie ihre Geräte anstelle eines Neukaufs reparieren lassen.
Die neuen Vorgaben gelten aber nicht für alle Produkte. So sind den Angaben zufolge manche Waren wie Kopfhörer und Möbel ausgenommen. Ein genauer Rechtstext wird in der Regel einige Wochen nach Einigung der Unterhändler veröffentlicht. Das Parlament und die EU-Staaten müssen dem Kompromiss noch zustimmen. In den meisten Fällen ist das reine Formsache.
Cavazzini: "Tüftlerinnen in Garagen" sollen profitieren
Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini, bezeichnete das Verhandlungsergebnis als Durchbruch für den Verbraucherschutz. "Die Reparatur wird einfacher und erschwinglicher, indem der Zugang zu Ersatzteilen zu einem angemessenen Preis und zu Reparaturanleitungen der Hersteller auch für kleine Repair-Shops um die Ecke und Tüftlerinnen in ihren Garagen garantiert wird", sagte die Grünen-Politikerin.
Die neue Regeln sollen auch dem Umweltschutz dienen. Die EU-Kommission argumentierte bei der Vorstellung des Vorhabens, weniger weggeworfene Produkte würden sowohl weniger Abfall als auch weniger Ressourcenverbrauch bei der Herstellung bedeuten. Somit entstünden auch weniger Treibhausgasemissionen. Auf Grundlage ihres Vorschlags schätzte die Kommission, dass im Verlauf von 15 Jahren 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen sowie 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen eingespart werden und drei Millionen Tonnen Abfall weniger anfallen.
Grundlage der Einigung ist ein Vorschlag, den die EU-Kommission vor knapp einem Jahr vorgelegt hatte. Das EU-Parlament tritt nach eigenen Angaben bereits seit mehr als zehn Jahren für ein Recht auf Reparatur ein. Mitte November hatte es mit großer Mehrheit für ein entsprechendes Gesetz votiert.
Reparaturbonus, Fachkräfte, bezahlbare Ersatzteile
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte damals die Pläne des Europaparlaments. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Geräte öfter reparieren, brauche es auch finanzielle Unterstützung. "Ein Reparaturbonus - als ein Zuschuss zu den Reparaturkosten - wäre ein wichtiger Schritt", erklärte der vzbv-Bundesverband. Einen solchen Reparaturbonus gibt es aktuell etwa im ostdeutschen Bundesland Thüringen.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erklärte, das Vorhaben könne nur erfolgreich sein, wenn Handwerksbetriebe ihre Reparaturtätigkeit weiter ausbauen könnten. Dafür bedürfe es nicht nur ausreichender Fachkräfte, Hersteller müssten auch dazu verpflichtet werden, Ersatzteile und Reparaturinformationen zu fairen Preisen bereitzustellen, betonte der Handwerksverband. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, noch in diesem Jahr ein Reparaturgesetz für Deutschland vorzulegen.
sti/se (afp, dpa, rtr)