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EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien liegen weiter auf Eis

28. April 2005

Am 26. April tagte die Task-Force der EU in Luxemburg. Dabei erneuerte ICTY-Chefanklägerin Carla del Ponte ihre Vorwürfe gegenüber Zagreb: Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Gotovina sei noch immer in Kroatien.

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Chefanklägerin del Ponte: Ihr Urteil hat weit reichende FolgenBild: AP

Die EU hatte im März die Ablehnung der Aufnahmeverhandlungen damit begründet, dass Kroatien nicht vollkommen mit dem UN-Kriegsverbrechtribunal in Den Haag zusammenarbeite. Damals wurde eine so genannte Task Force gegründet, die die weitere Entwicklung der Zusammenarbeit Kroatiens mit dem ICTY beurteilen soll. Mitglieder dieser Task Force sind die Außenminister der EU-Troika, also Jean Asselborn (Luxemburg), Jack Straw (Großbritannien) und Ursula Plassnik (Österreich) sowie der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn. Am 26. April traf sich die Gruppe mit ICTY-Chefanklägerin Carla del Ponte sowie mit der kroatischen Delegation unter Vorsitz von Ministerpräsident Ivo Sanader.

Aktivere Fahndung

"Kroatien arbeitet im Augenblick nicht mit dem ICTY zusammen" und "Gotovina ist in Kroatien". Dies ist die vernichtende Quintessenz dessen, was die ICTY-Chefanklägerin Carla del Ponte am 26. April in Luxemburg den Mitgliedern der Task Force mitteilte. Frau Del Ponte sagte in Luxemburg, sie zweifle daran, ob der kroatische Ministerpräsident vollkommen über den gesamten Fall Gotovina informiert sei. Sie räumte jedoch ein, dass Sanader nun aktiver nach dem einzigen noch flüchtigen kroatischen ICTY-Angeklagten fahnde.

Kroatiens Aktionsplan

Die einzige Neuigkeit zwischen Zagreb und Den Haag ist ein Sechs-Punkte-Aktionsplan Kroatiens, den Sander der Task Force vorstellte. Der Plan ist allerdings geheim. Ministerpräsident Sanader versprach, dass dieser Plan in den kommenden Wochen oder Monaten umgesetzt werden soll. Dies lässt wiederum Zweifel aufkommen, dass der Ministerpräsident tatsächlich davon überzeugt ist, dass die Aufnahmeverhandlungen im Juni beginnen werden. Stellt sich nun die berechtigte Frage, warum die kroatische Regierung erst Ende April den Aktionsplan vorlegt und es nicht bereits im Dezember getan hat, als die EU-Ratspräsidentschaft eine 100-prozentige Kooperation mit dem ICTY forderte.

Netzwerk zerschlagen

Aus diplomatischen Kreisen heißt es, in den Aktionsplan seien auch die Punkte enthalten, die die internationale Gemeinschaft bereits seit Monaten anmahnt. Vor allem wurde gefordert, dass das Netzwerk, das Gotovina unterstützt und schützt, zerschlagen wird. Del Ponte zufolge verbergen sich dahinter sowohl Einzelpersonen als auch staatliche Institutionen. Ferner wird gefordert, Säuberungen bei den Geheimdiensten durchzuführen und die kroatische Öffentlichkeit über die Rolle des ICTY besser zu informieren.

Nur eine offene Frage

Das Treffen der Task Force überschattete das erste Treffen der Stabilisierungs- und Assoziierungskommission am gleichen Tag. Dort betonte die EU die bisher erreichten Fortschritte Kroatiens, insbesondere im Bereich Flüchtlingsrückkehr sowie die volkswirtschaftliche Stabilität. Lediglich die Steuerkonsolidierung sollte künftig entschiedener umgesetzt werden. Olli Rehn räumte auch alle Zweifel aus, ob die EU-Beitrittsverhandlungen von der Aufnahme eines Stand-by-Arrangements mit dem IWF abhingen. Denn er sagte, die volkswirtschaftliche Stabilität sei ein wichtiges Element, aber keine Voraussetzung für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen. Also bleibt auch weiterhin nur eine offene Frage – wie und welchem Tempo gedenkt die Regierung in Zagreb die vollkommene Zusammenarbeit mit dem ICTY umzusetzen.

Alen Legovic, zurzeit Luxemburg
DW-RADIO/Kroatisch, 27.4.2005, Fokus Ost-Südost