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Ethanol als Treibstoff immer beliebter

Monika Lohmüller1. August 2006

Zucker erfreut sich einer regen Nachfrage. Der süße Stoff landet nicht nur als Nahrungsmittel auf dem Markt: Aus Zuckerrohr und Zuckerrüben lässt sich auch Ethanol gewinnen - und Ethanol kann als Benzinersatz dienen.

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Aus Zuckerrüben kann man Ethanol gewinnenBild: dpa - Bildarchiv

Der Tank ist voll, das Portemonnaie ist leer. Täglich, und vor allem in der Reisezeit, schmerzen die Autofahrer die hohen Benzinpreise. Zwischen 50 und 60 Euro für die Tankfüllung eines Mittelklassewagens, das ist in Deutschland derzeit die Regel. Denn die meisten Motoren schlucken eben nach wie vor Benzin oder Diesel - und beides ist teuer.

Doch seitdem der Ölpreis dauerhaft die 70-Dollar-Marke pro Barrel knackt, machen sich auch immer mehr deutsche Unternehmen für das "Ethanol-Experiment" stark. In diesen Markt investiert zunehmend auch die Südzucker AG. Europas Marktführer produziert in seinen Anlagen jährlich 260.000 Kubikmeter Bioethanol. Insgesamt werden derzeit in Europa rund drei Millionen Kubikmeter hergestellt. Das hört sich recht viel an, ist aber nach Ansicht des Marketingdirektors von Südzucker, Lutz Guderjahn, im Vergleich zu den USA oder gar Brasilien eher gering: "Dort ist ein Produkt, das sie an der Zapfsäule tanken, nämlich Benzin, per se schon versetzt mit circa 20 bis 25 Prozent Ethanol, ohne dass das großartig gekennzeichnet ist. Darüber hinaus können brasilianische Autofahrer Ethanol auch in Reinform tanken. In den USA werden dem Benzin in vielen Bundesstaaten bereits 10 Prozent Ethanol beigesetzt", erklärt Guderjahn. Diese Beimischquoten seien in Europa zur Zeit noch deutlich geringer. Zum einen sei die Biokraftstoffverwendung doch noch über die vorhandenen Normen stark limitiert.

Renaissance der Überlegungen

Bis 2010, so ein Beschluss der Europäischen Union, sollen Treibstoffe zu 5,75 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Was die Automobilhersteller angeht, so bieten sie bereits Modelle an, die problemlos verschiedene Kraftstoffe schlucken. Aber es gibt bei weitem noch nicht genügend Tankstellen, wo Biosprit oder auch Biodiesel, der aus Teilen der Rapspflanze besteht, angeboten werden.

Auch hier lohnt sich der Blick über den Großen Teich: Die Brasilianer packen bereits seit Jahren Zucker in den Tank. Mehr als 70 Prozent der verkauften Neufahrzeuge, darunter auch die von Volkswagen, sind mit so genannten Flexi-Fuel-Motoren ausgestattet. Sie fahren mit Benzin, einem Gemisch aus Ethanol und Benzin oder einfach nur mit Ethanol. Brasilien habe rasch auf die Ölkrise in den 70er Jahren reagiert, sagt Guderjahn.

In Brasilien habe man sehr umfangreiche Programme gestartet: zum Beispiel das ‚Pro-Alkohol-Programm', das unter sehr starker staatlicher Förderung zum Aufbau eines entsprechenden Bio-Kraftstoff- oder Bio-Ethanol-Programms geführt habe. Ähnliche Überlegungen hätten seit den 1980er Jahren, aber insbesondere seit Anfang der 1990er Jahren in den USA solche Programme erwirkt. "Das haben wir in Europa aus meiner Sicht tatsächlich etwas verschlafen, ganz einfach auch deshalb, weil der Ölpreis wieder deutlich gefallen ist und die Notwendigkeit so einfach nicht deutlich vor Augen geführt wurde", so Guderjahn. Das sei mittlerweile anders: „Was wir sehen, ist mittlerweile eine echte Renaissance der Überlegungen, die es eigentlich schon seit den 1970er Jahren gab."

Neue Wachstumsfelder

Und da will der Mannheimer Konzern nichts verpassen. Südzucker baut derzeit in Österreich eine Bioethanolanlage, in Frankreich und Ungarn wird die Produktion erweitert und in Belgien ist ebenfalls eine Raffinerie geplant. Die größte Produktionsanlage allerdings befindet sich im ostdeutschen Zeitz.

Rund 500 Millionen Euro will Südzucker in den nächsten Jahren in die neuen Wachstumsfelder investieren. Das liegt auch an der neuen EU-Zuckermarktverordnung. Sie zwingt nicht nur Landwirte, sondern auch die verarbeitende Industrie zum Umdenken. Danach wird der Garantiepreis für Zucker in den nächsten Jahren sinken, vor allem, um die bislang hoch subventionierte Überschussproduktion einzudämmen.