1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lohnerhöhungen

1. November 2010

Auch der Bürger solle vom Aufschwung profitieren, fordern die Gewerkschaften seit Monaten. Die Regierung weckte zumindest Hoffnungen darauf. Angesichts sprudelnder Gewinne werden jetzt Lohnerhöhungen vorgezogen.

https://p.dw.com/p/PvKa
Arbeiter zieht Muttern an einem Drehgestell eines Krans an (Foto:dpa/archiv)
Die Konjunktur brummt, die Gewinne sprudeln: Die Beschäftigten wollen ein größeres Stück vom KuchenBild: picture-alliance/dpa

Bosch war vorgeprescht und hatte andere seiner Sparte in Zugzwang gebracht: Als erstes deutsches Großunternehmen kündigten die Schwaben jüngst an, die für das kommende Jahr für Metaller tariflich vereinbarte Entgelterhöhung von 2,7 Prozent um zwei Monate auf den 1. Februar vorzuziehen. Vor allem im Umfeld der Automobilbranche könnte sich dieser Trend Bahn brechen.

Bosch und Audi machen die Vorreiter

Bosch-Werk in Reutlingen bei Nacht mit Firmenleuchtschrift (Foto:dpa/archiv)
Bei Bosch setzte sich die Idee der früheren Lohnerhöhungen zuerst durchBild: picture alliance / dpa

Laut Presseberichten denken auch andere Zulieferer angesichts des spürbaren Aufschwungs in der Kraftfahrzeugindustrie daran, vorgesehene Tariferhöhungen vorzuziehen oder etwa an Sonderzahlungen, so ElringKlinger, ZF Friedrichshafen und SKF Schweinfurt. Ähnlich wie Bosch verfährt die VW-Tochter Audi, möglicherweise auch Ford in Deutschland.

Hier soll in der Führung schon Einigkeit bestehen, den Mitarbeitern bereits im Februar 1,7 Prozent mehr von der vereinbarten Erhöhung auszuzahlen, verlautet aus Branchenkreisen. Verhandlungen über vorgezogene Tarifleistungen gibt es bei Porsche. Die IG Metall berichtet von Sondierungen in dieser Frage zum Beispiel bei mittelständischen Maschinenbauern.

IG Metall: Wir haben auch in der Krise geholfen

Die Industriegewerkschaft Metall hat die Gunst der Stunde erkannt und fordert die gesamte Metall- und Elektrobranche auf, dem Beispiel von Bosch, Audi und anderen auf breiter Front zu folgen.

IG Metall-Chef Huber am Telefon (Foto:DW/archiv)
Appellierte an die gesamte Metallbranche, Löhne rasch zu erhöhen: IG-Metall-Chef HuberBild: DW-TV

Es sei "ein Gebot der Fairness", die Arbeitnehmer am wirtschafltichen Erfolg zu beteiligen, sagte IG-Metall-Chef Berthold Huber der "Passauer Neuen Presse". Die Arbeitnehmer hätten schließlich auch mitgeholfen, dass die Betriebe "gut durch die Krise gekommen" seien. Er erwarte, dass die Mehrzahl der Metallbetriebe die höheren Löhne vorziehe, so Huber. "Die Beschäftigten müssen am Aufschwung teilhaben", sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Helga Schwitzer.

In der Berliner Regierungskoalition hatte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle von der FDP die Debatte über Lohnerhöhungen losgetreten. An den "fleißigen Menschen" in Deutschland dürfe der Aufschwung nicht vorbeigehen, wird er nicht müde zu wiederholen. Angesichts der wieder steigenden Wirtschaftsleistung müssten die "harten Einschnitte der Vergangenheit" nicht fortgesetzt werden. "Es läuft wieder besser, damit werden auch die Löhne deutlicher ansteigen", gab er sich jetzt im ZDF optimistisch.

Noch mehr Wachstum vorhergesagt

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits Zustimmung signalisiert, aber natürlich an die Tarifpartner zurückverwiesen. Die Bundesregierung hatte ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr kürzlich von 1,4 auf 3,4 Prozent mehr als verdoppelt. KfW-Bankengruppe und Ifo-Institut sagten dem deutschen Mittelstand am Montag einen wirtschaftlich "wahrhaft goldenen Oktober" voraus.

Ablehnend äußert sich weiterhin der Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Der Tarifvertrag sei "keine Einbahnstraße", warnte Präsident Martin Kannegiesser in der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag". Laut einer Umfrage schreibe derzeit jedes dritte Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie rote Zahlen oder allenfalls eine schwarze Null. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt meinte, Diskussionen um Lohnerhöhungen seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt überflüssig. Die Krise sei noch nicht überwunden.

Autor: Siegfried Scheithauer (rtr, afp, dpa, dapd)
Redaktion: Reinhard Kleber