Erste Cholera-Ansteckung in Haitis Hauptstadt
9. November 2010Wie die Leiterin eines medizinischen Untersuchungslabors mitteilte, hätten Tests ergeben, dass sich ein dreijähriger Junge in Port-au-Prince angesteckt habe. Von den drei Millionen Einwohnern von Port-au-Prince leben fast die Hälfte seit dem schweren Erdbeben im Januar in Zelten und Notunterkünften unter schlechten hygienischen Bedingungen. Dadurch wird die Ausbreitung der Cholera begünstigt.
Zahl der Cholera-Toten und -Infizierten steigt stetig
Die Zahl der Cholera-Toten sei auf mittlerweile 544 gestiegen, sagte Elisabeth Byrs, die Sprecherin der UN-Agentur für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) am Dienstag (09.11.2010) in Genf. Auch die Zahl der Infizierten habe sich auf rund 8140 erhöht. Zur Verschärfung der Lage habe auch der Hurrikan "Tomas" beigetragen. Mehr als 48.000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Fast siebentausend sind durch den Hurrikan obdachlos geworden.
Zudem gestaltet sich die Behandlung der Patienten schwierig. Wegen der Gefahr durch Hurrikan "Tomas" hatten die haitianischen Behörden zwei der insgesamt vier Cholera-Behandlungszentren wieder abbauen müssen. Weil daher nur noch rund 1000 Betten zur Behandlung von Cholera-Kranken zur Verfügung standen, hatte sich die Lage zugespitzt.
Mindestens 20 Tote durch Hurrikan "Tomas"
Hurrikan "Tomas" habe auf Haiti mehr als doppelt so viele Menschen das Leben gekostet als bislang bekannt, berichtete der Zivilschutz am Montag (08.11.2010). Zunächst war von acht Toten die Rede gewesen. Nun heißt es, dass mindestens 20 Menschen ums Leben kamen. Der Hurrikan richtete die größten Schäden im Bezirk Grand'Anse im Südwesten des Landes an. Nach Angaben der Behörden wurden landesweit mehr als 850 Häuser zerstört und 5000 weitere beschädigt. Am Montag war die Lage weiterhin angespannt. Viele Straßen waren überflutet oder durch Erdrutsche blockiert.
Artibonite Tal mit den meisten Ansteckungen
Der Fluss Artibonite gilt als einer der Verbreitungswege für die Cholera. Am Sonntag (07.11.2010) hatte er kurz vor dem Überlaufen gestanden. Um das zu verhindern haben Ingenieure Wasser durch einen Damm abgeleitet, teilten die Vereinten Nationen mit. Es sei trotzdem davon auszugehen, dass der Fluss überlaufen werde. Dadurch könnte sich die Gefahr von weiteren Neuinfektionen verstärken.
In der Region um den Fluss Artibonite war am 20. Oktober erstmals seit gut hundert Jahren die Cholera ausgebrochen. Bis dato galt sie in Haiti als ausgerottet. Allerdings hatte sich die hygienische Situation nach dem verheerenden Erdbeben im Januar dramatisch verschlechtert. Mehr als 220.000 Menschen waren dabei ums Lebens gekommen. Über eine Million Menschen wurden obdachlos und leben seitdem in riesigen Zeltlagern. In diesen Notunterkünften kann sich die hochansteckende Krankheit leicht ausbreiten. Sie überträgt sich durch Wasser und Nahrung, führt zu heftigem Durchfall und Erbrechen und kann innerhalb weniger Tage zum Tod führen.
Autor: Marco Müller (dpa, afp, ap)
Redaktion: Oliver Pieper