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Ermittlungen an Olympiastützpunkt

Joscha Weber (mit sid/dpa)26. Juni 2012

Vier Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele in London droht dem deutschen Spitzensport ein erneuter Dopingskandal. Ein weiterer Olympiastützpunkt ist ins Fadenkreuz der Ermittler geraten.

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Medikamente (Foto: Sven Bähren)
Der Sport und sein Dopingproblem: Wie glaubwürdig ist der Spitzensport?Bild: Fotolia/Sven Bähren

Wieder wird im Umfeld eines deutschen Olympiastützpunkts ermittelt. Nach dem immer noch offenen Fall des Erfurter Olympiastützpunkts, an dem ein Arzt Blut von Athleten mit einer verbotenen UV-Bestrahlung behandelt haben soll, wird nun auch am Olympiastützpunkt in Saarbrücken ein Verdacht der Dopingvergabe geprüft. Ein dort tätig gewesener Professor ist ins Visier der Münchner Staatsanwaltschaft geraten, die bei Ermittlungen gegen illegale Doping-Labore in Deutschland auf den Fall gestoßen ist. Neben der Staatsanwaltschaft hat auch die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) Nachforschungen aufgenommen.

"Die Spuren führen auch direkt zum Athleten"

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) ist der inzwischen vom Olympiastützpunkt suspendierte Mitarbeiter Kunde eines bereits verurteilten Doping-Dealers aus Bayern gewesen. "Wie haben tatsächlich Händler oder auch Labore gefunden, über die wir aus der Breitensportecke kommen, und von wo aus sich dann auch ein Weg in den Spitzensport darstellen lässt und abzeichnet", wird Oberstaatsanwalt Kai Gräber, Leiter der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft in München, vom BR zitiert. Er spricht sogar von Indizien zu verwickelten Sportlern. "Die Spuren führen sowohl zu medizinischen Abteilungen und zu medizinischem Personal im Spitzensport als auch direkt zum Athleten." Die Athleten seien direkte Abnehmer, so Gräber.

Der Beschuldigte arbeitete auch für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement und habe “in ausgewählten Sportarten Vorträge für Bundeskaderathleten und deren Trainer gehalten", bestätigte der Leiter des Saarbrückener Olympiastützpunktes Steffen Oberst. Zudem wurden vereinzelt Athleten in Ernährungsfragen individuell beraten. Dazu zählte unter anderen Freiwasserschwimmer Andreas Waschburger, der bereits für die Spiele von London qualifiziert ist. Er ließ sich gemeinsam mit seinem Trainer vom beschuldigten Professor beraten: "Wir wurden im Hinblick auf Ernährungsprotokolle beraten, inwieweit wir das optimieren können. Da wurde in keinster Weise illegal gehandelt." Auch Badmintonspieler Michael Fuchs bestätigte diese Version: "Er hat mich mit keinerlei Mitteln versorgt. Es ging nur um eine Ernährungsberatung." Insgesamt 18 Sportarten werden am Olympiastützpunkt in Saarbrücken gefördert.

Der Sitz der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) in Bonn. (Foto: Oliver Berg dpa/lnw)
Auch die NADA ermittelt bereits im Fall SaarbrückenBild: picture-alliance/dpa

"Mafiöse Strukturen"

Trotz der Beschwichtigungen aus Saarbrücken: Die NADA nimmt die Sache ernst und hat bereits die eigene Task Force auf den Fall angesetzt. "Die NADA steht in Kontakt mit dem DOSB, der Staatsanwaltschaft München sowie dem Olympiastützpunkt", sagte NADA-Sprecher Berthold Mertes. Aus der deutschen Sportpolitik kamen zum aktuellen Fall sehr unterschiedliche Reaktionen: Während der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Michael Vesper vor voreiligen Urteilen warnte, fand die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag deutliche Worte. "Mafiöse Strukturen" existieren in Spitzen- und Breitensport. Freitag kündigte an, dass sich der Sportausschuss des Bundestages mit den Strukturen der Olympiastützpunkte beschäftigen werde. Ganz gleich, wie die Affären um die Stützpunkte Erfurt und Saarbrücken ausgehen werden – eine ruhige Olympiavorbereitung sieht anders aus.