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Nur kein Risiko eingehen

24. Juni 2010

Kanada ist das Banken-Musterland. Hier musste die Regierung während der Finanzkrise keine Bank mit Milliardensummen retten. Deswegen lehnen die Kanadier eine Bankenabgabe ab.

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Blick auf die Skyline von Toronto (Foto: dpa)
Der G20-Gipfel findet am kommenden Wochenende in Toronto stattBild: dpa

Die Kanadier sind stolz auf ihre Banken. Und sie vertrauen ihnen. Dazu haben sie auch allen Grund. Auch im jüngsten Bericht des Weltwirtschaftsforums stehen Kanadas Banken weltweit an erster Stelle, wenn es zum Zuverlässigkeit geht. Nancy Hughes Anthony, Präsidentin des Kanadischen Bankenverbandes, nennt drei Gründe dafür, dass die Kanadier nicht von der weltweiten Bankenkrise erfasst wurden: "Eine solide Kapitalbasis, eine funktionierende Regulierung und Aufsicht und gutes Risikomanagement."

Nancy Hughes Anthony, Präsidentin des Kanadischen Bankenverbandes (Foto: Canadian Bankers Association, CBA)
Nancy Hughes Anthony, Präsidentin des Kanadischen BankenverbandesBild: CBA

Kanadische Banken übertreffen die von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel festgelegten Kriterien für das Eigenkapital von Finanzinstituten um das Dreifache, erklärt sie. Eine Hypothekenblase wie in den USA gab es in Kanada nicht. Dass Hauskredite ohne Anzahlung vergeben werden, an nicht solvente Kunden oder mit zunächst geringen Zinsen, die dann ins Astronomische wachsen, war und ist undenkbar. Mit dieser konservativen Kreditvergabe kommen die Kanadier offenbar gut zurecht, sagt Hughes Anthony: "Wir zahlen alle brav unsere Kredite ab, der Anteil der rückständigen Kredite ist winzig, es sind weniger als ein Prozent."

Verantwortungsvolle Banker

Dr. Robert J.Shapiro, informeller Berater der Obama-Regierung (Foto: Shapiro)
Dr. Robert J.Shapiro, informeller Berater der Obama-RegierungBild: privat

Und auch die Banker haben in Kanada offenbar ein anderes Verständnis von ihrem Job als anderswo auf der Welt, erklärt die Bankenverbandschefin: "Vielleicht sind unsere Banker von Natur aus vorsichtig und stellen sicher, dass die Aktionäre profitieren und die Kunden ein gutes Produkt bekommen." Und von diesem Verhalten, ergänzt sie, seien die Kanadier auch nicht abgewichen.

Robert Shapiro, informeller Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama, drückt es direkter aus. Kanadier scheuten das Risiko, sagt er, auch wenn es manchmal Nachteile bedeutet: "In einer Zeit, in der sich Risiken auszahlen, haben sie weniger davon." Dafür ist der Absturz in schlechten Zeiten aber auch nicht so tief.

Überschaubarer und selbstbewusst

In Kanada haben die Banken aber auch einfach nicht so viele Freiheiten, sagt Wirtschaftsexperte Barry Bosworth vom Brookings Institut in Washington: "Kanada ist ein positives Beispiel, dass eine einzige Aufsichtsbehörde sinnvoll ist." Denn Banken in den USA beispielsweise versuchten oft, sich die für sie günstigste Aufsichtsbehörde herauszusuchen.

Ein Rettungsring in Berlin am Ufer der Spree (Foto: AP)
Einen Rettungsring hatten die kanadischen Banken nicht nötigBild: AP

Die Aufsichtsbehörde hat es in Kanada aber auch wesentlich einfacher, gibt es doch nur eine gute Handvoll Banken und nicht Tausende wie etwa in den USA. Das kanadische System zu übertragen, sei so einfach nicht möglich, es entspreche nicht der amerikanischen Mentalität, sagt auch Bosworth. Außerdem gebe es in Kanada keinen so komplizierten Finanzmarkt wie etwa an der Wall Street: "Die Kanadier haben die riskanten Geschäfte einfach in die USA ausgelagert." Deswegen können sie sich strenge Regeln leisten, erklärt er: "Sie müssen keine Sorgen darum machen, dass sie dadurch Finanzinstitute oder bestimmte Finanzgeschäfte außer Landes treiben."

Jeder für sich

Weil Kanada die Krise gut gemeistert hat, sehen die Kanadier nicht ein, für die Fehler der anderen bezahlen zu müssen. Eine Bankensteuer lehnen sie ab, denn sie sei unfair. Außerdem, so Bankenverbandspräsidentin Hughes Anthony würde damit auch die nächste Bankenkrise nicht verhindert. Sie betrachtet eine solche Zwangsabgabe für Finanzinstitute als "potentielle Gefahrenquelle". Die Banken würden dadurch nicht angehalten, besser mit Risiken umzugehen. Fehlentscheidungen werden im Zweifelsfall von der Gemeinschaft getragen.

Die Kanadier setzen sich stattdessen dafür ein, dass die Banken große eigene Kapitalrücklagen bilden sollen, um sich im Zweifelsfall selbst aus der Krise auslösen zu können. Dass zusätzlich mehr Aufsicht notwendig ist, darin sind sich aber alle Seiten einig.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Zhang Danhong