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Politik

Erdogan: Spionagevorwurf und Drohungen

25. Juli 2017

Die Türkei hält an ihrem harten Kurs gegen Berlin fest. Fast drei Wochen nach der Inhaftierung des deutschen Menschenrechtlers Steudtner erhebt Staatschef Erdogan nun auch Spionagevorwürfe gegen die Bundesregierung.

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Türkei Präsident Tayyip Erdogan Rede
Bild: Getty Images/AFP/A.Altan

Recep Tayyip Erdogan äußerte sich vor der Parlamentsfraktion seiner Regierungspartei AKP in Ankara. Dort behauptete der türkische Präsident unter anderem, Peter Steudtner habe einen Aufstand in der Türkei geplant und sitze berechtigterweise in Untersuchungshaft. Er kritisierte, dass eine diplomatische Krise ausgelöst werde, wenn Menschen in der Türkei wegen Spionagetätigkeiten festgenommen würden, die gesellschaftliches Chaos zum Ziel hätten. Die Bundesregierung verweigere Erdogan und seinen Ministern Auftritte in Deutschland, aber ihre "Agenten kommen und tummeln sich hier in Hotels und zerteilen mein Land." Die Türkei wirft Deutschland außerdem vor, militanten Kurden und Linken sowie Personen, die in den gescheiterten Putsch verstrickt sein sollen, Schutz zu gewähren. Die Bundesregierung weist das zurück.

Auf die Ankündigungen der Bundesregierung, wegen der Inhaftierung Steudtners wirtschaftliche Maßnahmen gegen die Türkei zu prüfen, erwiderte Erdogan, die Türkei lasse sich mit der Drohung über Handelssperren nicht verängstigen. Deutschland müsse in Kauf nehmen, "selber einen viel höheren Preis zu bezahlen". Bisher hat das Auswärtige Amt die Sicherheitshinweise für Türkei-Reisende verschärft. Präsident Erdogan ließ außerdem wissen: "Die, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg die gnadenlosesten, blutigsten und teuflischsten Massaker verübt haben, sollten uns keine Lektion in Menschlichkeit erteilen."

Einige türkische Medien schlugen indes noch schärfere Töne gegenüber der Bundesrepublik an. So titelte die regierungsnahe Zeitung "Yeni Akit": "Schlimmer als Hitler". Darunter ein Foto von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hakenkreuz und dem Text: "Bei der Unterdrückung und beim Hass hat Merkels Deutschland Hitler überholt." Die Zeitung behauptet, in Deutschland würden kranke Türken nicht behandelt, türkische Arbeiter würden entlassen und Wohnungen würden nicht mehr an Türken vermietet. Der "Star", ein ebenfalls regierungsnahes Blatt, unterstützt die gegen Steudtner erhobenen Vorwürfe der Spionage und bezeichnet den Menschenrechtstrainer als "Chaos-Trainer Peter".

Menschenrechtler als Spione und Putschisten

Steudtner und sein schwedischer Kollege Ali Gharavi leiteten gemeinsam einen mehrtägigen Workshop für Menschenrechtler in der Nähe von Istanbul. Das Seminar zu den Themen Datensicherheit und Umgang mit Stress und Trauma endete abrupt, als die Polizei die Gruppe am 5. Juli verhaftete. Darunter ist auch die türkische Direktorin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Idil Eser. Ihnen wird eine Nähe zu den Drahtziehern des gescheiterten Putschversuchs im vergangenen Jahr unterstellt, die "gesellschaftliches Chaos" zum Ziel hätten.

Türkei Deutscher Menschenrechtler Peter Steudtner in U-Haft
Gegen Trainer Peter Steudtner und sechs weitere Menschenrechtler wurde Untersuchungshaft verhängtBild: picture-alliance/dpa/Amnesty International

Die Zeitung "Star" unterstellt der Bundesregierung, sie habe von dem geplanten Aufstand der Menschenrechtler gewusst. "Star" verwies auf ein Computerprogramm, genannt "Elephant" oder "Elepant", mit dem das deutsche Generalkonsulat jeden Schritt des Seminars verfolgt haben soll. Tatsächlich handelt es sich um die elektronische Krisenvorsorgeliste "Elefand", in die sich Deutsche im Ausland bei ihren Botschaften freiwillig eintragen können. Ziel sei es, dass die jeweilige Vertretung im Notfall mit Deutschen schnell Verbindung aufnehmen kann, heißt es beim Auswärtigen Amt über die Liste. Mit Überwachung habe das nichts zu tun.

Der Sprecher des türkischen Präsidenten, Ibrahim Kalin, schrieb in der regierungsnahen englischsprachigen Zeitung "Daily Sabah": "Es gibt für Deutsche und andere ausländische Staatsbürger keine Bedrohung, wenn sie die Türkei besuchen oder Geschäfte machen." Zugleich kritisierte er "die Besessenheit der deutschen Medien mit Erdogan". Er bezeichnete die Berichte als "die abschweifenden Gedanken von Geistesgestörten".

jv/kle (dpa,afp,rtr)