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Erdogan geht weiter gegen Militärs vor

26. Februar 2010

Die türkischen Behörden haben ihre Ermittlungen gegen mutmaßliche Putschisten aus den Reihen des Militärs fortgesetzt. Am Freitag wurden 18 hochrangige Offiziere verhaftet, denen nun der Prozess gemacht werden soll.

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Türkische Generäle bei Militärparade (Foto: ap)
Staat im Staate: Die türkische Armee übt seit jeher großen Einfluss auf die Politik ausBild: AP

Mit einem Großeinsatz hat die türkische Polizei am Freitag (26.02.2010) ihre Ermittlungen gegen mutmaßliche Putschisten innerhalb der Streitkräfte fortgesetzt. In mehreren Städten nahmen die Ermittler insgesamt 18 Offiziere fest. In einer ersten Verhaftungswelle am Montag waren bereits 49 Militärs festgenommen worden. Der Großteil von ihnen sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft.

Den Militärangehörigen wird vorgeworfen, im Jahr 2003 einen Plan zum Sturz von Ministerpräsident Recep Tayyib Erdogan ausgearbeitet zu haben. Mit Anschlägen an verschiedenen Orten sollte Chaos ausgelöst und somit ein Eingreifen der Armee gerechtfertigt werden. Nachdem der Plan bekannt wurde, versuchten die Militärs ihn als "Kriegsspiel" abzutun. Doch die Behörden haben offenbar belastende Telefongespräche zwischen einigen ranghohen Militärs aufgezeichnet. Nun droht den Verhafteten eine Anklage wegen Vorbereitung eines gewaltsamen Umsturzes der Regierung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Gegen zwei ranghohe Offiziere wurde am Freitag bereits Anklage erhoben.

Erdogan, Gül und Basbug (Foto: ap)
Premier Erdogan, Präsident Gül und Generalstabschef Basbug beim Krisentreffen in AnkaraBild: AP

"Niemand steht über dem Recht"

Die türkische Justiz geht seit etwa zwei Jahren gegen mutmaßliche Verschwörer im Militär und im Staatsapparat vor, die Ministerpräsident Erdogan und seiner islamisch-konservativen AKP eine Islamisierung der Türkei vorwerfen. Das als weltlich geltende Militär hat seit 1960 bereits vier Regierungen aus dem Amt geputscht. Im Zuge des geplanten EU-Beitritts und der demokratischen Reformen musste es jedoch einen Teil seiner Machtbefugnisse abgeben.

Erdogan erklärte nach den Festnahmen, niemand stehe in der Türkei über dem Recht und seine Regierung werde die Demokratie verteidigen. Nach einem Treffen mit Staatspräsident Abduallah Gül und Generalstabschef Ilker Basbug erklärte Erdogan, "dass alle Angelegenheiten nach dem Gesetz geregelt werden und alle verantwortlich handeln sollten, damit keine Institutionen beschädigt werden." Nach Angaben der Zeitung "Zaman" soll der Generalstab von der Regierung Immunität für Angehörige der Streitkräfte gefordert haben. Dass Premier Erdogan auf die Forderung eingehen wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Autor: Dominik Jozic (dpa, apn, afp, rtr)
Redaktion: Martin Schrader