1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Erdogan droht türkischem Verfassungsgericht

11. März 2016

Der türkische Präsident kämpft mit harten Bandagen. Die Anordnung der Freilassung von zwei Journalisten sei eine Entscheidung gegen die Türkei gewesen und stelle die Legitimität des Gerichtes in Frage.

https://p.dw.com/p/1IBqG
Präsident Tayyip Erdogan (Archivbild: Getty Images/AFP)
Bild: Getty Images/AFP/A.Altan

Die Kritik von Präsident Recep Tayyip Erdogan am Verfassungsgericht des Landes ist scharf, die Drohung unverhohlen. Der Gerichtsbeschluss zur Freilassung von zwei Zeitungsjournalisten sei eine Entscheidung gegen die Türkei und ihr Volk gewesen, sagte der Staatschef in der Stadt Burdur. Sollten sich solche Dinge wiederholen, stelle das die Legitimität und Existenz des Gerichts in Frage, warnte er.

Erdogan kämpft gegen seine Kritiker

Das Verfassungsgericht hatte Ende Februar die Freilassung des Chefredakteurs und des Hauptstadtkorrespondenten der Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar und Erdem Gül, aus der Untersuchungshaft angeordnet. Beiden droht aber weiterhin lebenslange Haft. Den prominenten Zeitungsjournalisten wird von Erdogan und der Staatsanwaltschaft Spionage vorgeworfen. Mit ihrer Berichterstattung hätten sie das internationale Ansehen der Türkei beschädigt. Das Blatt hatte im vergangenen Jahr berichtet, der türkische Geheimdienst habe bei der Lieferung von Waffen nach Syrien geholfen. Laut Erdogan ging es um Hilfe des türkischen Geheimdienstes für die mit der Türkei verbündeten Turkmenen in Syrien. Daraufhin wurden die beiden Journalisten festgenommen. Der Prozess soll am 25. März beginnen.

Den richterlichen Beschluss zur Freilassung der beiden Männer hatte der Präsident umgehend eindeutig kommentiert: "Ich sage es offen und klar, ich akzeptiere das nicht und füge mich der Entscheidung nicht, ich respektiere sie auch nicht." Und er legte noch einmal nach. Mit dem Urteil habe das Verfassungsgericht die Verfassung gebrochen. "Tatsächlich liegt hier ein Verfassungsbruch vor, aber nicht von mir", wetterte Erdogan. Justizminister Bekir Bozdag kündigte Änderungen beim individuellen Klagerecht vor dem Verfassungsgericht an, das Dündar und Gül die Freiheit gebracht hatte.

Der Chef des Verfassungsgerichts, Zühtü Arslan, hatte die Kritik zurückgewiesen und betont, Entscheidungen seines Gerichts seien für alle in der Türkei bindend. "Die Urteile des Verfassungsgerichts, die auf Grundlage der Verfassung und geltender Gesetze getroffen werden, sind für alle Personen und Institutionen bindend. Das ist ein Verfassungsgrundsatz."

Druck auf die Medien

Kritiker werfen Erdogan vor, die Meinungsfreiheit in der Türkei mit inzwischen fast 2000 Beleidigungsklagen und Druck auf Journalisten und Medien immer weiter einzuschränken. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Dutzende Journalisten sind in dem EU-Bewerberland inhaftiert.

Zuletzt wurden die regierungskritische Zeitung "Zaman" und die mit dem Blatt eng verbundene Nachrichtenagentur "Cihan" unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt. Die Berichterstattung muss nun der Regierungslinie entsprechen. Die islamisch-konservative Regierung in Ankara weist regelmäßig Vorwürfe zurück, wonach sie die Pressefreiheit einschränken würde.

qu/mak (rtr, dpa, afp)