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Erben fordern Welfenschatz zurück

21. März 2014

Der Streit um den Welfenschatz spitzt sich zu: Nun fordern weitere Nachfahren die Rückgabe der Goldreliquien. Die Entscheidung der sogenannten Limbach-Kommission sei "unverständlich".

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Kuppelreliquiar aus dem Welfenschatz (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist ein hochbrisanter Fall. Die Erben jüdischer deutscher Kunsthändler, die den wertvollen Kirchenschatz 1935 an den Preußischen Staat verkauft hatten, fordern seit Jahren dessen Rückgabe. Eine Prüfkommission unter Vorsitz der ehemaligen Richterin am Bundesverfassungsgericht Jutta Limbach hat sich jedoch am Donnerstag dagegen ausgesprochen. Die Dresdner Rechtsanwaltskanzlei CSC sieht darin eine "klare Fehlentscheidung". Sie empfahl jetzt die Abschaffung der Kommission. Deren Empfehlung zeige, "wie unzulänglich und unbefriedigend die derzeitige Situation jüdischer Geschädigter" sei, heißt es in einem Schreiben, aus dem die "Berliner Zeitung" zitiert.

Die Anwälte vertreten die Erben des Wiesbadener Juweliers Hermann Netter. Er soll zu einem Viertel an dem Konsortium beteiligt gewesen sein, das die religiösen Kleinodien 1929 von den Welfen erworben hatte. Die Erben Netters würden "selbstverständlich ihr Restitutionsbegehren weiterverfolgen", kündigten die Juristen an. Wie die Berliner Zeitung berichtet, war diese Partei bisher nicht am Streit um die Rückgabe des Welfenschatzes beteiligt.

Hauptsehenswürdigkeit der Berliner Museen

Der sogenannte Welfenschatz zählt zu den bedeutendsten deutschen Kirchenschätzen. Er ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Berliner Museen. Sein heutiger Wert auf dem Kunstmarkt wird auf rund 400 Millionen Euro geschätzt. Ursprünglich wurde die Sammlung mittelalterlicher Goldschmiedearbeiten für den Braunschweiger Dom zusammengetragen. Seit dem 17. Jahrhundert gehörte sie den Welfen, dem ältesten Adelsgeschlecht Europas. 1929, kurz vor dem Börsenkrach, erwarb ein Konsortium jüdischer deutscher Kunsthändler daraus 82 Einzelexponate für 7,5 Millionen Reichsmark. Etwa die Hälfte der Stücke verkaufte das Konsortium 1935 für 4,25 Millionen Reichsmark an den Preußischen Staat.

Nach Ansicht der Limbach-Kommission war dieser Verkauf rechtens: Es habe sich nicht um einen "verfolgungsbedingten Zwangsverkauf" gehandelt, heißt es in der Empfehlung; auch der Kaufpreis habe sich im üblichen Rahmen bewegt. Die Entscheidung der Kommission ist rechtlich nicht bindend. In der Vergangenheit wurden jedoch bis auf eine Ausnahme alle Kommissionsentscheidungen von den Konfliktparteien akzeptiert.

Politische Dimension

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu deren Bestand der Welfenschatz heute gehört, sprach von einer "sorgfältig abgewogenen Empfehlung". Die Erben der Kunsthändler argumentieren hingegen, ihre jüdischen Vorfahren seien bei dem Verkauf 1935 unter Druck gesetzt worden. Im vergangenen Herbst hatte sich auch Israels Kulturministerin Limor Livnat persönlich in den Streit eingeschaltet. In einem Brief an den damaligen Kulturstaatsminister Bernd Neumann hatte sie die große Bedeutung des Themas "für das israelische Volk allgemein und die Holocaust-Überlebenden im Besonderen" betont. Neumanns Nachfolgerin Monika Grütters äußerte am Donnerstag die Hoffnung, dass die Empfehlung der Limbach-Kommission auch von den jüdischen Erben angenommen werde.

jj/uh (KNA, epd, dpa)