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Entwicklung ja, Mehrparteiensystem nein

1. Juli 2011

Von wegen Jubelrede: Zum 90. Geburtstag der Kommunistischen Partei Chinas hat Staats- und Parteichef Hu Jintao seiner Partei ins Gewissen geredet. In Peking mahnte er die Genossen vor allem zum Anti-Korruptions-Kampf.

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Ein symbolkräftiges Bad in roten Blumen: Chinas Präsident Hu Jintao spricht zum KP-Geburtstag (Foto: AP)
Ein symbolkräftiges Bad in roten Blumen: Chinas Präsident Hu Jintao spricht zum KP-GeburtstagBild: dapd

Der 90. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) wird derzeit in Peking mit großem Pomp gefeiert. In einer Rede, die landesweit im Fernsehen übertragen wurde und als Höhepunkt der Feierlichkeiten gilt, nutzte der chinesische Staats- und Parteichef Hu Jintao am Freitag (01.07.2011) den Geburtstag, zu grundsätzlichen Fragen Stellung zu beziehen. Ein zentraler Punkt: Ein Abrücken vom Prinzip der "sozialistischen Demokratie unter der Führung der Kommunistischen Partei" wird es nicht geben. Zwar betonte Hu die Notwendigkeit, die innerparteiliche Demokratie fortzuentwickeln, schloss aber die Entwicklung eines Mehrparteiensystems aus.

Zur Geburtsfeier der KP kommen tausende Kommunisten in Peking zusammen (Foto: AP)
Zur Geburtsfeier der Partei kommen tausende Kommunisten in Peking zusammenBild: dapd

Vor tausenden Parteifunktionären sagte der Staatspräsident in der Großen Halle des Volkes in Peking, China werde "noch für eine lange Zeit in der ersten Stufe des Sozialismus" bleiben. Die Partei müsse in einer Zeit großer globaler Umwälzungen den Sozialismus mit chinesischen Merkmalen fortentwickeln und sich für Talente öffnen. Die KPC hat 80 Millionen Mitglieder, die Parteijugend 75 Millionen. Damit ist mehr als jeder zehnte Chinese in einer kommunistischen Organisation.

Kampfansage an die Korruption

Als zentrale Aufgaben der Kommunisten betonte Hu die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und die wirkungsvollere Bekämpfung der Korruption. Die Anpassungsfähigkeit der Partei habe China wohlhabend und mächtig gemacht, sagte der Staatschef. Um sich aber weiterhin die Unterstützung der Bevölkerung zu sichern, müsse die Partei die Korruption bekämpfen, mahnte der 68-Jährige. "Der Kampf gegen die Korruption bleibt eine wichtige Aufgabe und die Aufgabe ist noch mühsam", sagte Hu. Institutionelle Reformen wie etwa die von vielen Experten für notwendig erachtete Schaffung einer unabhängigen Ermittlungseinheit zur Bekämpfung von Bestechlichkeit forderte er aber nicht.

Jahrzehnte wirtschaftlichen Wachstums hätten die chinesische Gesellschaft verändert. Daraus entstehende Konflikte müsse die Partei bewältigen, um die Stabilität zu wahren, fügte Hu hinzu. Zugleich räumte der Präsident Fehler ein, aus denen die KP aber gelernt habe. In einigen Geschichtsabschnitten sei es zu Fehlern und schweren Rückschlägen gekommen, "weil unser Führungsgedanke damals von der chinesischen Realität abgekoppelt war". Diese Fehler seien jedoch korrigiert worden.

Protestmarsch in Hongkong

Demonstranten in Hongkong fordern am Freitag freie Wahlen (Foto: DW)
Demonstranten in Hongkong fordern am Freitag freie WahlenBild: DW

Während Hus Rede demonstrierten in Hongkong Zehntausende für mehr Demokratie in dem Gebiet. Bei dem Marsch zum Jahrestag der Übergabe Hongkongs an China vor 14 Jahren wurden auch Forderungen zum Rücktritt des Stadtoberhaupts Donald Tsang laut. Die von Peking eingesetzte Regierung der früheren englischen Kronkolonie hat allgemeine Wahlen vor 2020 ausgeschlossen.

Fünf Hongkonger Abgeordnete waren jüngst zurückgetreten, um Nachwahlen zu erzwingen und zu einem Referendum für mehr Demokratie zu machen. Die Regierung konterte mit dem Plan, Nachwahlen abzuschaffen. Großbritannien hatte 1997 bei der Übergabe Hongkongs an China die Regel "ein Land, zwei Systeme" vereinbart, nach der die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung behalten sollten. 30 der 60 Hongkonger Abgeordneten werden direkt gewählt.

Rede ist schon detailliert analysiert

Hus 80-minütige Rede wurde direkt im Fernsehen übertragen. Die Analyse eines 800 Worte langen Redeteils mit Hilfe der Website plagiarisma.net ergab, dass die Ansprache zu 97 Prozent eine Wiederholung älterer Texte und nur zu drei Prozent originell war. Hu nahm 23 Mal Bezug auf den Marxismus, halb so viel wie sein Vorgänger Jiang Zemin vor zehn Jahren. Er erwähnte Mao sechs Mal, während Jiang das zwölf Mal getan hatte, und betonte stärker den sozialen Zusammenhalt.

Beobachter messen der Rede Hus auch deshalb große Bedeutung zu, weil die KP derzeit von einem Richtungsstreit zwischen dem sogenannten liberalen Flügel und der "Neuen Linken", die sich in der Tradition von Mao Zedong sehen, geprägt wird. Zudem steht die Partei vor einer Umwälzung im kommenden Jahr, wenn Hu die Macht an seinen Nachfolger übergeben wird. Als Favorit dafür gilt Vizepräsident Xi Jinping.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Martin Schrader