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Freilassung in Nigeria

15. August 2008

Fünf Wochen nach ihrer Entführung im Süden Nigerias sind zwei deutsche Mitarbeiter des Baukonzerns Bilfinger Berger wieder in Freiheit. Sie werden nun medizinisch betreut. Unklar ist, wie sie freikamen.

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Ein nigerianischer Polizist steht vor Ölanlagen in Ebocha in der Provinz River in Nigeria (Quelle: AP)
Beliebtes Ziel für Angriffe und Entführungen: Ölanlagen in NigeriaBild: AP

Das Auswärtige Amt in Berlin hat am Freitag (15.08.2008) bestätigt, dass die beiden deutschen Ingenieure, die in Nigeria am Donnerstag abend frei gekommen sind, in sicherer Obhut sind. Die Männer werden nun medizinisch betreut. "Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut."

Der Mannheimer Baukonzern Bilfinger Berger zeigte sich erleichtert über die Freilassung. "Wir sind sehr froh", sagte ein Sprecher, "die beiden sind körperlich unversehrt." Dagegen berichtete die Rebellengruppe, die die Männer befreit haben will, einer der beiden Deutschen habe bei der Entführung eine schwere Rückenverletzung erlitten.

Im Nigerdelta verschleppt

Ein Logo des Baukonzerns Bilfinger Berger aus Mannheim hängt an einem Zaun auf einer Baustelle in Walldorf (Foto: dpa)
Lässt sein Engagement im Nigerdelta ruhen: Der deutsche Baukonzern Bilfinger BergerBild: picture-alliance/dpa

Die Ingenieure waren am 11. Juli von einer Gruppe Bewaffneter vom Gelände der Firma Julius Berger Nigeria in Rumuji im Süden des westafrikanischen Landes verschleppt worden. Rumuji liegt etwa Kilometer entfernt von Port Harcourt, der Hauptstadt des nigerianischen Bundesstaates Rivers.

Nach Angaben der örtlichen Polizei wurden bei dem Überfall ein Soldat getötet und zwei weitere verletzt. Im Süden Nigerias sind in beiden vergangenen Jahren mehr als 200 Ausländer verschleppt worden. Sie kamen meist gegen Zahlung eines Lösegelds unverletzt frei. Zum jüngsten Fall erklärte Bilfinger Berger: "Von Lösegeldzahlungen ist uns nichts bekannt."

Gezerre um Öleinnahmen

Ein früherer Wächter vor einer geschlossenen Shell-Öl-Anlage (Archivbild 2006, Quelle: AP)
Ein früherer Wächter vor einer geschlossenen Shell-Öl-AnlageBild: AP

Im Nigerdelta fordern mehrere Rebellengruppen eine stärkere Beteiligung der einheimischen Bevölkerung an den Gewinnen aus der Ölförderung in der Region ein. Wegen der sich häufenden Entführungen haben sich viele internationale Firmen aus der Gegend zurückgezogen. Außerdem wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Julius Berger Nigeria ist eine Tochtergesellschaft des zweitgrößten deutschen Baukonzerns Bilfinger Berger. Für Julius Berger arbeiten in Nigeria nach Firmenangaben mindestens 17.000 Menschen, unter ihnen mehr als 500 Deutsche. Angesichts der jüngsten Entwicklung hat das Unternehmen angekündigt, sich aus der Region zurückzuziehen. Etwa ein Drittel der Belegschaft ist von dem Rückzug betroffen. "Die Evakuierung ist eingeleitet", sagte kürzlich der Vorstandsvorsitzende von Bilfinger Berger, Herbert Bodner. Mehrere internationale Firmen haben das Nigerdelta bereits verlassen.

Ölförderung sinkt

Durch Unruhen und Angriffe bleibt die Ölförderung in Nigeria seit zwei Jahren täglich um ein Viertel hinter den Produktionskapazitäten zurück. Nigeria ist der größte Ölförderer in Afrika, die Menschen im Nigerdelta zählen aber zu den ärmsten weltweit.

Was ist wirklich passiert?

Fragen werfen die Umstände der jetzigen Befreiung auf. Am Donnerstag hatte die größte Rebellengruppe MEND – die Abkürzung steht für "Bewegung für die Emanzipation des Niger-Deltas" - per E-Mail erklärt, ihre Kämpfer hätten die beiden Mitarbeiter des Baukonzerns aus dem "stark bewachten Versteck" der Geiselnehmer befreit. Eine unabhängige Bestätigung dieser Angaben liegt bisher nicht vor.

Die MEND, die in der Vergangenheit selbst wiederholt Ölunternehmen attackiert hatte, bot schon zehn Tage nach der Entführung ihre Hilfe zur Befreiung der beiden Deutschen an. Dann drohte sie jedoch mit Übergriffen auf sämtliche Büros von Bilfinger Berger in Nigeria, nachdem die Firma aus Sicherheitsgründen ihre Arbeit in den Ölfeldern des Niger-Deltas eingestellt hatte.

Angeblich war diese Drohung jedoch eine Finte, um die "kriminellen Geiselnehmer" zu täuschen und die Deutschen befreien zu können, wie die Rebellen in ihrer E-Mail schreiben. Bei der mutmaßlichen Befreiungsaktion soll es keine Verletzten gegeben haben. (kle)