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Endlich ist es vorbei!

30. Juni 2009

Viel hatte man den Tschechen als EU-Ratspräsidenten von Anfang an nicht zugetraut. Nach sechs Monaten an der Spitze der EU, ist klar: zu recht. Ein Kommentar von Christoph Hasselbach.

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Bild: DW

Der französische Präsident und vorangehende Ratsvorsitzende Nicolas Sarkozy hat es von Anfang an gewusst: Die Tschechen sind unfähig, die EU zu führen. Er hat es nur wenig netter ausgedrückt. Angesichts solcher Arroganz genoss Tschechien zu Beginn seiner Ratspräsidentschaft durchaus Wohlwollen. Europaminister Alexandr Vondra reagierte damals schelmisch: "Ein underdog zu sein, ist keine schlechte Startposition. Man kann die anderen positiv überraschen."

Eine Peinlichkeit nach der anderen

Christoph Hasselbach Deutsche Welle, DW, Deutsches Programm, Zeitfunk, Funkjournal
EU-Korrespondent Christoph HasselbachBild: DW

Doch Sarkozy hat Recht behalten. Keiner hat es Tschechien zum Vorwurf gemacht, dass es nicht das Gewicht einer europäischen Großmacht wie Frankreich aufbieten konnte. Aber von Anfang an reihte sich eine hausgemachte Peinlichkeit an die andere: Die Tschechen lehnten eine Vermittlerrolle beim Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine zunächst ab, obwohl Millionen EU-Bürger in kalten Wohnungen froren. Außenminister Karel Schwarzenberg verteidigte erst die israelische Offensive im Gaza-Streifen, während andere EU-Vertreter sie verurteilten.

Als Ende März die linke Opposition im tschechischen Parlament die Regierung Mirek Topolanek per Misstrauensvotum stürzte, hat das auch die EU-Ratspräsidentschaft gelähmt. Nach dem Wechsel zu dem Technokraten Jan Fischer kehrte etwas Ruhe ein, aber da war das halbe Jahr fast herum. Doch Gipfel der Peinlichkeiten waren die ständigen europaskeptischen Sticheleien von Staatspräsident Vaclav Klaus. Dies zu einer Zeit, da der mühsam ausgehandelte Lissabon-Reformvertrag auf Messers Schneide stand und weiter steht. Natürlich dürfen Abgeordnete die eigene Regierung stürzen, natürlich darf ein Staatspräsident gegen den Lissabon-Vertrag sein. Aber muss man dafür ausgerechnet die Bühne der Ratspräsidentschaft nutzen?

Hoffen auf die Schweden

Tschechien hat in diesen sechs Monaten seinen Ruf in Europa gründlich ruiniert und der EU geschadet. Es hat gleichzeitig das Vorurteil scheinbar bestätigt, die kleineren EU-Länder seien von vornherein für den Vorsitz ungeeignet.

Aber eben nur scheinbar. Denn es gibt ja noch die Schweden. Weil alle so sehnsüchtig auf sie warten, haben Außenminister Carl Bildt und Europaministerin Cecilia Malmström die Schwerpunkte der schwedischen Präsidentschaft schon ein bisschen früher vorgestellt. Man sollte zwar den Tag nicht vor dem Abend loben, aber allein diese Präsentation war eine Offenbarung. Was für eine Professionalität, Sachkenntnis, Souveränität und Nüchternheit! Der Auftritt steht für ein Neunmillionenvolk am Rande Europas, das den Euro bisher nicht will und auch sonst durch keine große Europabegeisterung aufgefallen ist. Aber dieses Schweden könnte sich gerade jetzt als Idealbesetzung für die Präsidentschaft erweisen.

Autor: Christoph Hasselbach

Redaktion: Manfred Götzke