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Was macht den Börsenhype um Internet-Firmen aus?

Rayna Breuer16. Mai 2012

Wenn Facebook, Groupon oder Zynga an die Börse gehen, stehen die Investoren Schlange. Es wird mit Milliardensummen jongliert. Doch nach der Euphorie setzt bei den Anlegern schnell die Ernüchterung ein.

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Das Bild besteht aus drei Teilen. Eine Aufnahme von der Technologiebörse Nasdaq, ein Smartphone mit der Facebook-Applikation und ein Bild mit Groupon und Zynga Firmenlogos (Foto: AP / picture-alliance/dpa)
Bild: AP / picture-alliance/dpa

Es war ein wahrer Aktienrausch, als vor etwa einem Jahr das weltgrößte Karrierenetzwerk LinkedIn an die Börse ging. Noch vor dem Börsengang hatte LinkedIn seinen Ausgabepreis von 35 auf 45 Dollar erhöht. Die Aktien gingen weg wie warme Semmeln. In nur wenigen Minuten nach der Erstemission verdoppelte sich der Aktienwert. Der Kurs stieg zeitweise auf 122 Dollar: Es war eine Erfolgsgeschichte, die viele Internet-Unternehmen bei ihrem Börsengang erleben.

Doch dieses Kursfeuerwerk hat einen Haken: Es ist meist kurzlebig und wird durch viel Phantasie befeuert. "Bei emotionalen Börsengängen, wie bei Internetgeschichten, spielen viele ahnungslose Investoren mit", sagt Dirk Müller, Finanzexperte und Autor des Buches "Cashkurs". Gerade beim bevorstehenden Facebook-Börsengang machten tausende Nutzer, die keine Ahnung von der Börse und noch nie eine Aktie besessen hätten, ein Depot auf, um Facebook-Aktien zu kaufen. Dirk Müller rät von einem solchen Euphorie-Kauf ab: "Ich würde mich als Anleger auf dieses heiße Spiel nicht einlassen."

Dirk Müller, Finanzexperte und Autor des Buches "Chashkurs", auf dem Frankfurter Börsenparkett (Foto: Dirk Müller)
Dirk Müller, Gründer des Informationsportals cashkurs.comBild: Dirk Müller

Der Unternehmenswert - nur heiße Luft um nichts?

Ob aus emotionalen oder rationalen Gründen - das Interesse bei solchen Börsengängen ist enorm. Derzeit sind die Investoren an der Wall Street wieder im Goldrausch. Am Freitag (18.05.2012) soll das Soziale Netzwerk Facebook an die Börse gehen. Im Gespräch war anfangs eine Spanne von 28 bis 35 Dollar pro Aktie, die dann auf 34 bis 38 Dollar erhöht wurde. Am Donnerstag - also einen Tag vor dem Börsengang - teilte Facebook mit, die Aktien gingen für 38 Dollar pro Stück an die Investoren. Damit liegt der Ausgabepreis am oberen Ende der zuletzt genannten Spanne. Der Börsenwert des Unternehmens beläuft sich damit auf 104 Milliarden Dollar; Facebook ist also mehr wert als die Computer-Riesen Hewlett-Packard und Dell zusammen. Trotz des Wirbels um Facebook bleiben einige Zweifel offen: Ist das Netzwerk so viel wert? Und droht nicht, wie vor zwölf Jahren, eine neue Internet-Blase?

Eine Illustration zeigt ein Smartphone, auf dem das Logo des Online-Netzwerkes Facebook zu sehen ist (Foto: picture-alliance/dpa)
Facebook wird auf bis zu 104 Milliarden Dollar geschätztBild: picture-alliance/dpa

Überzeichnung ist normal

"Es ist vollkommen üblich, dass bei einem Börsengang, der so viel Interesse zieht, unabhängig von der Branche, zunächst die Aktie überzeichnet ist", sagt Thomas Knüwer, Gründer der digitalen Strategieberatung kpunktnull. Von einer neuen Internet-Blase könne man nicht sprechen. "Der Wert des Unternehmens ist ein subjektiver Begriff. Der Punkt ist, es gibt einen Markt, der dafür bereit ist zu zahlen. Eine Blase würde bedeuten, wenn viele Unternehmen an die Börse strömen und trotzdem eine Bewertung bekommen, die völlig irrsinnig ist." Und genau das gebe es derzeit nicht, sagt Knüwer. Auch Dirk Müller sieht derzeit keine systemische Blase. Ein Vergleich mit der Internet-Blase Anfang 2000 ließe sich nicht ziehen, sagt der Experte.

Porträtbild von Thomas Knüwer, dem Gründer der digitalen Strategieberatung "kpunktnull". (Foto: Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer, Gründer von "kpunktnull"Bild: Thomas Knüwer

Investoren brauchen gute Nerven

Doch auch wenn eine neue Internet-Blase auszuschließen ist, heißt es für Anleger, starke Nerven zu bewahren. "Internetunternehmen haben ein höheres Risiko", sagt Knüwer. Ihre Geschäftsmodelle seien nicht so nachhaltig, verglichen mit anderen Unternehmen wie zum Beispiel aus der Logistikbranche.

Oft macht sich nach dem ersten Aktien-Kaufrausch Ernüchterung breit. Die Kurse von Internet-Firmen erleben kurz nach der Erstemission eine regelrechte Berg- und Talfahrt. Ein Beispiel ist Groupon: Die Schnäppchen-Webseite, die als Börsenstar gefeiert wurde, erlebt intensive Kursschwankungen. Mit knapp elf Euro liegt die Aktie derzeit weit unter ihrem Ausgabewert. Auch das Internet-Radio Pandora brachte zum Börsenstart im vergangenen Jahr 2,6 Milliarden Dollar auf die Waage. Doch schon am zweiten Tag fiel die Aktie deutlich unter den Ausgabepreis.

Das Firmenlogo von der Schnäppchen-Webseite Groupon (Foto: Groupon)
Groupon buhlt um das Vetrauen der Anleger

Wachstumspotentiale von Social-Media-Firmen

Mehr als 900 Millionen User zählt Zuckerbergs Freundschafts-Portal. Die Grenzen einer weiteren Expansion sind - gemessen an der Weltbevölkerung - begrenzt. "Es bleibt spannend zu sehen, ob Facebook den Hype überstehen wird und das Potential tatsächlich in einen Ertrag münzen wird", sagt Müller. Das Wachstumspotential liege jedoch nicht mehr bei der Anzahl der User, sondern beim Umsatz pro User. Und daran arbeitet Facebook momentan auf Hochtouren. Derzeit testet das Unternehmen ein Bezahlsystem aus, wonach gegen Geld die Status-Updates für eine größere Gruppe Nutzer angezeigt wird.

Doch der Erfolg von Facebook steht unabhängig von dem Verhalten der eigenen "Freunde" auf wackligen Beinen: "Facebook hat ein extrem großes Klumpenrisiko. Es bräuchte eine Entscheidung der Datenschützer und das Geschäftsmodell Facebook ist ad acta gelegt", sagt Müller. So schnell kann es in der Internet-Welt gehen.