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Mohammed will den Tod

5. Juni 2008

Mit einem Eklat hat das Militärverfahren gegen die mutmaßlichen Drahtzieher von 9/11 begonnen. Der Hauptverdächtige Khalid Sheikh Mohammed entließ zu Beginn seine Verteidiger und forderte die Todesstrafe für sich.

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Zeichnung aus dem GerichtssaalBild: AP

Mehr als sechs Jahre nach den Anschlägen vom 11. September hat am Donnerstag (5.6.2008) im US-Gefangenenlager Guantanamo das erste Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche Drahtzieher der Al-Kaida-Attentate begonnen. Unter den Angeklagten ist auch Ramzi Binalshibh, der als Cheflogistiker der Hamburger Zelle um den Flugzeugattentäter Mohammed Atta gilt. Die Anklage fordert für alle fünf die Todesstrafe.

Ramzi Binalshibh festgenommen
Die Festnahme von Ramzi BinalshibhBild: AP

Der Hauptangeklagte Khalid Sheikh Mohammed aus Pakistan nutzte seinen Auftritt vor dem umstrittenen Militärtribunal für ein Loblied auf den Islam und eine Verdammung der US-Kultur. Für sich selbst forderte er die Todesstrafe. "Ich will ein Märtyrer werden, das ist seit langer Zeit mein Wunsch", sagte Mohammed.

"Gott reicht mir"

Mohammed ist das höchstrangige Al-Kaida-Mitglied in US-Hand. Er gilt als Drahtzieher der Flugzeuganschläge in New York und Washington. Bereits in vorangegangenen Verhören hat er sich nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums selbst der Taten bezichtigt. Schon zu Beginn der Anhörung entließ er seine Verteidiger. Vor Militärrichter Thomas Kohlmann sagte er: "Ich brauche keinen Anwalt, ich werde mich selbst vertreten." Er fügte hinzu: "Gott allein reicht mir." Seine Ausführungen unterbrach er für Rezitationen aus dem Koran.

Es war das erste Mal seit Jahren, dass Mohammed in der Öffentlichkeit zu sehen war. Anders als auf Fotos von seiner Festnahme trug er einen langen Bart, er war sichtbar gealtert. Mohammed und die vier Mitangeklagten nahmen auf der Anklagebank Platz, ohne dass sie durch Gewaltanwendung von Seiten des Sicherheitspersonals dazu gezwungen werden mussten. Sie trugen keine Handschellen. Ihre Aussagen wurden mit 20-sekündiger Verzögerung in den Saal übertragen, in dem Journalisten das Verfahren verfolgten. Dadurch sollte dem Richter die Möglichkeit gegeben werden, die Übertragung zu unterbrechen, sobald als Staatgeheimnis gewertete Informationen zur Sprache kamen.

11. September Prozess Todesstrafe
Khalid Sheikh Mohammed bei seiner Festnahme (2003)Bild: AP

Mohammed warf den US-Behörden vor, ein angebliches Geständnis unter der Anwendung von Folter erpresst zu haben. Die CIA hat eingeräumt, vor allem bei der Befragung Mohammeds harte Methoden angewandt zu haben, unter anderem das sogenannte "Waterboarding". Dabei wird das Opfer durch ein simuliertes Ertränken in Todesangst versetzt. "Das ist Inquisition und kein Prozess", rief er dem Richter zu.

500 Gefangene

Die fünf Verdächtigen sind die ersten, die wegen einer direkten Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 angeklagt sind. Sie wurden im September 2006 aus geheim gehaltenen Gefängnissen des US-Geheimdienstes CIA nach Guantanamo verlegt, wo die USA rund 500 Terrorismus-Verdächtige als "feindliche Kämpfer" festhalten. Damit wird ihnen der rechtliche Schutz, den Soldaten oder Zivilisten genießen, verwehrt. Die vom Militär gestellten Verteidiger hatten erst vor kurzem erstmals Gelegenheit, ihre Mandanten zu sprechen. Sie werfen der US-Regierung vor, die Verfahren zu beschleunigen, um die US-Präsidentenwahl im November zu beeinflussen.

Für die militärrechtliche Aburteilung der Terrorverdächtigen wurden dort eigens so genannte Militärkommissionen, Sondertribunale der Armee, eingerichtet. Die Anklage lautet unter anderem auf Terrorismus, Verschwörung, Mord und Sachbeschädigung. Die Rechtmäßigkeit der Militärkommissionen ist in den USA juristisch umstritten: Vor ihnen besitzen Angeklagte und Verteidigung weniger Rechte als vor ordentlichen US-Gerichten. Mehrere Angeklagte hatten zudem berichtet, sie seien in US-Gewahrsam gefoltert worden. (sams)