Eingewanderte Wörter – Teil 1 | Sprachbar | DW | 04.03.2009
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Sprachbar

Eingewanderte Wörter – Teil 1

Nehmen Sie Platz und reisen Sie mit uns in die Vergangenheit einer fernen und faszinierenden Region: Arabien. Treffen Sie auf Wörter, die die Zeit überdauert haben und Eingang in unseren Sprachschatz fanden!

"Es war einmal ein Land mit vielen wunderbaren und kostbaren Dingen. Seine Bewohner tranken aus feinen kleinen Gefäßen, nahmen Speisen zu sich, die sie mit geheimnisvollen Gewürzen zubereiteten, und wenn sie satt und zufrieden waren, legten sie sich auf weichen Unterlagen oder kunstvoll gefertigten, gepolsterten Liegen nieder – und machten ein Schläfchen. Die Menschen dieses Landes waren aber keineswegs Müßiggänger. Vielmehr gediehen Künste und Wissenschaften auf das Trefflichste, und bald verbreitete sich der Ruhm seiner Gelehrten und Künstler auch in anderen Ländern."

Sprachliche Migranten

Was wie der Anfang aus einem Märchen klingt, ist die Beschreibung einer Region und ihrer Bewohner, die wir alle zumindest von ihrem alten Namen her kennen: Arabien. Als sich die arabische Kultur auf dem europäischen Festland auszubreiten begann, fanden auch eine ganze Menge arabischer Wörter Eingang in die Sprache des alten Kontinents: zunächst ins Spanische, später ins Französische, auch in den englischen Sprachraum und nicht zuletzt in die deutsche Sprache.

Wanderwörter könnte man sie nennen, sprachliche Migranten. Viele der arabischen Wörter werden wir gar nicht mehr als solche erkennen. Das liegt unter anderem daran, dass sie einen weiteren Weg zurückgelegt haben als beispielsweise die Wörter aus dem Französischen.

Gute Nachbarschaft

Trottoir, Charme und Chic, längst auch das Baguettebrötchen, sind als sprachliche Direktimporte unserer Nachbarn klar erkennbar.

Auch Sprachzwitter wie die 'Elbchaussee' in Hamburg, eine Straße, die sich von Altona in Richtung Blankenese fast eineinhalb Kilometer lang erstreckt, gehören dazu. Die Elbchaussee verdankt den zweiten Teil ihres Namens vermutlich dem französischen Spracheinfluss während der napoleonischen Befreiungskriege.

Aus Wein wird Kaffee

Aber zurück zu unserem Märchenland. Was wurde denn da aus kleinen Gefäßen getrunken? Nun, es ist stark anzunehmen, dass es sich um Kaffee handelte. Kaffee ist ein Wort arabischen Ursprungs. Ursprünglich bedeutete das Wort "qahwa" erstaunlicherweise "Wein", aber im Laufe der Zeit trat "Kaffee" an seine Stelle, das Wort "qahwa" wurde jedoch beibehalten.

Zur Geschichte des Wortes und zum Kaffee selbst noch eine kleine Anmerkung: Der Kaffeebaum hat seine Heimat in einer Landschaft namens "Kaffa" in Ostafrika. Von dort wurde er nach Mocha – daher stammt das Wort "Mokka" – einer Hafenstadt am Roten Meer verschifft und gelangte so nach Arabien. Kaffee trinkt man nicht aus irgendeinem Gefäß, man trinkt ihn aus einer "Kaffeetasse". Das arabische "tasa" stand Pate für unser Wort "Tasse".

Genießen auf Arabisch

Aber wir haben in unserem kleinen Märchen auch vom Essen gehört, von feinen Gewürzen. Safran – arabisch "za'faran" – zählt dazu. Und wer es süß mag, wird Kandiszucker an ausgefallene Gerichte tun oder den Tee damit süßen. Übrigens geht das Wort "Konditorei" auf "Kandis" zurück und, wer hätte es gedacht, auch dieses hat arabische Wurzeln.

Wenn die Menschen nach gutem Essen oder einfach, weil sie müde sind, ein Schläfchen machen – worauf ruhen sie? Beispielsweise auf einer "matrah". Von diesem Wort zu "Matratze" ist kein weiter Weg und vom Tisch zum Sofa – arabisch "suffa" – auch nicht.

Von Koffern zu Kuppeln

Wenn der Mensch verreist, nimmt er einen Koffer mit. Darin verstaut er seine Kleider und alles, was er sonst noch für unterwegs braucht. Der Koffer hat einen Griff und ist tragbar. Einen solchen Behälter nannten die Araber "quffa".

Der berühmteste deutsche Koffer ist der aus Ralph Maria Siegels Schlager "Ich hab noch einen Koffer in Berlin". Es heißt weiter im Text: "Und darum fahr ich demnächst wieder hin." Vielleicht, um endlich die berühmte Kuppel des Reichstagsgebäudes, die "qubba", zu besichtigen?

Erfrischung mit Schuss

Anschließend empfiehlt es sich – vor allem in der wärmeren Jahreszeit – das ebenso berühmte Erfrischungsgetränk, nämlich eine "Weiße mit Schuss" zu trinken. Die so genannte "Molle" wird in einem großen schalenförmigen Glas serviert. Sie besteht aus einer Mischung von obergärigem Schankbier und einem Schuss Himbeer- oder Waldmeistersirup – ein Schuss deshalb, weil das so viel ist, wie in ein Schnapsglas passt.

Sirup ist, wie wir wissen, ein dickflüssiger mit Zucker verkochter Fruchtsaft. Im Mittelalter wurden von heilkundigen Männern, den Ärzten, die Säfte verschiedener Pflanzen eingekocht und als Heilmittel verwandt. Vornehmlich arabische Mediziner bereiteten diese Art Medizin zu und nannten sie "sarab".

Wie im Märchen

"Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch", heißt es im Märchen. Das alte Arabien ist vergangen, aber seine Sprache und Kultur lebt in vielen Wörtern weiter.

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