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Irak-Pakt

Martin Schrader3. Mai 2007

Die Gewalt im Irak ist verheerend: Jeden Monat sterben mehrere Tausend Menschen oder werden schwer verletzt. Hunderttausende sind vor dem Chaos geflohen. Eine internationale Sicherheitskonferenz soll Auswege weisen.

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Schäferhund und Polizist suchen Rasen vor Hotel in Scharm El-Scheich ab. Quelle: AP
Schon 2004 war Scharm El-Scheich Bühne für eine Irak-KonferenzBild: AP

In einem mondänen Golf-Hotel im ägyptischen Scharm El-Scheich wollen sich am Donnerstag und Freitag (3./4.05.) mehr als ein Dutzend Außenminister die Köpfe darüber zerbrechen, wie man die Gewalt im Irak eindämmen könnte. Die Konferenz ist die erste seit 2004, an der nicht nur alle Nachbarländer des Iraks - darunter auch der Iran - teilnehmen; auch die sieben führenden Industrieländer und Russland (G8) sowie die Europäische Union sitzen mit am Tisch.

Frank-Walter Steinmeier und US-Außenministerin Condoleezza Rice bei Pressekonferenz. Quelle: AP
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und US-Außenministerin Condoleezza Rice reisen zu der KonferenzBild: AP

Die Konferenz-Teilnehmer wollen einen "Internationalen Aufbaupakt für den Irak" verabschieden. Der Pakt wurde in den vergangenen Monaten zwischen der UNO und der irakischen Regierung ausgehandelt. Er soll eine Laufzeit von fünf Jahren haben und eine neue Partnerschaft zwischen der UNO und dem Irak besiegeln. Die irakische Regierung bekennt sich in dem 30-seitigen Dokument zum Ziel eines demokratischen, freiheitlichen Landes. Im Gegenzug sichert die UNO zusammen mit ihren Partnern, dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, Hilfe bei der Erreichung dieses Ziels zu. Details des Plans umfassen die öffentliche Verwaltung, Sicherheitsmaßnahmen und eine gerechte Verteilung der Öl-Einnahmen.

Trüber Ausblick

Teilnehmer der Konferenz sowie politische und akademische Beobachter des Mittleren Ostens beurteilen die unmittelbaren Erfolgsaussichten als gering. Hans von Sponeck war Leiter des UNO-Programms "Öl für Lebensmittel" für den Irak und hat Kontakte zu früheren und heutigen Mitgliedern der irakischen Regierung, darunter Präsident Dschalal Talabani. Von Sponeck meint, die Konferenz liefere ihren Teilnehmern zwar die Möglichkeit zur Tuchfühlung. Sie werde aber nichts an der prekären Sicherheitslage ändern. "Leider bringt man nicht alle an einen Tisch", kritisiert von Sponeck. "Eine entscheidende Fraktion wird in Scharm El-Scheich fehlen: die Widerstandsgruppen. Und damit ist schon der Ansatz für eine Niederlage gegeben."

Der ehemalige UN-Diplomat hält zudem den bisherigen Irak-Einsatz der Vereinten Nationen für mangelhaft. Die UNO habe nur 50 Leute im Irak - davon seien die meisten Sicherheitsleute. Damit lasse sich nicht ernsthaft Diplomatie betreiben. Er sehe auch keine große Lust hoher UNO-Beamter, in den Mittleren Osten zu reisen. "Dabei wäre das ein wichtiger Ansatz. Das müsste viel mehr zu sehen sein."

Bittere Bilanz

Qualm steigt von zerstörtem Auto auf. Quelle: AP
Anschläge wie dieser mit einer Autobombe in Bagdad gehören zum Alltag im Irak (Archivfoto)Bild: AP

Eine internationale Anstrengung für mehr Sicherheit im Irak ist dringender denn je, wie die Opfer-Bilanz dieses Krieges zeigt. Die Koalitionstruppen zählten bisher etwa 3500 Tote, davon mehr als 3350 aus den USA. Die anderen kommen aus Ländern wie Großbritannien, Italien, Polen, Bulgarien, Spanien, Dänemark und der Ukraine. Diese Verluste werden in den Schatten gestellt durch die Tragödie, die die Iraker erleiden. Nach einer im Oktober 2006 veröffentlichten Studie der Johns Hopkins University starben infolge des Krieges schätzungsweise mehr als 650.000 Iraker. Das entspricht etwa 2,5 Prozent der Bevölkerung.

Gespräche mit Iran

Nach Ansicht von Udo Steinbach vom Hamburger GIGA-Institut für Nahost-Studien besteht eine wichtige Funktion der Konferenz darin, dass sie eine Gelegenheit für Gespräche zwischen den Außenministern der USA und Irans bieten könnte. US-Außenministerin Condoleezza Rice signalisierte bereits Bereitschaft für ein solches Treffen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Regierung Irans spielt in der Region eine wichtige Rolle. Und sie versucht, Einfluss auf die Gestaltung des politischen Systems im Irak auszuüben.

Sollte es zu einem solchen Gespräch am Rande der Konferenz kommen, wird Teherans Außenminister nach Einschätzung Steinbachs das Irak-Problem vermutlich mit dem eigenen, international scharf kritisierten Nuklearprogramm verknüpfen. "Wenn es über den Irak hinaus zu Gesprächen zwischen Amerikanern und Iranern auch über das Atomprogramm kommen sollte, dann wären das fast historische Weichenstellungen", meint der Orient-Experte. "Dann kann ich mir auch vorstellen, dass 2008 ein Stabilisierungsprozess im Irak einsetzen könnte."

Obwohl die US-Regierung vor der Konferenz überraschend kooperative Töne gegenüber Teheran anschlug, scheine ein Treffen der beiden Außenminister dennoch sehr fraglich, erfuhr DW-WORLD.DE aus Kreisen von Konferenzteilnehmern. Sollte es doch dazu kommen, würde es aufgrund des absehbaren iranischen Versuchs einer Koppelung des Irak-Problems an das iranische Atomprogramm wohl ohnehin schnell in eine Sackgasse führen. Denn das hat Rice bereits abgelehnt.