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Eine deutsche Allianz will "Stahl stärken"

22. Oktober 2018

In Saarbrücken ist eine "Allianz der Stahlländer" besiegelt worden. Beim ersten nationalen Stahlgipfel unterzeichneten Brandenburg, das Saarland, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Hamburg die Vereinbarung.

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Symbolbild Stahl NEU
Bild: picture alliance/dpa/J. Lübke

Beim 1. Nationalen Stahlgipfel in Saarbrücken ist am Montag eine "Allianz der Stahlländer" besiegelt worden. Ziel sei es, "die Kräfte zu bündeln, um einen starken Stahlstandort in Deutschland aber auch darüber hinausgehend in Europa für die Zukunft erhalten zu können", sagte die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD).

Ihrer Ansicht nach habe die Vergangenheit gezeigt, "dass wir einen abgestimmteren und einen strategischeren Ansatz brauchen, als wir ihn bislang hatten."

Unter dem Motto "Stahl stärken. Zukunft sichern" hatte die Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz zusammen mit der Wirtschaftsvereinigung Stahl, der IG Metall und dem Verband der Saarhütten zu dem Fachtreffen eingeladen, an dem rund 2500 Gäste der Branche teilnahmen. Die hohe Beteiligung zeigte nach Ansicht Rehlingers, welchen bedeutenden Stellenwert die Stahlindustrie im Land habe, aber zugleich auch, wie groß die Sorgen der Beschäftigten seien, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.

Sauberer Stahl aus Deutschland

Im Mittelpunkt des gemeinsamen Kampfes der Stahlländer stehen Forderungen nach fairen Bedingungen für den EU-Emissionshandel sowie Innovation und Forschung. Zudem erwartet die Allianz mehr EU-Fördergelder für die Entwicklung klimaschonender Produktionstechnologien in der Stahlindustrie. In der Charta wird unter anderem darauf verwiesen, dass der Werkstoff Stahl für eine emissionsärmere Welt unverzichtbar sei.

Die Industrie- und Stahlpolitik müsse auch im künftigen Forschungsrahmenprogramm der EU zum Zug kommen. Dabei sollen vor allem die Förderung neuer Produktionstechniken und Prozessinnovationen sowie der Wasserstoffstahlerzeugung mit besserer CO2-Bilanz sichergestellt werden.

"Stahl ist wie ein Seismograph"

Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, bezeichnete Stahl als Basis für wichtige international orientierte Wertschöpfungsnetzwerke. "Stahl spürt wie ein Seismograph förmlich, wie globale Entwicklungen eben auch regionale Perspektiven bestimmen", sagte er. Deshalb sei es gut, dass diese Allianz gemeinsam versuche, Industrie und Industrieinteressen in Brüssel und Berlin "wirkungsvoller, mit starker Stimme zum Ausdruck zu bringen".

Auch die IG Metall begrüße nach Worten ihres Vorsitzenden Jörg Hofmann diese Allianz. Sie sei ein wichtiger Schritt für Perspektiven in dieser Branche mit ihren 85.000 Beschäftigten, die dramatischen Veränderungen gegenüber überstehe. Sie könnten nur gemeistert werden mit Innovationen und Unterstützung der Politik.

Hofmann zeigte sich überzeugt, dass die Verabschiedung der Allianz der Stahlländer nicht nur ein symbolischer Akt sei, "sondern das kräftige Wollen aller Beteiligten, an diesem Prozess auch gemeinsam zu arbeiten".

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) wies darauf hin, dass nach einer neuen Analyse des Weltwirtschaftsforums kein Land so innovativ sei wie Deutschland. Dies mache Hoffnung auch für die Stahlindustrie: "Stahl gehört nichts ins Museum, Stahl ist Zukunft", sagte er.

Deutsche Unternehmen schonen

Die Politiker forderten schon vor dem Gipfeltreffen, die Industrie im Kampf gegen den Klimawandel nicht zu überfordern. "Wir wollen nicht zulassen, dass die Industrie, die eh schon unter einem erheblichen Druck steht, noch stärker unter Druck gerät", hatte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans, Gastgeber des ersten Nationalen Stahlgipfels, im Bayerischen Rundfunk gesagt.

Weiter hatte Hans auf die Konkurrenz in Indien und China verwiesen. Es sei unsinnig, wenn die vergleichsweise saubere europäische Stahlindustrie durch harte Auflagen in die Knie gezwungen und die Produktion ins Ausland verlagert werde. "Denn dort schaut man nicht hin, wie energieffizient Stahl produziert wird und man schaut vor allem nicht hin, unter welchen Bedingungen die Beschäftigten ihrer Arbeit nachgehen in diesen Ländern."

Probleme durch Überkapazitäten und Emissionshandel

Wie der Branchenverband Wirtschaftsvereinigung Stahl mitteilte, wird weltweit nach wie vor viel zu viel Stahl produziert. Befördert werde das durch wettbewerbsverzerrende Subventionen, beispielsweise in China. Verbandspräsident Hans Jürgen Kerkhoff forderte, dass die Regeln der Welthandelsorganisation in diesem Bereich erneuert werden.

Solange das aber nicht passiere, müsse die heimische Industrie geschützt werden vor ausländischem Billigstahl. So sei es wegen der Abschottung des US-Markts durch Strafzölle auf chinesischen Stahl längst zu den befürchteten Handelsumleitungen gekommen: Im Zeitraum von Januar bis Juli 2018 seien die Stahlimporte in die USA um zehn Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum hätten die EU-Stahlimporte um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen.

Weitere Belastungen sieht Kerkhoff durch den Emissionsrechtehandel, den die EU auf die Stahlwerke ausweitet. Für den Kauf von Zertifikaten müssten die Unternehmen zwischen 2021 und 2030 rund 3,5 Milliarden Euro ausgeben, berechnete sein Verband. Das Geld fehle dann aber für zukünftige Investitionen. Auch der Kohleausstieg könnte die Gewinne der Unternehmen schmälern, befürchten die Großverbraucher doch höhere Strompreise. 

dk/uh (afp, dpa)