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Eine Ausstellung, "Zum Sterben schön"

Danuta Szarek10. September 2006

Das Kölner Museum Schnütgen zeigt in seiner Ausstellung "Zum Sterben schön" schaurig-ästhetische Exponate aus europäischen Sammlungen - und wünscht sich eine lebhafte Auseinandersetzung mit dem Tabuthema Tod.

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'Tanz der Gerippe' von Michael Wolgemuth (1434-1519)

Ihre besten Jahre hat sie offensichtlich hinter sich: die Frau, deren Oberkörper nur noch aus einem Skelett besteht. Einerseits. Denn andererseits, genauer gesagt auf der linken Hälfte der Holzbüste, schließt sich das halbe Antlitz einer wohlgenährten und prächtig gekleideten jungen Adligen an. Nahtlos fügen sich rechte und linke Seite, Tod und Leben, zusammen - zu einem skurrilen Handtuchhalter, entstanden im 17. Jahrhundert.

Sterbekunst: Thomas Rowlandson - The English Dance of Death
Britischer Humor: Thomas Rowlandsons 'The English Dance of Death'

Er ist eines von 140 Exponaten im Kölner Museum Schnütgen, das seit Mittwoch (06.08.) die Ausstellung "Zum Sterben schön - Alter, Totentanz und Sterbekunst von 1500 bis heute" zeigt. "Der Handtuchhalter ist ein drastisches Beispiel dafür, wie Künstler die Vergänglichkeit des Menschen umgesetzt haben. Er zeigt aber vor allem, wie präsent der Tod zu dieser Zeit im Leben der Menschen war", erläutert Dagmar Täube, stellvertretende Direktorin des Museums.

Und damit steht das historische Badezimmer-Utensil stellvertretend für den Schwerpunkt der Ausstellung: Es geht um das Nebeneinander von Leben und Tod, um die Vergänglichkeit und den Zerfall des Lebens. Und um die Kunst, in der diese - damals selbstverständliche - Auseinandersetzung mit dem Tod im 15. bis zum 20. Jahrhundert Ausdruck fand.

Sensenmänner und zerfressene Leichen

Das Schnütgen-Museum thematisiert sie mittels der drei Schwerpunkte Alter, Totentanz und Sterbekunst. Zu sehen sind vor allem Graphiken und Plastiken, die den Tod darstellen: als Sensenmann oder Tänzer, als Schmuckmotiv oder als Dekoration alltäglicher Gebrauchsgegenstände wie Hutnadeln oder Schnupftabakdosen. Und auch der vergängliche Mensch ist vertreten: als welkende Greisin, als madenzerfressene Leiche oder anatomisches Objekt auf dem Seziertisch. Die meisten der Exponate sind aus Holz oder Elfenbein gefertigt und im Miniformat gehalten. Mit modernen Graphiken sind unter anderem Joseph Beuys, Käthe Kollwitz oder Edvard Munch vertreten.

Die Idee, den Tod zum Thema einer Ausstellung zu machen, war ausgerechnet dort entstanden, wo das Leben nur so sprudelt: an den Universitäten in Köln und Düsseldorf. Bei kunstgeschichtlichen Praxisseminaren unter der Leitung der Direktorin des Museums Schnütgen, Hiltrud Westermann-Angerhausen, sowie Andrea von Hülsen-Esch, Professorin am Kunsthistorischen Seminar in Düsseldorf, hatten sich rund 15 Studenten inspirieren lassen, eine Ausstellung auf die Beine zu stellen - aus der Graphiksammlung der Düsseldorfer Uni zum Thema "Mensch und Tod" sowie der Dauerausstellung "Memento mori" des Schnütgen-Museums als Kernelementen.

Herausgekommen ist in Zusammenarbeit mit Lehrbeauftragten, Museumsmitarbeitern und Restauratoren eine Ausstellung, die mit Leihgaben aus deutschen und ausländischen Sammlungen ergänzt wurde - etwa mit Exponaten aus Berlin, Kassel oder München, aber auch aus dem Victoria-and-Albert Museum in London, dem Schweizerischen Landesmuseum Zürich oder dem Innsbrucker Museum in Österreich.

"Der Tod hat nie seinen Schrecken verloren"

"Die Haltung der Menschen zum Tod hat in der christlichen Welt über Ländergrenzen hinweg im Wesentlichen übereingestimmt", erklärt Dagmar Täube: Der Tod als Schicksal, das unweigerlich jeden trifft - unabhängig von seiner Standeszugehörigkeit. Der Tod, der umso "angenehmer" wird, je frommer der Mensch vorher gelebt hat - und der deshalb eine gute Lebensführung anmahnt. Der Tod als Endpunkt des körperlichen Zerfalls und Start in die Seligkeit - und letztlich als ganz normaler Bestandteil des vergänglichen Lebens.

Wie sich der Tod als thematischer Bestandteil in der Kunst im Laufe der Epochen verändert hat, zeigt die Ausstellung in vielen Facetten. Doch eine Gemeinsamkeit der Kunstwerke wird deutlich: "Der Tod hat nie seinen Schrecken verloren, aber die Menschen haben sich auch im Privaten trotzdem immer bewusst damit auseinandergesetzt", sagt die stellvertretende Museumsdirektorin.

Kein Gegensatz: Sterben und Ästhetik

Diese Auseinandersetzung habe mit der Säkularisierung stark abgenommen, heute gebe es sie kaum noch: "Tod und Verderben finden im Zeitalter der Massenmedien täglich nur noch im Großen, Anonymen statt - im Privatleben der meisten Menschen ist es ein Tabuthema", so Täube. Die Ausstellung solle dazu beitragen, das zu ändern - und dabei keineswegs einen düsteren Eindruck, sondern jungen wie älteren Besuchern eine "faszinierende Einheit von Sterbekunst und Schönheit" vermitteln.

Die Ausstellung "Zum Sterben schön" ist mit Rahmenprogramm noch bis zum 26. November im Kölner Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29, zu sehen.