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Mehr Schaden als Nutzen

Bernd Gräßler10. Juli 2013

Die Wahlversprechen der Parteien verheißen nichts Gutes, meinen Wirtschaftsforscher. Keiner nehme die Herausforderungen des Landes ernst. Investoren würden verschreckt und Arbeitsplätze gefährdet.

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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spricht auf einem CDU/CSU Kongress in Berlin. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) lässt kein gutes Haar an den Konzepten der Parteien für die kommende Bundestagswahl: Gemessen an den Wahlprogrammen wäre es vielleicht besser, wenn sie gar nichts täten, sagte IW-Direktor Michael Hüther in Berlin. Die angekündigten steuer- und sozialpolitischen Maßnahmen der im Bundestag vertretenen Parteien seien in vielen Fällen Gift für Wachstum und Beschäftigung. Die Wahrnehmung hierzulande sei, dass es Deutschland vergleichweise gut gehe im europäischen Kontext, aber "Fehler macht man immer, wenn es einem zu gut geht", rügte Hüther.

Obwohl Steuer- und Beitragsquellen sprudelten, planten die meisten Parteien, die Bürger und Unternehmen mit weiteren Abgaben finanziell zu belasten. Das gefährde die gute Beschäftigungslage und den Abbau der Staatsverschuldung.

Das Institut hat die Wahlprogramme von Union, SPD, Grünen, FDP und Linken in den Bereichen Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik verglichen, soweit dies möglich war. Am konkretesten seien die Absichten der SPD, die unter anderem Reiche stärker besteuern, niedrige Renten aus Steuermitteln aufstocken und eine einheitliche Bürgerversicherung für den Krankheitsfall einführen will. Laut IW könnten die "negativen Wachstums- und Beschäftigungseffekte" innerhalb von fünf Jahren zu einer Minderbeschäftigung von rund 300.000 Personen führen. Ähnliche Auswirkungen könne die Umsetzung des Wahlprogramms der Grünen haben.

Dem Wahlprogramm der Linken bescheinigt das Kölner Institut " utopische Dimensionen". Besonders die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von 1050 Euro für jeden Bürger würde das Wirtschaftswachstum derart bremsen, dass in den ersten fünf Jahren fast 800 000 verloren gehen würden. Immerhin sage die Linke am ehrlichsten, was sie wolle, meinte IW-Chef Hüther: "Eine andere Welt".

"Besser, sie täten nichts"

Besonders schwierig war für die Wirtschaftsforscher die Bewertung der Wahlprogramme von Union und FDP, weil sie wenig Konkretes enthielten. Aber klar sei: Auch die beiden derzeitigen Regierungsparteien böten wenig Anreize für Wachstum und Beschäftigung. Vielmehr betrieben sie wie die anderen Parteien eine "Politik der Geschenke". So wirft das Kölner Institut der regierenden Union von Kanzlerin Angela Merkel vor, die geplanten Rentenerhöhungen für Mütter und Geringverdiener führten zu Mehrbelastungen von 12 Milliarden Euro, was bis zu 100.000 neue Jobs verhindere. Auf die Frage, ob es angesichts dieser vernichtenden Analyse nicht besser wäre, die Parteien täten gar nichts, antwortete IW-Chef Hüther: "Gemessen an den derzeit im Angebot befindlichen Alternativen: Ja, es ist besser, sie tun nichts. Ich sehe kein Programm, das die Herausforderungen des Landes ernst nimmt."

Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft wird von Verbänden und Unternehmen der privaten Wirtschaft finanziert. Trägervereine sind die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie. Kritik des IW an den sozialen Wahlversprechen der Parteien und Steuererhöhungen sind nichts Ungewöhnliches. Bemerkenswert ist, dass das arbeitgebernahen Institut diesmal allen Parteien Unfähigkeit und einen mehr oder weniger wachstumsfeindlichen Kurs bescheinigt.

Auch in der regierenden Union grummelt es seit der Verabschiedung des gemeinsamen Wahlprogramms von CDU und CSU. Der Präsident des CDU-internen Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, hatte erklärt, der "Überbietungswettbewerb der Parteien um soziale Wohltaten ist verantwortungslos". Lauk räumte zugleich ein, dass er auch die Versprechen seiner eigenen Partei nicht allzu ernst nimmt. "Wahlversprechen sind dazu da, gewählt zu werden", sagte der CDU-Politiker. Das wüssten die Wähler auch...