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Deutschland in der UNO

Tobias Gerhard15. Juli 2008

Seit Gründung der Vereinten Nationen vor über 60 Jahren hat sich die Welt verändert - und Deutschland entwickelte sich vom "Feindstaat" zu einem der wichtigsten Akteure der Organisation.

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UN Symbol auf Deutschland-Flagge
Welche Rolle wird Deutschland in Zukunft in der UN spielen?Bild: DW Fotomontage

"Deutschland ist bereit, mit der Übernahme eines ständigen Sicherheitsratssitzes mehr Verantwortung zu übernehmen". So machte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der 62. UNO-Generalversammlung in New York im September 2007 klar, welche Rolle Deutschland in den Vereinten Nationen spielen soll.

Merkel schüttelt Ban Ki Moons Hand (AP Foto)
Merkel will Deutschland in der UNO stärkenBild: AP

Vom "Feindstaat" zum Musterschüler

Hinter Japan und den USA ist Deutschland mit einem Anteil von 8,6 Prozent (2006) drittgrößter Beitragszahler zum regulären Haushalt der mit 192 Mitgliedstaaten wichtigsten Internationalen Organisation. Die Bundesregierung beteiligt sich mit großen finanziellen, personellen und materiellen Beiträgen an zahlreichen Friedensmission in aller Welt. Zudem engagiert sie sich in der multilateralen Entwicklungs-zusammenarbeit.

Deutschland genießt einen guten Ruf als ernstzunehmender und zuverlässiger Vermittler auf der internationalen Bühne. So saßen deutsche Vertreter bei Verhandlungsgesprächen zu Irans Atomprogramm neben dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana und den Vertretern der fünf Veto-Mächte des UNO-Sicherheitsrates auch immer mit am Tisch.

Während der Kindertage der Vereinten Nationen sah das noch ganz anders aus. Artikel 53 der UN-Charta sah vor, dass deren Unterzeichner auch ohne Mandat des Sicherheitsrates gegen so genannte "Feindstaaten" - hiermit waren Deutschland und Japan, die Verlierer des zweiten Weltkrieges gemeint - vorgehen dürften. Noch heute ist die besagte Feindstaatenklausel in der Charta zu finden, praktisch ist sie jedoch außer Kraft und sie soll bei der nächsten umfangreichen Reform des Vertragswerks gestrichen werden.

UNO-Standort Deutschland

Dach des UN Campus in Bonn (Foto dpa)
Der Lange Eugen in Bonn ist das wichtigste Standbein der UN in DeutschlandBild: picture-alliance/ dpa

Mittlerweile trägt die Bundesregierung als wichtiges Standbein zum Funktionieren der Organisation bei. Seitdem sie 1973 zeitgleich mit der DDR den Vereinten Nationen beigetreten ist, hat sich der Umfang deutschen Engagements in der UNO kontinuierlich vergrößert. 24 Büros verschiedenster UN-Institutionen sind heute im Land vertreten.

Eine besondere Rolle nimmt hierbei der UN-Campus in Bonn ein. Das ehemalige Haus der Bundestagsabgeordneten, der "Lange Eugen", beherbergt insgesamt 17 Büros der Vereinten Nationen, die sich schwerpunktmässig mit den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit befassen - unter anderem das Klimasekretariat (UNFCCC), das Sekretariat zur Wüstenbekämpfung (UNCCD) und das Freiwilligen-Programm (UNV).

Reform im Sicherheitsrat

G4 Außenminister im Gespräch 2005 (AP Foto)
Im Jahre 2005 waren die G4 Außenminister noch zuversichtlich, ihren Reformvorschlag durchzusetzenBild: AP

Die Sitzverteilung im Sicherheitsrat reflektiert immer noch weitgehend das Kräfteverhältnis der Nachkriegszeit. Die fünf ständigen Mitglieder - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich - verfügen mit ihrem Veto-Recht über ein Gewaltmonopol in der UNO von dem sie in der Vergangenheit oftmals Gebrauch machten, um nationale Interessen durchzusetzen.

Die Sitzverteilung den Umständen des neuen Jahrhunderts anzupassen wird daher schon seit Langem erwogen. Die Bundesregierung hält diesbezüglich am G4-Reformvorschlag fest, mit dem sich Indien, Brasilien, Japan und Deutschland gegenseitig bei der Bewerbung um einen ständigen Sitz unterstützen.

Trotzdem sind bisher sämtliche Reformversuche an der Ablehnung anderer Mitgliedstaaten gescheitert. Italien sprach sich wiederholt gegen einen deutschen Sitz im Sicherheitsrat aus. Brasilien und Indien werden dagegen von ihren regionalen Konkurrenten Argentinien und Pakistan gebremst. Die UNO ist und bleibt ein Forum nationaler Machtspiele.

Blick in die Zukunft

Da der G4-Vorschlag wiederholt scheiterte, gibt sich die Bundesregierung kompromissbereit. Kürzlich unterstützte sie einen Vorschlag, der vorsah, den Sicherheitsrat um sieben Sitze auf 24 zu erweitern, bei dem es Deutschland auf einen der zwei für Europa vorgesehenen Sitze absah. Vom Veto-Recht ist allerdings schon gar nicht mehr die Rede. Dafür hat Deutschland gegenüber bevölkerungsreichen Staaten des Südens zu schlechte Karten.

Auf lange Sicht strebt die Bundesregierung einen gemeinsamen EU-Sitz im Sicherheitsrat an, doch die Umsetzung dieses Vorhabens liegt noch in weiter Ferne. Dazu ist die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik nicht weit genug entwickelt, und London und Paris wollen ungern auf ihren eigenen Sitz verzichten. Außerdem lässt die UN-Charta nur Staaten und keine internationalen Organisationen als Mitglieder zu.

Irgendwann wird die Reform des Sicherheitsrates kommen. Welche Rolle Deutschland darin spielen wird, bleibt allerdings unklar.