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Ein Riesling für Donald Trump

18. November 2016

Deutscher Weißwein wird international wieder stark nachgefragt. Besonders die Rieslinge von Rhein und Mosel genießen heute Weltruhm. In diesen Tagen geht die Weinlese für die Rieslingtrauben zu Ende.

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Unklare Herkunft
Bild: Weingut Robert Weil

Der Ort könnte kaum malerischer sein: Assmannshausen im nordwestlichsten Zipfel des Bundeslandes Hessen. Über den Rhein ziehen Nebelbänke, rechts und links erstrecken sich die Weinberge. Von hier aus hat es der Riesling in die Feinschmecker-Restaurants der Welt geschafft. Im "Fat Duck" in London, dem Drei-Sterne-Restaurant von Heston Blumenthal, werden die Rieslinge vom Assmannshäuser Weingut August Kesseler ebenso serviert wie im Gourmet-Restaurant "Tantris" in München.

Simon Batarseh ist Mitglied der Geschäftsleitung von August Kesseler. Der Winzer betont, wie wichtig es war, frühzeitig auf den Export zu setzen. 40 Prozent der Weine werden ins Ausland verkauft.  Ein wichtiger Absatzmarkt sind die USA. "Die Weine verkaufen sich von Florida bis nach Texas", erzählt er. Für den neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump hat Bartaseh einen Riesling-Tipp: "Ich empfehle den Rüdesheimer Berg Schlossberg aus dem Jahre 2013, weil der etwas gereifter ist und zum Nachdenken anregt, zur Auseinandersetzung im Detail."

Weinberg im Rheingau
Was romantisch wirkt, ist in Wirklichkeit harte Arbeit.Bild: picture-alliance/dpa/Erichsen

Trendwein Riesling

Bartaseh ist ein klassischer Quereinsteiger. Er kommt aus dem Norden, entdeckte seine Leidenschaft für den Wein und studierte an der Weinbauschule Geisenheim. An der international renommierten Hochschule wird Weinbau und Önologie unterrichtet. Zusätzlich stehen die ökonomischen Aspekte des Weinbaus auf dem Lehrplan. Viele bekannte Riesling-Produzenten haben in Geisenheim studiert. "Der Riesling liegt voll im Trend", erzählt Bartaseh und schwärmt vom "ungeheuren Facettenreichtum" dieses Weins.

Der teuerste Wein der Welt

Im Rheingau, zu dem Assmanshausen gehört, wird auf 3.000 Hektar Wein angebaut, 78 Prozent davon sind Rieslingtrauben. Diese Sorte erlebt eine Art Renaissance. "Vor 150 Jahren war der Riesling der teuerste Wein der Welt", erzählt Hans-Peter Seyffardt, Präsident des Rheingauer Weinbauverbands. Davon sei man zwar heute noch sehr weit entfernt, denn der Riesling sei vergleichsweise günstig, aber: "Sie bekommen heute eine Qualität, die damals nicht möglich war."

Im 12. Jahrhundert wurde der Weinbau in der Region erstmals erwähnt. "Wir bearbeiten Standorte, an denen seit vielen hundert Jahren Wein wächst", betont Seyffardt und ist überrascht, wie stark sich junge Leute heute für den Weinbau interessieren. "Wein gehört heute zum Zeitgeist. Bei den Verbrauchern wird Wein mit Bio gleichgesetzt, weil wir mit der Natur arbeiten und schonend mit der Umwelt umgehen". Im Winter wird der Boden nicht bearbeitet, sondern in Ruhe gelassen. Der Wasserverbrauch wird übers Jahr genau kontrolliert. Die Winzer verstehen sich durchaus als Umweltschützer.

Weinlese an der Mosel
Zwar hilft auch die Technik, wie diese Monorack-Bahn. Aber schwindelfrei sollte man definitiv sein. Bild: picture-alliance/dpa

Jungwinzer

Nachwuchsprobleme gibt es keine. Immer mehr junge Leute interessieren sich für ein Weinbaustudium. "In meinen Betrieb ist meine Tochter eingestiegen, sie ist 26 Jahre alt und hat in Geisenheim studiert sowie Praktika in Burgund und Südafrika gemacht", erzählt Seyffardt stolz. 450 Weingüter gibt es im Rheingau. Viele sind Familienbetriebe, die international erfolgreich sind. Generationswechsel sind heute kein Problem.

Schwieriges Weinjahr

An diesem Novembertag tobt der Wind durchsetzt von Regen durch die Weinberge. Erinnerungen an ein schwieriges Weinjahr werden wach. Erst gab es frühen Frost, dann Hagel, einen extrem feuchten Juli und schließlich aber warme Monate im September und Oktober, was die Mienen der Winzer wieder aufhellte.

Wilhelm Weil, Präsident des Verbandes deutscher Prädikatsweingüter im Rheingau und Chef vom Weingut Robert Weil, spricht vom "Bilderbuchwetter", das den Herbst prägte. Fünf Prozent seiner Trauben hängen auch jetzt noch am Stock. Er hofft auf Beerenauslesen und süße Eisweine. Dabei frieren die spätreifenden Trauben am Stock, wenn es mindestens minus 7 Grad kalt ist. Die süßen Weine sind eine rare Spezialität des Rieslings und werden in kleinen Mengen zum Dessert serviert. "Das Spiel von Süße und Säure macht diese Weine so einmalig", schwärmt der Winzer, dessen vielfach prämierte Weine zu den teuersten Rieslingen gehören, die auf dem Markt sind. Eine Flasche vom "Großen Gewächs 2015", vergleichbar mit einem Premier Cru, kostet ab 44 Euro aufwärts. Mit großer Leidenschaft erklärt Wilhelm Weil die besonderen Eigenschaften des deutschen Rieslings. Es fallen Worte wie "Schieferaromatik" und "Mineralik". "Wir sind eindeutig Gewinner der globalen Erwärmung", meint Weil und ergänzt: "Das Qualitätsniveau im deutschen Weinbau ist heute so hoch wie nie zuvor".

Asien schätzt deutschen Weißwein

Der Weg dahin war oft steinig. Als Ernst Loosen, Riesling-Winzer von der nahen Mosel, das Weingut seiner Eltern übernahm, wurden keine großen Rieslinge produziert, stattdessen wohlschmeckende Allerweltsweine mit wenig Charakter. Der Export war unbedeutend. Mühsam stellte Loosen die Produktion auf Riesling um, verzichtete auf mineralische Dünger und steigerte Schritt für Schritt die Qualität.

Vor einigen Jahren wurde Loosen von der renommierten Fachzeitschrift "Decanter" als "Riesling Man of the Year" ausgezeichnet. Heute gehen 90 Prozent seiner Weine in den Export, zu Durchschnittspreisen von 35 bis 60 Euro pro Flasche. "Deutscher Riesling wird international hoch gelobt", sagt er selbstbewusst. Mit seinem Weingut Dr. Loosen setzt er stark auf den US-Markt und konzentriert sich zusätzlich auf Asien. In Asien würden sich nicht nur die trockenen Rieslinge verkaufen, sondern auch die edelsüß ausgebauten Weine von den Steillagen der Mosel, erzählt er. "Ich war gerade in Malaysia. Dort habe ich mit einem Geschäftspartner Schweinerippchen mit frisch gehacktem Chili-Salat gegessen. Zu diesem Gericht gibt es nichts Besseres als unsere restsüßen Rieslinge."