1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Energiewende: Ein Lichtlein brennt

Christoph Hartmann18. Dezember 2013

Was läuft falsch an der Energiewende und was muss verbessert werden? Vor allem große Stromverbraucher beklagen sich über steigende Kosten - dabei verdienen sie am besten an den erneuerbaren Energien.

https://p.dw.com/p/1AbtW
Strommast bei Sonnenuntergang mit Windrädern und Kernkraftwerk
Bild: Fotolia/Thorsten Schier

Der Anteil der erneuerbaren Energien im deutschen Stromnetz steigt: Im Jahr 2012 lag er bei etwa 23 Prozent. Die Menge an Strom im Versorgungsnetz schwankt demzufolge immer mehr – je nach Sonnenschein und Windstärke. “Das Licht wird aber nicht ausgehen, nur weil mal schlechtes Wetter ist“, beruhigt Christian Hey vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in Berlin.

Oft gibt es derzeit jedoch zu viel im System: Konventionelle Kraftwerke produzieren eine immer gleiche Menge an Strom und arbeiten im Verbund mit Wasserkraft-, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen damit teilweise ineffizient. “Wenn das Wetter gut ist, müssen auch die konventionellen Kraftwerke, soweit es möglich ist, heruntergefahren werden“, fasst Wissenschaftler Hey die aktuelle Entwicklung zusammen und plädiert für flexibler arbeitende Kraftwerke, um Verschwendung zu vermeiden.

Jedoch soll die Nutzung der verschiedenen Energiequellen nicht nur allgemein effektiver, sondern vor allem grüner werden. Da die Bundesregierung spätestens ab 2022 auf Atomkraft verzichten will, seien die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) auf absehbare Zeit allerdings unentbehrlich, heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag die Regierungsparteien. Dass Deutschland damit die Grenzwerte einer EU-Richtlinie zum Ausbau der erneuerbaren Energien einhalten kann, ist für Christian Hey keine Selbstverständlichkeit: “Wir sind nicht die Einzigen und stehen auch nicht ganz vorne. Länder wie Dänemark, Spanien und Portugal haben sehr hohe Erneuerbare-Energien-Anteile.“

Industrie fürchtet hohe Kosten

Auch dem Wirtschaftswissenschaftler Josef Auer von der Deutschen Bank AG gehen die Fortschritte in Deutschland nicht schnell genug. Er bemängelt, dass die Politik Kraftwerksbetreiber inzwischen dazu aufgefordert hätte, ausgediente Anlagen weiter am Netz zu lassen, um Stromausfälle zu verhindern: “Die alten Kraftwerke rechnen sich nicht mehr und sollten eigentlich stillgelegt werden. Das führt jetzt natürlich zu Zusatzkosten.“

Hinzu kämen die erhöhten Kosten durch die erneuerbaren Energien, was inzwischen auch die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen beeinträchtigen würde. So seien die Strompreise durch die Förderung der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren deutlich gestiegen und daher auch “insbesondere für stromintensive Unternehmen zum Kostenfaktor“ geworden, erläutert Auer.

Deshalb, ergänzt er, würden immer mehr große deutsche Unternehmen im Ausland Produktionsstätten aufbauen, vor allem in den USA und den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika): “Wir sehen bei den stromintensiven Unternehmen eine starke Verunsicherung“.

Großunternehmen profitieren von Energiewende

Dem widerspricht Christian Hey vom SRU: “Die Unternehmen, die am lautesten schreien, sind diejenigen, die von der Energiewende am meisten profitieren. Das ist ein ganz großes Paradox.“ Viele große Unternehmen seien von der Ökostrom-Umlage befreit und profitierten von den niedrigen Börsenstrompreisen, die die Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie mit sich gebracht habe. “Das heißt, die sind eigentlich Nettogewinner der Energiewende“, erklärt Hey.

Die beiden Forscher, Josef Auer und Christian Hey, sind sich allerdings einig darüber, dass die aktuellen Anstrengungen der Bundesregierung nur ein “halbherziges Bekenntnis zur Energiewende“ sind. So sei beim Ausbau des Stromnetzes in den letzten Jahren kaum etwas passiert, stellt Auer fest: “Das muss schneller gehen, wenn wir die Energieziele einhalten wollen.“ Hey bescheinigt dem aktuellen Koalitionsvertrag sogar, dass er die eingeschlagenen Veränderungen ausbremse.

Ob es der deutschen Industrie zuträglich ist, dass der Bereich Energiepolitik in der kommenden Legislaturperiode nicht mehr dem Umweltministerium zugeordnet ist, sondern dem Wirtschaftsminister untersteht, bleibt abzuwarten.