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Ein Land bittet um Verzeihung

26. September 2012

Hessen hat sich bei Homosexuellen für die frühere Verfolgung entschuldigt. Alle Landtags-Fraktionen unterstützten den Antrag. Der Nazi-Paragraf 175 hatte auch in der Bundesrepublik noch zu Repressalien geführt.

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Die hessische Kultusministerin Nicola Beer (FDP) im Gespräch mit Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Einstimmig hat sich der hessische Landtag für die jahrzehntelange Kriminalisierung von Homosexuellen entschuldigt. Alle fünf Parteien des Länderparlaments, sowohl die regierende CDU/FDP-Landesregierung als auch die Opposition aus SPD, Grünen und Linken, unterstützten den von den Grünen eingebrachten Antrag. Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sprach von einer "historischen Entscheidung". Bisher gebe es dazu in keinem anderen Bundesland einen Beschluss dieser Klarheit.

"Ehre wiederherstellen"

Die Fraktionen erklärten, dass die "Ehre der homosexuellen Opfer wiederhergestellt werden" müsse. Außerdem begrüßten sie alle "Initiativen, die die historische Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen und des späteren Umgangs mit den Opfern zum Gegenstand haben".

Der Grünen-Politiker Kai Klose forderte die schwarz-gelbe Landesregierung auf, einer Bundesratsinitiative zuzustimmen. Nach dieser sollen alle Homosexuellen, die nach dem Strafrechtsparagraf 175 verurteilt wurden, rehabilitiert und entschädigt werden.

Überbleibsel aus dunkler Zeit

Das Gesetz wurde 1871 im Deutschen Reich eingeführt. Es verbot die "widernatürliche Unzucht" zwischen Männern und bestrafte Zuwiderhandlungen mit Gefängnis. 1935 verschärften die Nationalsozialisten den Paragrafen 175, es drohten nun bis zu zehn Jahren Zuchthaus. Die Fassung der Nazis galt in der Bundesrepublik bis 1969 weiter. In dieser Zeit wurden 50.000 Verurteilungen ausgesprochen, es gab rund 100.000 Ermittlungsverfahren.

Ab 1969 waren homosexuelle Kontakte von Erwachsenen mit unter 18-jährigen strafbar. Heterosexuelle Kontakte hingegen waren, wie es auch heute noch gilt, bereits mit 16-jährigen erlaubt. 1994 wurde der diskriminierende Paragraf 175 komplett aus dem Gesetzbuch gestrichen. Seitdem gilt für homosexuelle Kontakte die gleiche Regelung wie für heterosexuelle Kontakte.

pt/rb (dpa, epd, kna)