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Ein Jahr der extremen Katastrophen

Nina Werkhäuser27. Mai 2015

Unter schwierigen Bedingungen leistet "medico international" Hilfe in Syrien und anderen Kriegsgebieten. Die Hilfsorganisation stellte in Berlin ihren Jahresbericht vor - und forderte eine bessere Krisenprävention.

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Blick auf das zerstörte Kobane (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/Y. Akgul

Was das Spendenaufkommen angeht, so war 2014 ein gutes Jahr für "medico international": Die deutsche Hilfsorganisation warb deutlich mehr Gelder ein als im Jahr zuvor und kam auf einen Jahresetat von etwa zehn Millionen Euro. Angesichts der großen Not in den Krisenherden der Welt sei das aber "nicht unbedingt ein Grund zur Freude", sagte Geschäftsführer Thomas Gebauer bei der Vorstellung des Jahresberichts in Berlin. 2014 sei ein Jahr der "extremen Katastrophen" gewesen, darunter die Ebola-Epidemie und die Kriege im Gazastreifen und in Syrien.

Nach Ansicht der Hilfsorganisation zeigen diese Krisen, dass das System der internationalen Hilfe an seine Grenzen stoße. Statt Krisenprävention werde Krisenmanagement betrieben."Man arrangiert sich mit den Problemen, die in der Welt existieren und versucht, sie in irgendeiner Weise abzufedern", kritisierte Gebauer. Als Beispiel nannte er die Ebola-Epidemie, deren rasante Ausbreitung eine Folge der schlechten Gesundheitsversorgung in Liberia und Sierra Leone gewesen sei. Überdies sei die Weltgesundheitsorganisation WHO "in den letzten Jahren totgespart worden", gerade auch im Bereich Seuchenprävention. Die internationale Gemeinschaft müsse vorausschauender handeln und nicht nur auf Krisen reagieren.

Britische Helfer mit einem Ebola-Patienten in Sierra Leone, (Foto: Reuters)
Ohne funktionierende Gesundheitssysteme in Afrika könne Ebola nicht besiegt werden, meint "medico international"Bild: REUTERS/Baz Ratner

Syrien: Hilfe im Bürgerkrieg

Besonders schwierig sei es, Hilfe nach Syrien zu bringen, berichtete Nahost-Referent Martin Glasenapp, der selbst mehrfach in der Region unterwegs war. Das gehe nur mithilfe von lokalen Partnerorganisationen, die die Situation vor Ort genau einschätzen könnten. Westliche Helfer hingegen seien hochgradig gefährdet. Im Raum Aleppo habe die Terrormiliz "Islamischer Staat" für den Hinweis auf den Aufenthaltsort von westlichen Helfern 50.000 Dollar Belohnung ausgesetzt, sagte Glasenapp. Die gezielte Unterstützung syrischer Nachbarschaftskomitees oder anderer demokratisch gesinnter Gruppen sei auch deshalb sinnvoll, um diese zu stärken. "Die größte Hilfsorganisation in Syrien ist immer noch die syrische Bürgergesellschaft", betonte der Nahost-Referent von "medico international".

Rückkehr nach Kobane

Als einzige deutsche Hilfsorganisation leistet "medico international" medizinische Hilfe in der zerstörten syrischen Stadt Kobane (im Artikelbild), in die die kurdische Bevölkerung nach der Vertreibung der "IS"-Kämpfer inzwischen zurückgekehrt ist. Die Bewohner von Kobane seien in der "absurden Situation", dass die Grenze zur Türkei für sie verschlossen sei und auch Hilfsorganisationen kaum hineinkämen, so Glasenapp. Die Bundesregierung müsse daher Druck auf die Türkei machen, dies zu ändern. "Wir wünschen uns, dass dort noch mehr Hilfe hinkommt." Denjenigen, die bereits vor dem Krieg geflüchtet sind, solle in Europa Schutz gewährt werden. Auch Deutschland kann nach Ansicht von "medico international" mehr Flüchtlinge aufnehmen.

Gegen die Terrormiliz IS könne die internationale Gemeinschaft nach Ansicht der Hilfsorganisation stringenter vorgehen. Wenn es stimme, dass der "Islamische Staat" sich mittels gestohlener antiker Kunstschätze und eroberter Ölquellen finanziere, dann müssten diese Finanzströme unterbunden werden, argumentierte Geschäftsführer Thomas Gebauer. Hier habe die Politik durchaus noch Handlungsspielräume, die aber bisher nicht genutzt würden.